Strandkorb-Konzert Max Giesinger kommt Fans bei Konzert in Zweibrücken ungewohnt nahe

Zweibrücken · Sänger Max Giesinger begeisterte seine Fans beim Strandkorb-Konzert auf dem Zweibrücker Flugplatz-Gelände. Dabei kam er ihnen so nah, dass man sich fragen muss: Wie war das nochmal mit den Corona-Bestimmungen?

 Max Giesinger machte gleich zu Beginn des Konzerts einen Spaziergang durch die Reihen der Strandkörbe.

Max Giesinger machte gleich zu Beginn des Konzerts einen Spaziergang durch die Reihen der Strandkörbe.

Foto: Sebastian Dingler

Eine Frage werfen die Strandkorb-Konzerte ja schon auf: Wenn doch so auf Abstand geachtet wird, dass immer nur zwei Leute zusammen sein dürfen, dass die Strandkörbe einen gewissen Abstand voneinander haben müssen, dass die Band in einem großen Abstand auf einer sehr hohen Bühne spielt – wieso dürfen die Stars dann singend und somit Aerosole ausstoßend durchs Publikum gehen?

Konsequent erschien das auch beim Auftritt von Max Giesinger nicht – aber seinen überwiegend weiblichen Fans war das völlig egal, als der Sonnyboy schon nach zwei Songs von der Bühne kam. Immerhin: Aufgrund der Bestimmungen blieb eine Art Rudelbildung aus, auch blieb der Frauenschwarm von spontaner Abbusselei verschont. Das wiederum könnte ein Modell für die Zukunft sein: Der Star geht mal ins Publikum, wenn ihm dieses dafür verspricht, ihm nicht zu nah auf die Pelle zu rücken.

Giesinger ist der George Clooney unter den aktuellen deutschen Popsänger: Sehr gut aussehend, Drei-Tage-Bart und mit einer gewissen Lässigkeit behaftet. Kaum zu glauben, dass er als Zehnjähriger wenig Selbstbewusstsein gehabt haben soll – doch genau das erzählte er den knapp 1500 Zuhörern auf dem Flughafengelände. Selbst in Musik habe er eine Fünf gehabt, das Einzige, in dem er richtig gut war, sei das Sammeln von Pokémon-Karten gewesen. Aus der Misere habe ihn sein Gitarrenlehrer befreit, der wohl als Erster das in ihm schlummernde Talent erkannt hatte. Ein paar Restzweifel seien aber geblieben.

Jetzt ist Giesinger jedenfalls selbstbewusst genug, um völlig cool zu bleiben, als er spaßeshalber das Gitarren-Intro von „Nothing Else Matters“ anstimmte und sich dabei gnadenlos verspielte. Oder als er bei „Über den Wolken“ schlichtweg eine Zeile Text vergaß.

Mit „Hallo Zweebrigge“ kam der 32-jährige auf die Bühne und sang alleine den Hit „Auf das, was da noch kommt“, den er im Duett mit Lotte aufgenommen hatte. Witzig, dass er zum Teil den Dialekt seiner Wahlheimat Hamburg sprach („Dankeschön, Leudä“), dann aber auch mal ins näher liegende Badische wechselte – Giesinger ist bei Karlsruhe aufgewachsen. Die nicht ganz so glücklich verlaufene Kindheit verarbeitete er in der sehr ans Herz gehenden Ballade „Deine Zweifel“. Darin beschreibt er, wie er sich als Kind verantwortlich fühlte fürs Unglück seiner Mutter. Einen ganz schönen Seelen-Striptease lieferte der Sänger da ab, bei dem seine Stimme auch mal etwas brüchiger wurde.

Thematisch daran anschließend begann er den Hit „Wenn sie tanzt“ als Ballade am Klavier, dann aber mit der positiven Wendung hin zur Tanznummer mitsamt der fünfköpfigen Band. Laut Wetterbericht hätte justament zu diesem Zeitpunkt ein Wolkenknäuel über dem Flughafen abregnen sollen – davon blieben die Zuhörer aber zum Glück verschont. Während des nächsten Songs, „Irgendwann ist jetzt“, verlangte er einen Chor von den Männern im Publikum, versetzte sich aber auch in deren Gefühlslage: „Jetzt muss ich schon da hin, da soll ich auch noch mitsingen. Ich wollte doch lieber zu Rammstein!“, legte er ihnen in den Mund.

Eine überraschende Überleitung gelang Giesinger zum kleinen Block an Coversongs: Übers Thema Corona kam er aufs Thema Urlaub, da lag natürlich Italien nahe. „Ist das Eros Ramazzotti?“, fragte er scheinheilig, als die Band daraufhin einen Song anstimmte. Nein, war es zum Glück nicht, sondern einer der schönsten Italopop-Songs dieser Welt, „Laura non c’e“ von Nek. Und das in sehr passablem Italienisch vorgetragen!

Dann ging es mit „Down Under“ nach Australien, ehe Giesinger tatsächlich meinte, jetzt wäre Griechenland dran. Bevor man sich noch den Kopf darüber zerbrechen konnte, welcher griechische Song jemals zu uns drang, legte die Band schon mit Udo Jürgens los: Den Griechischen Wein sang das Publikum natürlich mit.

Reinhard Mey (siehe oben) war erst zur Zugabe dran, als der Sänger sogar ein zweites Mal ins Publikum ging, allein mit der Gitarre. Ein Song fehlte da natürlich noch. „80 Millionen“ war 2016 der Hit, mit dem Giesinger seinen Durchbruch hatte. Eigentlich handelt das Lied davon, dass er sich fragt, wie seine Freundin gerade ihn unter 80 Millionen Menschen finden konnte. Praktischerweise ließ sich der Song auf die damalige Fußball-EM umtexten und war deshalb so ein großer Hit.

In Zweibrücken sang Giesinger aber das Original und lieferte damit den Stimmungshöhepunkt. Zwar nicht aus Millionen Kehlen, aber doch aus vielen Hunderten wurde das Text-Wort „begegnen“ intoniert. Danach musste er seine Fans ein bisschen runterkühlen. Das machte er mit der Ballade „Für immer“, die er einem zufriedenen Publikum mit auf den Heimweg gab.

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