Mathias Richling in Zweibrücken Eher solide als begeisternd

Zweibrücken · Beim Auftritt von Kabarettist Mathias Richling in der Festhalle traf nicht jeder Gag ins Schwarze.

 Kabarettist Mathias Richling stellte sich nach seinem Auftritt für ein Foto zur Verfügung – währenddessen gestattete er es nicht.

Kabarettist Mathias Richling stellte sich nach seinem Auftritt für ein Foto zur Verfügung – währenddessen gestattete er es nicht.

Foto: Sebastian Dingler

Mathias Richling ist unter den deutschen Kabarettisten der sprödeste. Das stellte er auch bei seinem Auftritt in der Festhalle unter Beweis. Er parodiert Politiker und legt ihnen dabei Dinge in den Mund, die diese niemals sagen würden. Das alleine ist aber noch nicht witzig, etwa wenn Wolfgang Schäuble plötzlich Kritisches zu den Coronamaßnahmen ablässt oder Annegret Kramp-Karrenbauer Blondinenwitze erzählt (der saarländischen Ex-CDU-Chefin verpasst er übrigens einen pfälzischen Singsang).

Manches Mal, wie am Ende von Richlings Söder-Imitation, bleibt der Applaus aus. Insgesamt parodiert er die markanten Politiker wie Winfried Kretschmann besser als die sprachlich austauschbaren wie Steinmeier und Scholz. Wenigstens schafft er es, als Bundeskanzler genauso einschläfernd zu sein wie das Original.

Scholz lässt er nicht gut wegkommen – der habe sich ja schon ganz früh für den rechtsfreien Raum eingesetzt. Richling zählt die Skandale des Kanzlers auf: Vom tödlichen Brechmittel-Einsatz über die Fehleinschätzung der Gewalt beim G20-Gipfel bis zur Cum Ex-Affäre und dem Versagen der Finanzaufsicht bei Wirecard – das klingt mehr nach Politikerrede als nach Kabarett. Außerdem neigt Richling bekanntermaßen zum schnellen Sprechen: Oft fragt man sich, ob man die Pointe verpasst hat oder gar keine vorhanden war. Wenn sonst auch niemand lacht, beruhigt das.

Der drahtige 69-Jährige, der viel jünger wirkt, verhängt gleich anfangs ein strenges Fotografierverbot und verlangt von den etwa 80 Zuschauern, dass sie die 90 Minuten ohne Pause durchhalten. Keine wirklich guten Voraussetzungen für einen unterhaltsamen Samstagabend. Und doch bleiben ein paar Momente aus diesen anderthalb Stunden hängen.

Etwa, wenn Richling mit der Stimme von Karl Lauterbach folgendes spricht: „Wir brauchen weiter Masken, wir brauchen getrennte Schlafzimmer, der Mensch muss sich in Selbstbefruchtung vermehren wie die Schnecken.“ Oder wenn er als Boris Becker sagt: „Ich hab Deutschland bekannt gemacht durch meinen Sieg in Wimbeledon.“

Witzig ist auch, als Richling die ZDF History-Sendungen auf den Arm nimmt. „Die Mona Lisa ist in Wahrheit das Porträt eines Mannes, wer hätte das gedacht, der aktuellen SPD-Co-Vorsitzenden.“ Woraufhin er Saskia Esken zeigt, hineinmontiert ins da Vinci-Gemälde.

Überhaupt hat er es mit Parodien auf die Klassiker der Kunstgeschichte: Angela Merkel erscheint da als Mädchen mit dem Perlenohrring, Annegret Kramp-Karrenbauer als Picassos Dora Maar mit einer Katze. Richling selbst ist im Andy Warhol-Stil im Hintergrund zu sehen.

Dass die Coronazeit ihm schwer zugesetzt hat, kommt immer wieder durch. Ganz zu Beginn dieser Phase hatte er schon mal für Aufsehen gesorgt, weil er die Maßnahmen stark kritisierte. Jetzt erzählt er von einer Studie, die eine Ansteckungsgefahr von 40 Prozent im Theater im Gegensatz zu 60 Prozent im privaten Bereich ausgerechnet habe: „Und wir schließen die Theater!“ An RKI-Chef Lothar Wieler lässt er kein gutes Haar: „Er ist Tierarzt – und so behandelt er auch die Deutschen.“ Das Land habe der Mediziner wie einen von einer Seuche befallenen Bauernhof dichtmachen wollen.

Aber kaum sei diese Pandemie nun vorbei, so Richling, „verbreitet sich die nächste Pandemie namens Putin“. Dabei hätte die Nato doch nur ein neues Virus in China bestellen müssen und über Russland abwerfen – „dann wären die Russen im Lockdown!“ Ein anderes Thema, das Richling umtreibt, sind die Missbrauchsfälle der katholischen Kirche. Als Papst Benedikt sagt er: „Die Kirche ist auch nur Opfer ihrer eigenen Täterschaft.“ Dem aktuellen Papst Franziskus legt er in den Mund: „Kinder beschweren sich, denen die katholische Kirche ihr Leben geschenkt hat durch ihr Verbot von Abtreibung.“ Das ist böse.

Scharf schießt er auch auf die politische Korrektheit beim Sprachgebrauch: „Den Gelben Sack muss man umbenennen, weil ein Chinese beleidigt ist.“ Oder: „Wenn es brennt, und es heißt, die Bewohner müssen schnell raus – bleiben dann die Bewohnerinnen drin?“

Zum Ende spenden die Zuschauer eher wohlwollenden als euphorischen Applaus. Als Zugabe bringt Richling dann aber einen schönen Vergleich. Friedrich der Große habe einst große Schwierigkeiten gehabt, seinen preußischen Untertanen die Kartoffel schmackhaft zu machen. „Das waren Kartoffelverweigerer, wenn nicht gar Kartoffelleugner“, rief der Kabarettist. Als der König allerdings seine Kartoffelfelder scheinbar bewachen ließ, stieg das Interesse an der Erdfrucht, und plötzlich wollte jeder sie haben. Schlussfolgerung: „Die Regierung hätte von Anfang an das Impfen unter hohe Strafe stellen sollen.“ Verbote erhöhen die Attraktivität, stimmt – da war doch noch was! Nach dem Auftritt aufs Fotografierverbot angesprochen, zeigt sich Richling ausgesprochen nett und geht extra noch mal auf die Bühne für ein Bild.

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