Mit lebendiger Demokratie gegen Vorurteile und Krieg

Zweibrücken · Hunderte Zweibrücker gedachten am Samstag der Zerstörung Zweibrückens vor 70 Jahren. Bei einer Veranstaltung „für Frieden, Vielfalt und Toleranz“ auf dem Hallplatz erklärte Oberbürgermeister Kurt Pirmann, der Luftangriff habe nicht den Menschen in Zweibrücken gegolten.

 Auch die AG gegen Rassismus des Helmholtz-Gymnasiums war auf dem Hallplatz aktiv. Fotos: nob

Auch die AG gegen Rassismus des Helmholtz-Gymnasiums war auf dem Hallplatz aktiv. Fotos: nob

70 Jahre Frieden in Zweibrücken - nach dem Luftangriff auf die Stadt am 14. März 1945 sei es das Positive, was nach diesem fürchterlichen Ereignis entstanden sei. Das sagte Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD ) am Samstagmittag in seiner Gedenkrede auf dem Hallplatz. Bei der von rund 150 Bürgern besuchten Veranstaltung von Stadt, Kirchen und Bündnis Buntes Zweibrücken wurde der 90-prozentigen Zerstörung des damals weitgehend evakuierten Zweibrückens und der rund 200 Toten gedacht.

"Es gibt nichts Wichtigeres als eine lebendige Demokratie ", betonte Pirmann, der in diesem Zusammenhang auf den "Trauermarsch Tradition verpflichtet!" des "Nationalen Widerstands Zweibrücken " einging, an dem zeitgleich wenige hundert Meter weiter (begleitet von circa 40 Gegendemonstranten, Straftaten gab es auf keiner Seite) 30 Rechtsextremisten teilnahmen. Deren Ziel sei es, die Demokratie zu zerstören, deren Vorteile sie aber für sich nutzten, so Pirmann. Die Weltanschauung der Rechtsextremisten sei rassistisch und ein Angriff auf die Menschenwürde. Sie habe der Welt schon unendlich viel Leid gebracht. "Die Hetze gegen Menschen mit Migrationshintergrund nimmt immer mehr zu, weil manche Leute nichts aus der Vergangenheit gelernt haben", bedauerte der OB. Dabei seien die Migranten eine große Chance für alle.

Der Luftangriff auf Zweibrücken sei von den Alliierten nicht gegen die Menschen, sondern gegen das Nazi-Regime geführt worden: "Es waren dessen Schergen, die auf die Frage, ob sie den totalen Krieg wollen, ja geantwortet und sogar noch totaler geschrien haben."

Der Auftrag an die Hinterbliebenen könne nur lauten, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen dürfen, so Pirmann: "Wir brauchen Leute, die denken, cool und jung sind - Rechtsextreme sind weder cool noch klug oder mutig!" Diese bräuchten eine Gruppe, um stark zu sein, Schwache, um diese zu unterdrücken und Feindbilder, um Aggressionen aufzubauen.

"Für uns ist die Demokratie wie ein bunter Bus, indem wir alle zu einem gemeinsamen Ziel reisen", beschrieb Laura Buschmann die Gefühle der Schüler der Anti-Rassismus-AG des Helmholtz-Gymnasiums. Der starke Motor des Busses seien Gespräche und die Bremse das Schweigen: "Das Schweigen wird gebrochen, wenn wir Vorurteile überwinden und aufeinander zugehen, um gemeinsam weiterzufahren." Endstation sei die Demokratie .

Saied Sabees von der Islamischen Gemeinde wünschte sich "Frieden auf der ganzen Welt, dass es keine Grenzen zwischen den Menschen gibt und alle liebevoll zusammenleben." Eckart Emrich vom Bündnis Buntes Zweibrücken freute sich, dass sich auf dem Hallplatz so viele Zweibrücker für eine weltoffene Demokratie stark machten. Pervin Taze, Mitglied des Migrationsbeirates, lenkte den Blick auf heutige Kriege und die Flüchtlingsströme im Nahen Osten.

Aktiv beteiligten sich außerdem Schauspielerin Silvia Bervingas, Sängerin Efe, die evangelische Jugendgruppe Eva & Friends, die Herzog-Christian Musikschule, die IG-Metall-Jugend, die Band "Saarandino on Board", die Pfadfinder, Trompeter Walter Rimbrecht und die Volkshochschule.

Noch mehr Publikum zog am Spätnachmittag in der voll besetzten Karlskirche eine szenische Lesung an, die aus Sicht der betroffenen Zweibrücker an die Bombardierung erinnerte. > Seite 18: Bericht

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