LVIM kommt Klinikmitarbeitern vorm Arbeitsgericht weit entgegen

Zweibrücken · 88 meist identische Fälle beschäftigten gestern das Arbeitsgericht in Zweibrücken. Die meisten Krankenhausmitarbeiter wurden deshalb nur mit Aktennummern genannt – die Eurozahlen, die am Ende für sie rauskamen, konnten sich aber sehen lassen.

 Ein Aktenberg reichte gestern auf dem Richtertisch nicht aus: Über 88 Fälle galt es zu verhandeln. Foto: Lutz Fröhlich

Ein Aktenberg reichte gestern auf dem Richtertisch nicht aus: Über 88 Fälle galt es zu verhandeln. Foto: Lutz Fröhlich

Foto: Lutz Fröhlich

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat gestern in Zweibrücken 88 Fälle von Mitarbeitern des Ende September geschlossenen Evangelischen Krankenhauses verhandelt. Bei allen ging es um die Frage, ob sie für die zweite Hälfte des Krisenjahrs 2015 noch eine Jahressonderzahlung erhalten oder nicht. Bislang hatte der Klinikträger (Landesverein für Innere Mission in der Pfalz) dies abgelehnt.

Richterin Sabine Schmidtken-Ittenbach legte beiden Seiten eindringlich eine gütliche Einigung nahe und fragte: "Was kann der LVIM anbieten für eine vernünftige Regelung?" Wenn sie urteilen müsse, könne sie dies "nur nach Recht und Gesetz, unabhängig von den Konsequenzen" tun.

Der LVIM wollte bislang nichts zahlen, weil der diakonische Tarifvertrag ("AVR") vorsieht, dass Sonderzahlungen bei einem negativen Betriebsergebnis entfallen. Dass das Evangelische Krankenhaus 2015 rote Zahlen geschrieben hat, ist mittlerweile unstrittig. Aber: Die 88 Kläger waren schon jahrzehntelang im Evanglischen Krankenhaus beschäftigt und hatten mit dem LVIM vereinbart, dass einige günstigere Regeln des 2006 abgeschafften BAT (Bundes-Angestelltentarifvertrag) für sie weiter gelten. Schmidtken-Ittenbach äußerte deshalb Zweifel, ob die AVR-Regeln bei den Klägern "vollständig und einschränkungslos" anwendbar sind, was Voraussetzung für einen Sonderzahlungsverzicht sein könne. Diese Frage sei "das größte Problem für das Gericht".

Eine intensivere Prüfung bleibt dem Arbeitsgericht aber wohl erspart. Denn der persönlich zur Verhandlung erschienene LVIM-Chef Rainer Doll machte einen Vergleichsvorschlag, nach dem keiner der anwesenden fünf Anwälte der Kläger noch Grund zum Nachverhandeln sah.

Vorstand Doll erinnerte zunächst an die für alle Seiten unerfreuliche Ausgangslage: "Alle haben ihren Arbeitsplatz verloren. Und wir haben ein erheblich negatives Ergebnis." Eingedenk des Jobverlusts biete er an, 75 Prozent des geforderten Geldes zu zahlen, damit die Kläger "nicht über zwei Jahre vielleicht versuchen müssten, die Jahressonderzahlungen durchzusetzen". Schmidtken-Ittenbach sagte, dies sei "mehr als die Hälfte" und damit "ein sehr interessantes Angebot" und riet deshalb den Klägern, das Angebot anzunehmen - denn im Fall eines Urteils zu ihren Gunsten kämen im Fall einer Berufung und vielleicht Revision Prozesskosten auf sie zu.

Allerdings waren gestern nur drei der 88 Kläger selbst bei der Verhandlung, sodass in den allermeisten Fällen ihre Rechtsanwälte noch ihre Zustimmung einholen müssen. Bis zum 31. Januar könnten Kläger die vom Gericht protokollierte gütliche Einigung noch widerrufen. Auch der DGB-Rechtsvertreter, der die meisten Kläger vertritt, will ihnen aber eine Annahme empfehlen.

Eine Klägerin geht leer aus, weil weder sie noch ein Rechtsvertreter vor Gericht erschienen. Zwei der 88 Fälle wurden vertagt, um zu prüfen, ob sie das Geld nicht schon bekommen haben.

Die übrigen 85 Kläger erhalten nun jeweils Summen zwischen 289 und 1468 Euro. Die Gesamtkosten der gestrigen Einigung schätzte der LVIM auf Merkur-Anfrage auf 100 000 Euro.

Für drei weitere Ex-Beschäftigte des Evangelischen Krankenhauses gab es am Vortag einen Vergleich am Arbeitsgericht in Neustadt, wo im Paket über Kündigungsschutz- und Sonderzahlungsklagen entschieden wurde.

Etwa 35 Betroffene der Verhandlung gestern in Zweibrücken klagen derzeit auch gegen ihre Kündigung - darüber verhandelt das Arbeitsgericht voraussichtlich im März oder April.

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