„Jahreszeiten“ Atemlose Spannung in der Himmelsbergkapelle

Zweibrücken · Unter dem Motto „Jahreszeiten“ inszenierte die international angesehene Zweibrücker Künstlerin Margarete Palz eine Wort-Tanz-Klang-Collage mit Tanzskulpturen in der Himmelsbergkapelle.

 Die Collage aus Farben, Tanz, Text und Klang faszinierte mehr als 90 Besucher in der Himmelsbergkapelle.

Die Collage aus Farben, Tanz, Text und Klang faszinierte mehr als 90 Besucher in der Himmelsbergkapelle.

Foto: Cordula von Waldow

Den mehr als 90 erwartungsvollen Gästen bot sich am Samstagabend ein ungewohnter Anblick in der gut besetzten Himmelsbergkapelle. Farbenfrohe Tücher verhüllten den Altar, die Leuchterhalter an der Wand, das Klavier und schufen so eine neue Atmosphäre im Raum. Im Foyer warteten bunt-schillernde Kostüme darauf, angezogen und inszeniert zu werden. Pfarrerin Elisabeth Brach, Vorsitzende des gastgebenden Vereins „Kultur in der Himmelsbergkapelle“, kündigte mit „Jahreszeiten“ eine Collage aus Farben, Tanzskulpturen, Text und Klang an.

Flötentöne erklangen. Wer genau hinschaute, bemerkte, dass Bernd Wegener diese Töne zusammengebundenen Schläuchen entlockte. Richtig, eine Hirtenflöte. Dies wurde klar, als Gerhard Kaiser in seiner Rezitation „Septemberabend“ aus der Feder von Max Dautendey (1867-1918) von Hirtenjungen berichtete. Und dann kamen sie, aus dem Hintergrund, durch die Reihen der Zuschauer hindurch: Drei schwarz gekleidete Gestalten, je eine Schüssel mit Blättern in den Händen. „Es ist Herbst.“ Die Klänge veränderten sich, ausgestreute Blätter segelten zu Boden. Die „Fledermäuse“ aus dem Gedichttext flogen zurück ins Off.

Atemlose Spannung herrschte in der Krankenhauskapelle. Was kam jetzt? Ungewohnte Geräusche erzeugte der Klangvirtuose am Gong, fast wie heulender Wind. Die Trinität aus Klang, Wort und Tanz entführte das staunende Publikum in eine fremde, fast mystische, märchenhafte Welt.

Ausdrucksstark rezitierte der Germanist Gerhard Kaiser hinter dem Rednerpult, in unauffälliges Schwarz gekleidet, die von ihm ausgewählten Texte. Acht Dichter, von Friedrich Hölderlin (1770-1843) bis Ingeborg Bachmann, die bis 1973 gelebt hat, führten quer durch das 19. und beginnende 20. Jahrhundert. Gerhard Kaiser beherrschte kunstvoll den Spannungsbogen mit Kunstpausen zwischen den einzelnen Text-Szenen. Verheißungsvoll raschelten aus dem Off des Foyers die Kostüme. Mit klackenden Kastanien, zu Boden oder auf die große Trommel fallenden Hölzchen, mit dem Bogen zum Klingen gebrachten Becken und zuletzt auf dem Xylophon untermalte und interpretierte Bernd Wegener Worte und Szenen, bald zart, bald akzentuiert. Bei dem Gedicht von den Fischen ließ er Wasser in einer Schüssel schwappen wie Flossenschläge. Diese nahmen die beiden tanzenden „Fische“ in ihren bunten Kostümen mit Handflossen und Schwanzflossen in ihren Bewegungen auf, „schwammen“ und sprangen, umarmten sich bei „erkennt Bruder und Schwester“.

Der subtile Spannungsbogen quer durch alle Szenen endete nach dem dramatischen Auftritt der schwarzschattenden, fest gewurzelten Kastanie in einem strahlenden Finale. Zuckende, knisternd untermalte Feuerflammen, zwei Drachenwesen und zum guten Schluss die mit einem Sonnenblumenkranz strahlend aufgehende Sonne vermittelten zu dem Gedicht von Conrad Ferdinand Meyer Licht Hoffnung und Zuversicht.

„Nehmen Sie diese Atmosphäre mit und zehren Sie lange davon“, lud Margarete Palz zum Schluss der knapp 60-minütigen Vorstellung ein. Die international erfolgreiche Zweibrücker Künstlerin hatte die Kostüme geschneidert und die Tanzchoreografie einstudiert. Gemeinsam mit Gerhard Kaiser und dem Klangvirtuosen Bernd Wegener hat sie bereits zahlreiche Aufführungen gestaltet. Auch diese war ein Unikat, mit der Raumdekoration eigens konzipiert für die Himmelsbergkapelle.

Immer wieder erklatschten sich die Zuschauer den Auftritt und die Verneigung der acht Künstler. „Die Kostüme waren faszinierend, Worte und Klänge perfekt aufeinander abgestimmt“, begeisterte sich die Zweibrückerin Gaby Maue. Sie erlebte Margarete Palz und ihre Performance zum ersten Mal.

Auch Willy Hunsicker, Vorstandsmitglied aus Rosenkopf, war hingerissen von der gerade erlebten, eindrucksvollen Kombination aus Kostümen, Texten und Klängen. „Es hat mir wunderbar gefallen“, schwärmte er.

Kommende Termine in der Himmelsbergkapelle:

Freitag, 2. November, 20 Uhr, Paul Schmidt – Bilder – Skulpturen – Mediation „Mensch und Schöpfung“, Donnerstag, 15. November, 19 Uhr, Balladenabend mit Gesang und Klavier, Hildegard Baum, Marina Kavtaradze, Anita Bischoff.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort