Liebes Kleinod, lieber Augenstern!

Nein, dies wird kein Liebesbrief aus dem Archiv, die Anrede ist im wahrsten Sinne wörtlich gemeint. Vor zwei Jahren, im Dezember 2006, riefen Zeitschriften zu einem Wettbewerb auf, der das schönste bedrohte Wort küren sollte

Nein, dies wird kein Liebesbrief aus dem Archiv, die Anrede ist im wahrsten Sinne wörtlich gemeint. Vor zwei Jahren, im Dezember 2006, riefen Zeitschriften zu einem Wettbewerb auf, der das schönste bedrohte Wort küren sollte. Das schlechte publizistische Gewissen hat da sicher mitgespielt, denn gerade Zeitungen sind die Wiege der schnellen Neologismen, die tagtäglich wie Unkraut zwischen den Nachrichten (News) sprießen und zugleich alte Wörter verdrängen. Über 3000 Vorschläge wurden in einer "Roten Liste bedrohter Wörter" gesammelt. Banales wie Fracksausen, Dreikäsehoch und Schlüpfer waren ebenso vertreten wie Wortjuwelen: Labsal, hold und eben auch ihr beiden, Kleinod und Augenstern. Meine Lieblingswörter sind vor allem solche, die nach Erinnerung klingen: Backfisch (Teenager), Ratzefummel (Radiergummi), Gänsewein (Trinkwasser). Modewörter von damals, die ein Germanist kaum vermissen wird, die man aber eben lieb geworden hat.All diese Beispiele gehörten zum selbstverständlichen Sprachgebrauch, manche wurden vom Lexikon verschmäht, wie etwa die ausgedienten Adjektive dufte, knorke und blümerant. Und heute? Vergeblich werden wir in dieser Ausgabe nach einem hanebüchenen Hagestolz oder einem prima Gabelfrühstück Ausschau halten. Falsch: Hier, in diesem Brief, werden sie noch einmal hervorgeholt. Und versammelt sind sie alle in einem Lexikon der bedrohten Wörter, das inzwischen zwei dicke Bände umfasst. Der Archivar

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