Land: Polizisten in Westpfalz besonders alt

Zweibrücken · Nur noch wenige Polizeibeamte sollen ihren Renten-Eintritt in Rheinland-Pfalz künftig hinauszögern können. Das ist laut Innenministerium, das dies verfügte, nicht mehr nötig, weil man viele neue Beamte einstelle.

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Foto: JAN ALTHOFF

Das rheinlandpfälzische Innenministerium will in den nächsten Jahren so viele neue Polizisten in Dienst nehmen, dass die aktuellen viel seltener ihren Renteneintritt hinauszögern müssen. Diese Möglichkeit hatte das Ministerium am 23. Dezember ausgesetzt - und dafür einige Kritik geerntet. Wolfgang Faber, Landesgeschäftsführer der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rheinland-Pfalz, hatte gestern im Merkur von einem faktischen Personalabbau gesprochen. Die Sicht des Innenressorts ist eine andere. Sprecher Steffen Wehner erklärt, dass man als Ausgleich für den Stopp die "personellen Abgänge bei der Personalzumessung für die Polizeibehörden und -einrichtungen zum jeweils nächsten Versetzungstermin berücksichtigt".Außerdem stelle das Land bis 2021 jährlich 500 Anwärter ein, "so viele wie noch nie". 2016 seien es sogar 535 Neue gewesen, weil man auch Ausbildungsabbrüche kompensiert habe. Das werde auch dieses Jahr so sein. Bis 2021 steigere man die Polizistenzahl landesweit auf 9160 sogenannte Vollzeitäquivalente. Aktuell sind es laut Gewerkschafter Faber etwa 8900. Er befürchtet, dass es bald noch weniger sind - denn 170 Anträge auf Verlängerung der Lebensarbeitszeit sind bereits genehmigt.

Ministeriums-Sprecher Wehner erklärt dazu, es müsse kein Antrag zurückgezogen werden. Die Dienststellen gingen individuell auf die Beamten zu. "Bis auf Weiteres" werde aber "kein Antrag genehmigt und die Bewilligung bereits im Mitbestimmungsverfahren befindlicher Genehmigungen ausgesetzt". 2017 stehe "ein Budget für weitere 70 Fälle zur Verfügung". Ob darüber hinaus weitere Fälle genehmigt werden, das prüfe und entscheide man "in Kürze", so Wehner.

Das Hinausschieben des Ruhestands bleibe als rechtliche Ausnahme "eine Möglichkeit, die notwendige Personalstärke zu sichern". 2016 seien 218 entsprechende Anträge genehmigt worden, insbesondere auch als kurzfristige Reaktion auf die zunächst hohen Flüchtlingszahlen. Im Bereich des Polizeipräsidiums (PP) Westpfalz seien 23 Beamten der Aufschub des Ruhestands gestattet worden, darunter einem der Polizeiinspektion (PI) Zweibrücken.

Wehner räumt ein, dass sich landesweit die Zahl nur eingeschränkt dienstfähiger Beamten auf rund 1000 erhöht habe. "Insbesondere der hohe Altersdurchschnitt der rheinlandpfälzischen Polizei kann hier als Hauptursache genannt werden, welcher bei den westlichen Polizeipräsidien in Rheinland- Pfalz überproportional auftritt." In den nächsten Jahren und infolge der Einstellung jüngerer Kollegen aber "verjüngt sich der Personalkörper und die Folgen des hohen Altersdurchschnitts werden gesenkt", erklärt Wehner.

Der Sprecher relativiert auch einige Daten, die Jörg Marx, Geschäftsführer der Jungen Union Zweibrücken-Land, nach einer Anfrage zur Polizeisituation in der Region vom Innenministerium erhalten und publik gemacht hatte. So stimme es nicht, dass im abgelaufenen Jahr bei der PI Zweibrücken elf Kollegen pensioniert worden seien. Dies sei Anfang 2015 geplant gewesen. Damals hatte die Landtagsabgeordnete Susanne Ganster (CDU) nachgefragt - die ihr erteilte Antwort hatte das Ministerium im Herbst 2016 an Marx geschickt. Tatsächlich seien nur sieben Beamte der PI Zweibrücken pensioniert worden. Diese Abgänge würden berücksichtigt.

Und warum hat das Ministerium Marx einige Daten - etwa zu Überstunden, Urlaubszeitkonten, Unterbesetzung - gar nicht geliefert? Man halte "zu den im Einzelnen von der JU gestellten Fragen keine Datenbestände vor", so Wehner. Die Datenerhebung sei zu aufwendig. Man habe Marx die Antwort auf die ältere Ganster-Anfrage geschickt, weil diese einen Großteil der Fragen beantwortete, so Wehner. Auf Merkur-Nachfrage, wie hoch von 2007 bis 2016 die Krankenquote der PI Zweibrücken war, schreibt Wehner, dem Ministerium lägen "keine Daten der Dienststelle" vor.

Auf Marx' Frage, warum das PP Westpfalz trotz mehr Personal für die WM 2006 landesweit über Jahre den höchsten Krankenstand hatte, schreibt Wehner: "Es besteht objektiv betrachtet keine Kausalität zwischen Personalgröße und Krankenstand." Und warum sich dort zwischen 2003 und 2009 rund 10 000 Überstunden ansammelten, großteils nach der WM, lasse sich "in Ermangelung von konkretem Datenmaterial nicht abschließend aufklären". Ein Anstieg sei wohl auf die Einsätze rund um die WM zurückführen, "spätere Sprünge sind vermutlich auf Personalveränderungen von Beamten mit hohen Mehrarbeitsständen zurückzuführen".

Welche Auswirkungen in Zweibrücken Pensionierungen oder Krankenstände seit 2003 auf Schichtdienste, die Attraktivität Zweibrückens als Dienststandort und die Aufklärungsquote hatten, "wäre ohne Mutmaßungen nicht zu beantworten", so Wehner.

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