„Mal was ganz anderes“: Viel Applaus bei Nibelungen-Festspielen

Worms · Die neue Inszenierung der Nibelungen-Festspiele erhält viel Applaus, es gibt aber auch Kritik. Sie gilt zum Beispiel derben Ausdrücken. Stargast der Premiere ist Bundestrainer Löw.

 Uwe Ochsenknecht als Produzent und Lotte Jünger als Brünhild die Ältere im Stück „Gold. Der Film der Nibelungen“. Foto: Andreas Arnold/dpa

Uwe Ochsenknecht als Produzent und Lotte Jünger als Brünhild die Ältere im Stück „Gold. Der Film der Nibelungen“. Foto: Andreas Arnold/dpa

Foto: Andreas Arnold/dpa

Ein Filmteam, das sich am Nibelungenlied abarbeitet und dabei von der Komik bis zur Katastrophe alles erlebt: Dieses Thema haben die Wormser Nibelungen-Festspiele am Freitagabend tempo- und facettenreich auf die Bühne gebracht und dafür den minutenlangen Applaus eines zu weiten Teilen begeisterten Publikums geerntet.

"Gold. Der Film der Nibelungen " lautet der Titel des von Albert Ostermaier verfassten Stücks, das Nuran David Calis mit einem Großaufgebot an Stars in Szene setze. Die Produktion, in der unter anderem Uwe Ochsenknecht , Dominic Raacke, Alexandra Kamp und Katja Weitzenböck mitspielten, ist die zweite unter der Ägide von Festspielintendant und Filmproduzent Nico Hofmann .

Ostermaier erzählt darin die Geschichte einer Filmcrew, die vor dem Wormser Dom einen Streifen über die Nibelungen dreht - und dabei die gleichen Gefühle durchlebt wie die Menschen aus der Sage: Liebe und Leidenschaft, Rache und Gewalt. In den Schlussapplaus mischten sich Bravo-Rufe, es gab aber auch Pfiffe. "Mir hat es nicht gefallen", sagte die 71-jährige Ruth Kauffmann. Sie fand das Stück zu wild. Zudem störte sie sich wie andere Zuschauer daran, dass im ersten Teil zu oft Ausdrücke aus dem Bereich "unterhalb der Gürtellinie" verwendet wurden - es war öfter in derbem Ton vom männlichen Geschlechtsteil die Rede. Auch habe sie das Stück nicht sehr verständlich gefunden. Die Idee für die Präsentation sei allerdings "genial" gewesen. "Schade um das schöne Ambiente." "Es war mal was ganz anderes", sagte dagegen die 32-jährige Marion Hartmann. Ihr habe gefallen, dass es auch bei der 15. Ausgabe der Festspiele gelungen sei, den Stoff in einer noch nicht dargebotenen Weise zu präsentieren. Zeitweise habe das Stück surreal gewirkt, was "super spannend" gewesen sei, sagt ihre Begleiterin Mareike Finger. Dem 34-jährigen Christoph Hartmann imponierte der innere Kampf des Mannes, der im Stück den Darsteller des Siegfried spielt. Er ist Türke und fürchtet, es könne Vorurteile schüren, wenn er in der Rolle des Siegfried der Königin Brünhild Gewalt antut. "Von der schauspielerischen Leistung fand ich es hervorragend", sagte der Wormser Domprobst Tobias Schäfer. "Es war auch sehr kurzweilig und unterhaltsam." Zudem finde er es sehr interessant, den Stoff von einer völlig anderen Perspektive aus aufzuziehen. Über manches müsse er noch nachdenken, zum Beispiel darüber, weshalb am Ende die ganze Bühne geflutet worden sei. Gut gelungen fand er die Einbeziehung des Doms in das Stück - er diente nicht nur als Kulisse, auch eine kurze Passage spielte in dem Gotteshaus. Sie wurde per Kamera auf eine große Videoleinwand auf der Bühne übertragen. "Gemischt" fand der Intendant des Ludwigshafener Theaters im Pfalzbau, Tilman Gersch, die Aufführung. Sie sei etwas unstrukturiert gewesen. Es habe aber auch berührende Momente gegeben, zum Beispiel Ochsenknecht-Passagen, die auf die Großbildleinwand projiziert wurden. Der 48-jährige Zuschauer Ralph Nickolay sagte, die moderne Verpackung des schweren Themas sei interessant und teilweise lustig. Er könne sich aber vorstellen, dass jemand, der erstmals mit der Nibelungen-Sage konfrontiert werde, Probleme mit dem Verstehen habe.

Festspiel-Intendant Hofmann wies unterdessen den Gedanken zurück, dass es sich bei dem Stück um eine Abrechnung mit der eigenen Branche handeln könne. "Es ist eine Introspektion (Hineinsehen) in die eigene Branche. Es ist auch eine Introspektion in die Art und Weise, wie wir in den künstlerischen Berufen zusammenarbeiten und zusammenleben", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Hier ist oft eine leichte Hysterie zu spüren, das liegt in der Natur der Sache."

Zu den 1300 Premierengästen gehörte auch Bundestrainer Joachim Löw , der für viel Aufsehen sorgte. Hofmann sagte bei seiner Begrüßung, er sei stolz, dass Deutschland auf dem Fußballplatz von einer multikulturellen Truppe vertreten werde. Auch dem Festspiel-Ensemble gehörten Menschen aus vielen Nationen an, er habe 14 gezählt.

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