Kolumne Unsere Woche Langer Atem zahlt sich aus

Im Jahr 1853 brach der 18-Jährige Heinrich Hilgard sein Studium der Jurisprudenz ab und wanderte aus seiner Heimatstadt Zweibrücken ins ferne Amerika aus. Mit gerade einmal 50 Dollar in der Tasche und ohne Kenntnisse der englischen Sprache landete der „ungeratene Sohn“, wie ihn sein Onkel Theodor einst nannte, in New York.

 Mirko Reuther

Mirko Reuther

Foto: SZ/Lorenz, Robby

Keine besonders vielversprechende Ausgangslage? Denkste! Denn Hartnäckigkeit zahlt sich aus. 30 Jahre später war „Henry Villard“, wie er sich in den Vereinigten Staaten nannte, Präsident mehrerer Bahngesellschaften und hatte als Eisenbahnpionier maßgeblichen Anteil an der Fertigstellung der berühmten Northern Pacific Railroad. Seiner Heimatstadt vermachte er das Hilgard-Haus, das zunächst als Waisenhaus und bis 1989 als Grundschule genutzt wurde.

Vielleicht wäre Hilgard, der 1900 im Bundesstaat New York starb, ein klein wenig stolz darauf, dass auch seine Heimatstadt und ihre Bürger im Hinblick auf sein Vermächtnis einen langen Atem bewiesen. Obwohl das Hilgard-Haus zwischenzeitlich verkauft wurde und seit 1993 leer stand, protestierten die Oberen der Rosenstadt 2003 vehement gegen die Abriss-Pläne der ehemaligen Besitzer Michael Timmer und Peter Steffensky. Bürger starteten Unterschriften-Aktionen zur Rettung des Hauses. Das Bauamt erklärte, in die Bresche zu springen, als die Besitzer sich vorübergehend weigerten, das Gebäude zumindest notdürftig winterfest zu machen. Allen Widrigkeiten zum Trotz – das Hilgard-Haus blieb bestehen.

 Und auch wenn seit dem Leerstand 1993 dann 27 Jahre ins Land gezogen sein werden – 2020 scheint dem ehrwürdigen Sandsteingebäude entlang der Hofenfelsstraße endlich wieder eine praktische Bedeutung in der Rosenstadt zuzukommen. So wie es sich Heinrich Hilgard vermutlich gewünscht hätte. Der immerhin auch 30 Jahre brauchte, um vom „ungeratenen Sohn“ zum amerikanischen Eisenbahnkönig aufzusteigen.

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