Liebe Zweibrücker Salzstraße!

Nanu, niemand fühlt sich durch diese Anrede angesprochen? Du bist gemeint: frühere Salzstraße zwischen Dieuze und dem Rhein, Vordergasse oder namenlose Strecke zwischen den Zweibrücker Stadttoren, in manchem Winter Nebenfluss des Schwarzbaches; heute nennt man dich Hauptstraße und Fußgängerzone

Nanu, niemand fühlt sich durch diese Anrede angesprochen? Du bist gemeint: frühere Salzstraße zwischen Dieuze und dem Rhein, Vordergasse oder namenlose Strecke zwischen den Zweibrücker Stadttoren, in manchem Winter Nebenfluss des Schwarzbaches; heute nennt man dich Hauptstraße und Fußgängerzone. Das bist du schon einmal gewesen, ein den Fußgängern vorbehaltener Weg, 1945 war das, als sich ein Trampelpfad durch das Ruinenfeld der Innenstadt schlängelte, begleitet von den Gleisen der Trümmerloren. Damals hat man dich mit dem Schutt der zerbombten Häuser aufgefüllt, wie man am Niveau vor dem ehemaligen Gasthaus Hirsch und des Platzes hinter der Alexanderskirche noch gut sehen kann. 1976 ist die damals meistbefahrene Straße der Stadt dann endgültig zur Flanierzone gewidmet worden. Vor zehn Jahren, im Sommer 1999, haben sich die Jungarchitekten der nahen Hochschulen auf einem Kolloquium Gedanken gemacht, wie man dich erneuern könnte. Das abenteuerlichste Modell sah eine dichte Bewaldung der gesamten Strecke zwischen Marktplatz und Herzogstraße vor. Der Stadtrat hat dich im selben Jahr auf die Prioritätenliste der Bauprojekte gesetzt. Seitdem ist viel Wasser den Schwarzbach runter geflossen und nicht viel geschehen. Jetzt bist du wieder im Gespräch: Nächstes Jahr sollst du aufgemöbelt werden. Da kein Geld da ist, wird es wohl bei bescheidenen Investitionen bleiben. Der Zeitgeist wird das Maß der Neuerungen sein, ist zu befürchten, und dass man eher auf spitze Absätze Rücksicht nehmen wird als auf deine historische Vergangenheit. Damit müssen wir uns abfinden, du bist und bleibst eben unsere Schicksalsstraße. Der Archivar

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