Die Päpstin Johanna in Zweibrücken? Stoff für eine spannende Legende

Zweibrücken · Die angebliche Päpstin Johanna hat Zweibrücken nie besucht, aber in der Bibliotheca Bipontina liegt eine Handschrift von 1669, in der ihre Existenz diskutiert wird. Die Saarbrücker Uni-Professorin Nine Miedema hat sich mit einigen ihrer Studenten dieses Themas angenommen.

 Professorin Nine Miedema und Mex Biver bereiten die Ausstellung rund um die Handschrift in den Händen des Kurators vor, die in der Zweibrücker Bibliotheca Bipontina von der Wissenschaftlerin „gefunden“ wurde.

Professorin Nine Miedema und Mex Biver bereiten die Ausstellung rund um die Handschrift in den Händen des Kurators vor, die in der Zweibrücker Bibliotheca Bipontina von der Wissenschaftlerin „gefunden“ wurde.

Foto: Cordula von Waldow

Gab es „die Päpstin“ wirklich? Dieser spannenden Frage widmet sich die neue Ausstellung „Die Päpstin Johanna in Zweibrücken?“ im Zweibrücker Landesbibliothekszentrum/Bibliotheca Bipontina, die am morgigen Donnerstag, 15. Juli, um 19 Uhr offiziell eröffnet wird.

Die Inspiration für dieses Thema lieferte nicht der wohl bekannteste „Päpstin-Roman“ aus der Feder der US-amerikanischen Schriftstellerin Donna Woolfolk Cross, sondern der Katalog über die Handschriften des Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz (LBZ). Hierin stieß die Saarbrücker Professorin für Deutsche Literatur des Mittelalters und Deutsche Sprache, Nine Miedema, auf einen der zahlreichen, verborgenen Schätze der Bibliotheca Bipontina: eine Handschrift von 1669.

In diesem „gründliche(n) und satte(n) Bericht, obs wahr seij, daß auff ein Zeit ein Bapst zu Rom schwanger gewesen und ein Kind gebohren habe“, stellte der evangelische Pastor von Trarbach an der Mosel, Nikolaus Lagerhans, viele Argumente dafür zusammen, dass es „die Päpstin“ tatsächlich gegeben haben könnte.

Damit reagierte der Theologe auf ein Traktat (schriftliche Abhandlung), das rund 100 Jahre zuvor, nämlich 1584, der gegen-reformatorische Prediger Georg Scherer verfasst hatte mit der kontroversen Ansicht, die Geschichte der „Päpstin“ sei reine Fiktion und könne auf keinen Fall Realität gewesen sein. Ebenso spannend wie den Inhalt fand Nine Miedema die Tatsache, dass es von dieser unleserlichen Original-Handschrift bislang keine Edition gibt, die sie für alle leserlich und verständlich macht. Unter ihrer Anleitung konzipierten Studierende des Master-Studiengangs Literatur und kulturelle Praxis binnen eines Jahres eine vollständige Ausstellung, die jetzt, da die Corona-Verordnungen es gestatten, in den Räumen der Bibliotheca Bipontina der Öffentlichkeit gezeigt werden kann.

Während seine Kommilitonen vom Homeoffice heraus agieren, genießt Mex Biver nach eigener Aussage das Privileg, dass „ich in dem praxisorientierten Studiengang selbst Hand anlegen und in Zweibrücken vor Ort die Ausstellung realisieren darf“.

„Er ist sehr engagiert und fleißig“, bestätigen Nine Miedema und LBZ-Standortleiterin Rebecca Anna dem begeisterten Pratikanten. Der junge Kurator der Ausstellung betont: „Es geht uns nicht darum, die Wahrheit herauszufinden, sondern die Kontroverse und die unterschiedlichen Blickwinkel aufzuzeigen.“ Denn seit dem 13. Jahrhundert bis in die Jetzt-Zeit wird in der Literatur immer wieder diskutiert, ob „die Päpstin“ tatsächlich existierte oder nicht, eine Fülle an Material für eine bunte, perspektivenreiche Ausstellung.

Der letzte Roman zu dem Thema erschien 2020 und beweise, wie populär dieses Thema über die Jahrhunderte hinweg ist. Um die 50 unterschiedlichen Bücher und Schriften, etwa aus der Feder von Giovanni Boccaccio, Achim von Arnim oder Bertolt Brecht, sowie Abbildungen oder historisches Kartenmaterial von Rom zeigen auf, wie die Geschichte der Päpstin im Laufe der Jahrhundert immer wieder neu gestaltet worden ist.

Die Ausstellung lädt ein: „Entdecken Sie die Details der Geschichte der Päpstin Johanna – was spricht dafür, was spricht dagegen, dass es sie gegeben hat?“ Doch Langerhans’ der Forschung bislang noch völlig unbekannter Text fasziniert nicht nur inhaltlich. Besonders spannend finden der 27-jährige Luxemburger und seine ursprünglich aus den Niederlanden stammende Professorin die Tatsache, dass die Handschrift noch niemals zuvor editiert wurde. Eine Einladung an jeden angehenden Editionswissenschaftler und laut Nine Miedema das perfekte Thema für eine Promotionsarbeit. „Wie schön, wenn wir dazu inspirieren könnten“, wünscht sie sich.

So wird es bei dem von den insgesamt sechs Studierenden gestalteten Einführungsvortrag am 15. Juli unter anderem auch um das Thema „Editionswissenschaften“ gehen. Für Mex Biver ist die Gestaltung nicht nur eine Ehre, sondern zugleich eine Herausforderung. Das liegt zum einen an der fremden Sprache, zum anderen an dem hohen Anspruch, die Erwartungen des gesamten Teams stellvertretend zu erfüllen.

Wie Professorin Nine Miedema ist er besonders gespannt auf die vielfältigen und kontroversen Diskussionen, zu denen die Ausstellung anregen und einladen will. Möglich ist zudem die Frage: Kann es mehr als eine einzige Wahrheit geben? Das Studenten-Team erarbeitet zudem eine Online-Führung, die bis zum Beginn der Besucherausstellung ab 15. Juli fertig sein soll.

Die Ausstellung „Die Päpstin Johanna in Zweibrücken?“ ist von 15. Juli bis 15. Oktober zu den Öffnungszeiten im LBZ Bibliotheca Bipontina, Bleicherstraße, Zweibrücken zu bewundern. Diese sind: Montag bis Freitag, 08.30 Uhr bis 12.30 Uhr und 13.30 bis 15 Uhr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort