Der Musikschüler aus China West-östliche Harmonika-Harmonie

Zweibrücken · Der Zweibrücker Musiklehrer Michael Wack unterrichtet mittlerweile interkontinental: Einer seiner Schüler lebt in China.

 Fernunterricht mit dem Fernen Osten: Michel Wack unterrichtet einen jungen Chinesen an der Mundharmonika.

Fernunterricht mit dem Fernen Osten: Michel Wack unterrichtet einen jungen Chinesen an der Mundharmonika.

Foto: Sebastian Dingler

Derzeit haben ja viele Musiklehrer wegen der Corona-Pandemie auf Online-Unterricht umgestellt. Im Fall von Michel Wack und seinem Mundharmonika-Schüler geht es aber auch schlichtweg nicht anders – die beiden trennen mittlerweile knapp 8000 Kilometer Luftlinie. Das kam so: Der junge Schüler namens Alexander lebte bis Ende letzten Jahres in Zweibrücken, wo er ab 2019 bei Wack Unterricht nahm.

Alexander ist nicht sein einziger Name: „Die Chinesen geben ihren Kindern europäische Namen wegen der besseren Verständlichkeit. Er hat natürlich auch einen chinesischen Namen“, erklärt der Musiklehrer. Die Familie lebte lange hier, weil der Vater bei TLT arbeitete.

Alexander habe unbedingt Mundharmonika lernen wollen. Als die Familie nach Peking zurückkehrte, wurde dort nach einem Mundharmonikalehrer gesucht. Aber offenbar fand sich unter den 21 Millionen Einwohnern dort niemand Besseres als der Zweibrücker Musikpädagoge. Also entschloss man sich, den Unterricht online fortzusetzen – Corona beweist ja, dass das zwischen Zweibrücken und Contwig möglich ist, also klappt das auch zwischen China und Deutschland.

Die Zeitverschiebung ist kein großes Problem: Der Unterricht findet um zwölf Uhr mittags hiesiger Zeit statt. Dann ist es in Peking 19 Uhr. Alexander muss derzeit viel für die Schule lernen, auch wenn er sie nicht besuchen kann. Wieder ist daran nicht der Lockdown schuld, sondern vielmehr die Tatsache, dass er mitten im Schuljahr nach China kam. Erst im nächsten Schuljahr kann er die vierte Klasse besuchen. Alexander lerne sehr schnell, meint Wack. „Das hat sich bald herausgestellt, dass er ein guter Schüler ist, der sehr viel übt.“

Die große Intelligenz des Jungen sei ihm auch aufgefallen: „Der hat nach kurzer Zeit vier Fehler im Unterrichtsheft gefunden.“ Wack bedauert nur, dass er seinen Schüler nie mehr wie früher auf der Gitarre begleiten kann. Das fiel schon während des ersten Lockdowns flach, als er ihn auch schon online unterrichtete: Weil die Übertragung des Tons übers Internet immer ein wenig Verzögerung mit sich bringt. „Aber im Sommer kam er wieder zu mir, da konnten wir zusammen spielen.“

Eigentlich ist Wack eher durch seine Trommelschule Tam Tam und als Gitarrist bekannt. Aber auch die Mundharmonika beziehungsweise Bluesharp spielt er schon seit den Siebzigerjahren. Derzeit ist Alexander sein einziger Schüler auf der Mundharmonika. Diese sei in China sicherlich bekannt, denn dort würden solche Instrumente auch erfolgreich gebaut, meint Wack. Ursprünglich geht sie wohl sogar auf ein chinesisches Instrument zurück, die 3000 Jahre Mundorgel Sheng.

Chinesische Musik ist kein Thema für den Unterricht, während der Unterrichtsstunde sind gerade „House of the Rising Sun“ und „Amazing Grace“ aufgeschlagen im Heft. Nach einem kurzem Plausch übers Wetter auf beiden Kontinenten geht es mit den Lockerungsübungen los. Als der Reporter die Frage stellt: „Welche Lieder kannst du schon?“, kommt aus Peking die Antwort: „Alle aufzählen dauert eine Weile.“

Wack hat noch eine Anekdote auf Lager zu seinem Fernunterricht: „Wir machen am Anfang immer ein Atemtraining, da geht es darum, wie lange man einen Ton blasen kann. Wir versuchen uns natürlich immer zu verbessern und stoppen die Zeit. An einem Tag haben wir beide die gleiche Länge gestoppt. Da hab ich gesagt: Guck mal, in China ist es 19 Uhr und hier zwölf Uhr, und trotzdem haben wir die gleiche Zeit gestoppt. Da hat er mich erstmal angeguckt wie ein Auto.“

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