Mehr Demokratie wagen

Zweibrücken · Beim Zweibrücker Neujahrsempfang hat Oberbürgermeister Kurt Pirmann gestern Abend appelliert, die demokratischen Parteien nicht von Rechtsradikalen untergraben zu lassen. Auch Europa gerate in Gefahr.

 Neben dem gewohnten Auftritt der Stadtkapelle imponierte Dirigent Björn Weinmann erstmals bei einem Neujahrsempfang auch mit Dudelsack-Einlagen. „Schottisch“ sei auch, dass Zweibrücken 2015 viel in die Stadtentwicklung investiert, aber trotzdem aber nicht mehr Schulden gemacht habe, erklärte OB Pirmann. Fotos: Jörg Jacobi

Neben dem gewohnten Auftritt der Stadtkapelle imponierte Dirigent Björn Weinmann erstmals bei einem Neujahrsempfang auch mit Dudelsack-Einlagen. „Schottisch“ sei auch, dass Zweibrücken 2015 viel in die Stadtentwicklung investiert, aber trotzdem aber nicht mehr Schulden gemacht habe, erklärte OB Pirmann. Fotos: Jörg Jacobi

Die Stadtverwaltung will die Bürger stärker als früher an politischen Entscheidungen beteiligen. "Stadtentwicklung gestern und heute haben nur noch wenig miteinander gemein", sagte Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD ) beim Zweibrücker Neujahrsempfang in der Festhalle.

Die Bürgerbeteiligung bei der "Sozialen Stadt" habe in den vergangenen Monaten gezeigt: "Stadtentwicklung ist demokratischer geworden mit Beginn dieser Initiative." Pirmann betonte in seiner Rede gestern Abend: "Die Frage, was in der Stadt wie gestaltet werden kann, wird heute nicht mehr von wenigen Personen im Elfenbeinturm einer Verwaltung entschieden, sondern wird zunehmend zwischen den Planern und den verschiedenen Akteuren in der Stadt öffentlich verhandelt." Es sei gut, dass die Zahl der Akteure rund um die Stadtentwicklung wachse: "Alle sollen eingebunden werden. Die Bürger mischen sich ein und sie mischen mit. Ob in der Form von Initiativen, Treffen oder wie bei uns bald in Quartiersvertretungen. Die unterschiedlichsten Interessengruppen melden Wünsche und Vorstellungen an. Ein Prozess, den man nicht stoppen sollte."

Eine aktive Stadtentwicklung sei auch im "Konkurrenzkampf mit anderen Städten" wichtig, erläuterte Pirmann. Deshalb bin ich stolz darauf, dass wir die Perspektiven entlang des Hornbachs und der Breitwiesen mit vielen Ideen belebt haben. Darunter fallen Straßenausbau in den Breitwiesen, Kita-Erweiterung und Ortskernsanierung in Bubenhausen oder Ixheim." Auch das Projekt "Stadt am Wasser" werde 2016 fortgesetzt: In wenigen Wochen werde die Treppe am Herzogplatz fertig, danach werde der Bleicherbach zugänglich gemacht. "Aufwerten, verschönern, von sich reden machen - das muss unsere Stadt von heute und morgen sein!"

Aber nicht nur den Freizeitwert Zweibrückens gelte es zu erhöhen, sondern auch weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Es sei "vieles daraus erwachsen", dass er seit seinem Amtsantritt 2012 immer wieder Zweibrücker Unternehmen besuche, berichtete Pirmann. Als Beispiele für laufende oder künftige Vorhaben nannte er unter anderem die John-Deere-Brücke, über 80 neue Arbeitsplätze bei Kubota sowie mehrere Ansiedlungen am Flugplatzgelände, darunter die für dieses Jahr geplante Elektro-Kartbahn.

Auch in den kommenden Monaten werde es in der Stadt "viele Baustellen" geben, warnte Pirmann: "Überalterte Ampelanlagen, zu überarbeitende Infrastruktur im Boden oder der Ausbau der Alten Ixheimer Straße werden natürlich zu Einschränkungen und Unannehmlichkeiten in unserem Alltagsleben führen. Die Diskussion wird in vielfältigster Weise einsetzen. Aber am Ende werden wir unsere Stadt wieder ein gewaltiges Stück nach vorne gerückt haben."

Die Stadtverwaltung arbeite unter anderem an einem neuen Tourismus- und einem Innenverdichtungs-Konzept. So solle auf dem Gelände der Alten Feuerwache ein "seniorengerechtes Innenstadtwohnhaus" entstehen. Nur noch in Ausnahmefällen wie Rimschweiler würden Neubaugebiete außerhalb von Siedlungen vorangetrieben.

"Sorge" bereit Pirmann dagegen, wie es mit den beiden Krankenhäusern weitergehe. Er rufe beide Träger zu einer "guten Lösung für die Menschen der Region" auf. Er stehe "auch heute noch" zu seiner Aussage vom Herbst, dass Zweibrücken beide Krankenhäuser brauche. Wichtig für die Region sei "die Erhaltung der erforderlichen Bettenkapazitäten".

Der Oberbürgermeister dankte vielen Zweibrücker Bürgern und Organisationen für ihren Einsatz für Flüchtlinge. Bedrohlich finde er aber, wie viele EU-Staaten auf die Flüchtlingswelle reagierten, dadurch gerieten "die offenen Grenzen Europas im Inneren in Gefahr". Dabei hätten eben die offenen Grenzen und das gemeinsame Geld zu positiven Europa-Alltagserfahrungen der Bürger geführt. Pirmann: "Ich hoffe, dass nicht wir die einzige Generation waren, die europäische Freizügigkeit genießen durfte. Helfen Sie bitte mit, dass die demokratischen Parteien, die nicht für Hass und Gewalt stehen, bei allen Unterschieden und Diskussionen nicht von rechten Kräften untergraben werden, deren Ziel heute die Flüchtlinge sind. Die Opfer von morgen sind noch nicht definiert." Die vorigen Mai vollzogene Vergrößerung der Fallschirmjäger-Brigade zum Regiment führt dazu, dass die Verbindungen in die Region "nicht überall in gewohntem Umfang aufrechterhalten" bleiben können. Sie blieben aber "sehr wertvoll" und würden "mit ganzem Einsatz, viel Herz und vielleicht auch neuen Wegen" so weit wie möglich gehalten. Das kündigte Andreas Steinhaus, Kommandeur des Fallschirmjägerregiments 26, in seiner Rede beim Zweibrücker Neujahrsempfang an. Wie bisher helfe die Bundeswehr bei der Flüchtlings-Aufnahme.

Bewährt habe sich, dass die meisten Soldaten in Zweibrücken geblieben seien. Deren "Geist, Erfahrung und Können" bei ihrem Kerngeschäft, der "schnellen, flexiblen und durchsetzungsfähigen Reaktion auf Krisen auch über weite Entfernungen und durch die Luft" sei "auch als politisches Signal lange nicht mehr so wichtig gewesen wie derzeit".

Die volle Konzentration auf das Kerngeschäft werde dadurch erleichtert, dass seit Anfang Januar eine zivile Firma die Niederauerbach-Kaserne bewache. Die morgendlichen Staus davor seien "kein Hinweis auf eine verschärfte Lage" - die neuen Wachleute bräuchten derzeit nur etwas länger für die Ausweiskontrolle, da sie die Soldaten noch nicht kennen.

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