Kolumne „Unsere Woche“ Statt Einigkeit der Demokraten unsäglicher Streit um den 14. März

Kommentar zum Zweibrücker Bombardierungs-Gedenktag und dem Umgang mit AfD.

Meinung
Foto: SZ/Robby Lorenz

Infolge des Nationalsozialismus wurde Zweibrücken 1945 in Schutt und Asche bombardiert. Seit einiger Zeit ziehen Rechtsextremisten am Jahrestag des 14. März mit einem Fackelmarsch durch Zweibrücken, um der Opfer zu gedenken (womit sie natürlich nicht die Opfer der Nazis meinen). In einer Zeit, in der mit der AfD eine Partei an Einfluss gewinnt, die die NS-Zeit nur für einen „Fliegenschiss“ hält, müssen Demokraten zusammenstehen. Doch davon ist in Zweibrücken seit einiger Zeit leider nichts zu spüren. Im Gegenteil. Bei der Beigeordneten-Wahl gaben die Stimmen der AfD den Ausschlag, und fast niemand störte sich daran. Man kann nur hoffen, dass der Stadtrat aus dem Wahl-Eklat in Thüringen etwas lernt, wo nach der Wahl eines Ministerpräsidenten mithilfe der AfD nun bis hin zu FDP und CDU bundesweit nach einer „Brandmauer“ gegen die AfD gerufen wird. Eine solche Brandmauer wäre auch in Zweibrücken wichtig, soll die AfD in den nächsten Jahren nicht auch in wichtigen Sach-Abstimmungen das Zünglein an der Waage sein.

Traurig ist auch der Umgang mit der Gedenkveranstaltung der Zweibrücker Demokraten zum 14. März. FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser will ein „unpolitisches“ Gedenken – als ob die Bombardierung, die Nazis und der Umgang mit der deutschen Vergangenheit nichts mit Politik zu tun hätten!? Gemeinsames Gedenken einen Bärendienst erwiesen hatte SPD-Stadtrat Walter Rimbrecht, als er 2019 in seiner Rede am 14. März Zweibrücker CDU-Vertreter mit denjenigen verglichen hatte, die 1933 die Nazis an die Macht gebracht hatten. Über solche historischen Thesen kann Rimbrecht gerne diskutieren – wenn es darum geht, dass alle Demokraten zusammenstehen, war es aber kontraproduktiv, diejenigen in Nazi-Nähe zu rücken, mit denen man eigentlich doch gemeinsam demonstrieren will. Und auch hat, denn auch Christdemokraten sind immer wieder bei demokratischen Kundgebungen für ein buntes Zweibrücken gewesen. Hier wäre mit einem Jahr Distanz bei der SPD Selbstkritik und eine Entschuldigung angebracht gewesen – anstatt halsstarrig zu leugnen, dass das (völlig offensichtlich den Umgang von CDU-Fraktionschef Christoph Gensch mit der rechtswidrigen Auflösung der 14.-März-Kundgebung 2018 kritisierende) Rimbrecht-Zitat auf Gensch abzielte.

Noch deutlich unsäglicher ist aber, dass die CDU eine einzelne Passage aus der (ansonsten sehr guten) Rimbrecht-Rede herausgreift, um gegen alles, was links von ihr steht, zu schießen, von der SPD bis zum rührigen bürgerlichen „Bündnis Buntes Zweibrücken“ – und deshalb gegen eine gemeinsame Gedenkveranstaltung von Stadt und Bündnis Buntes Zweibrücken stimmt.

Zur Demokratie gehört auch die Toleranz, mit pointierten und auch mal mit übers Ziel hinausschießende Aktionen oder Worte der politischen Mitbewerber zu leben. Nach den verheerenden Jahren des Nationalsozialismus sollte man nicht wie in der Weimarer Republik vergessen, wo die eigentlichen Feinde der Demokraten aus der Mitte, der demokratischen Linken und der demokratischen Rechten stehen: Rechtsaußen.

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