„Man muss mit Herzblut dabei sein“

Zweibrücken · Von Oktober bis Ende März war die Justizverwaltung für die Flüchtlings-Aufnahmestellen in Zweibrücken zuständig. Jürgen Buchholz für den Flughafen, Barbara Matheis fürs Hotel Europa. Beide sind mit den Früchten ihrer Arbeit zufrieden.

 Am Flughafen waren die Flüchtlinge in der ehemaligen Abflughalle untergebracht. Foto: Wille/pmz

Am Flughafen waren die Flüchtlinge in der ehemaligen Abflughalle untergebracht. Foto: Wille/pmz

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Eigentlich war es ganz anders. Ganz anders, als sich der eine oder andere sich das vorher gedacht hatte mit den Flüchtlingen in Zweibrücken . In den meisten Belangen war es besser als befürchtet. Kaum Polizeieinsätze, keine nennenswerte Zunahme der Kriminalität, keine nachgewiesene Belästigung Einheimischer durch Flüchtlinge - und umgekehrt keine fremdenfeindlichen Ausschreitungen. Eine gute Bilanz auch für die beiden Menschen, die bis Ende März die Verantwortung für die Erstaufnahme-Einrichtungen in der Flughafen-Abflughalle und dem Hotel Europa hatten, Jürgen Buchholz und Barbara Matheis.

Mittlerweile machen die beiden wieder das, wofür sie eigentlich bezahlt werden. Buchholz als Leiter des Zweibrücker Gefängnisses und Barbara Matheis als Geschäftsleiterin im Landgericht. Endlich wieder geregelte Arbeitszeiten und nur noch selten dienstliche Anrufe nach Feierabend. Denkt man zumindest als Außenstehender und stellt dann fest, dass auch das ganz anders ist. Denn beide haben, sagen sie, die Arbeit für die Flüchtlinge nicht wirklich als unangenehme Bürde empfunden, von der man sich mit Freude befreie.

"Für mich persönlich war das Erschreckendste, wenn die Leute ankamen", erzählt Barbara Matheis. "Die waren sehr lange auf der Flucht gewesen und das hat man ihnen angesehen - auch den Kindern. Und als ich dann ein paar Tage später wiederkam und die Kinder auf dem Hof glücklich gespielt haben, das war schon ein Höhepunkt, dass ich da ein Stück dazu beitragen konnte." Vorher habe man ihr zwar geraten, sich die Ereignisse und Erlebnisse mit den Flüchtlingen nicht zu nahe gehen zu lassen, "aber das geht nicht. Man muss mit Herzblut dabei sein".

Und man muss Vertrauen haben, meint Buchholz. In die Institutionen und den guten Willen der Beteiligten. Er habe gelernt, "mehr Zutrauen in die Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen und Behörden zu haben. Da war ich am Anfang skeptisch". Natürlich, räumt Buchholz ein, habe nicht alles immer reibungslos geklappt. Mal ganz abgesehen von den Anfangsmonaten, in denen sich alle Beteiligten erst einmal orientieren und funktionierende Routinen entwickeln mussten. Trotzdem habe man die Aufgabe in der Summe ganz gut gestemmt, findet Buchholz. "Wenn etwas nicht funktioniert hat, haben wir das mit den Leuten geklärt", sagt er. Und das habe sich dann rumgesprochen. Buchholz: "Die Flüchtlinge sind gut vernetzt. Da hat sich schnell rumgesprochen, was geht und was nicht geht."

 Jürgen Buchholz und Barbara Matheis. Foto: pmz/leh

Jürgen Buchholz und Barbara Matheis. Foto: pmz/leh

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Teil dieses beiderseitigen Lernprozesses: der Hungerstreik im Oktober. Über den lächelt Buchholz heute noch milder, als er es schon im vergangenen Jahr getan hat. Seines Wissens habe der in der Summe nur fünf Stunden gedauert - und dennoch hohe Wellen geschlagen. Man müsse, meint er, für die Flüchtlinge Verständnis haben. Durch die Flucht, die räumliche Situation und die unklare Zukunftsperspektive habe sich ein immenser Druck bei einigen aufgebaut, der einfach raus musste. Hinzu kamen erhebliche Unsicherheiten in der deutschen Flüchtlings-Bürokratie. "Zu der Zeit wusste niemand in Zweibrücken , was in Deutschland passiert, da hieß es dann ‚wir gucken mal'", verdeutlicht Buchholz. Die vielfach kritisierte Anspruchshaltung einiger Flüchtlinge damals, spekuliert er, könnte ein Relikt der Flucht sein. "Da musste man sich durchbeißen."

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