Dealer-Prozess in Zweibrücken Kronzeuge belastet mutmaßliche Halter von Drogenbunkern
Zweibrücken · Das Landgericht Zweibrücken hat in der vergangenen Woche eine der vier parallel laufenden Verhandlungen gegen insgesamt elf Männer fortgesetzt, die in der Südwest- und Saarpfalz mit Rauschgift gehandelt haben sollen.
Seine Rolle als Kronzeuge setzt ihm offensichtlich zu: In der vergangenen Woche verlor der 37-Jährige während seiner (wiederholten) Befragung vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken, wo einer der vier großen Drogenbanden-Prozesse fortgesetzt wurde, plötzlich die Fassung, brach in Tränen aus. Die Gefühlsentladung wurde wohl durch die Frage der Vorsitzenden Richterin Susanne Thomas ausgelöst, warum er sich denn entschlossen habe, auszusagen und ob es ihm schwer gefallen sei, dadurch die anderen angeklagten mutmaßlichen Drogenbandenmitglieder zu belasten.
Von seiner Aussagebereitschaft verspreche er sich eine „Strafmilderung“, antwortete der 37-Jährige, der sich demnächst selbst wegen bandenmäßigen Drogenhandels vor Gericht verantworten muss. Derzeit befindet er sich in einem Zeugenschutzprogramm, hält sich an einem geheimen Ort auf und verlässt sein Domizil nur, wenn er als Zeuge gehört werden soll – dann bis in den Gerichtssaal hinein bewacht von mehreren Personenschützern der Polizei. Die meisten der Angeklagten seien ihm seit frühester Jugend bekannt, mit einige sei er befreundet, sagte der 37-Jährige. Zunächst habe er sich schwer damit getan, gegen sie auszusagen, habe kein „Verräter“ sein wollen. Doch einer der Beamten, der ihn nach seiner Verhaftung vernommen hatte, habe ihm damals gesagt: Ein „Verräter“ sei er in jedem Fall – ob nun gegenüber seinen Freunden oder gegenüber seiner Familie, die er mit seinem Verhalten enttäuscht hätte. Er habe sich dann für seine Familie und dafür entschieden, in Sachen Drogenhandel reinen Tisch zu machen, sagte der 37-Jährige mit belegter Stimme: „Ich wollte meiner Mutter wieder in die Augen schauen können.“
Und so benannte er die beiden am Dienstag und am Donnerstag vergangener Woche auf der Anklagebank sitzenden 26- und 36-jährigen Männer als jene, die gemeinsam mit einem in einem anderen Prozess angeklagten 31-Jährigen vor allem als Drogenbunker-Halter der Bande in Erscheinung getreten waren. Demnach habe er in deren Wohnungen und anderswo von ihnen deponiertes Marihuana oder Amphetamin abgeholt – oftmals kiloweise, berichtete der 37-Jährige im Zeugenstand. Ab und an sei er für sie als Kurierfahrer unterwegs gewesen. Um die erhaltenen Drogen zu bezahlen, habe er sich manchmal das Geld bei Bekannten borgen oder sogar einen Bank-Kredit aufnehmen müssen. Mit dem 26-jährigen Angeklagten habe er auch mal „Geschäfte unter der Hand“ gemacht, also von ihm Drogen bezogen, ohne dass die führende Köpfe der Bande davon gewusst hätten, berichtete er. Der 26-Jährige sei es auch gewesen, der sich um eine in einer Scheune in einem kleinen Ort im Landkreis Kusel betriebene Cannabis-Plantage und ein dortiges Labor gekümmert habe, in dem die synthetische Droge Amphetamin hergestellt worden sei, gab er zu Protokoll.
In den vier parallel laufenden Verfahren müssen sich seit April 2021 elf Männer wegen des Vorwurfs bandenmäßigen Drogenhandels verantworten, die sich laut Anklage Mitte 2018 zusammengeschlossen und bis November 2020 in über 100 Fällen kiloweise Betäubungsmittel im Millionen-Wert umgeschlagen haben. Dabei sollen sie Marihuana, Amphetamin, Kokain und Haschisch bei Lieferanten vor allem im Rhein-Main-Gebiet oder übers Internet erworben und in der Südwest- und Saarpfalz, konkret auch in Pirmasens und Zweibrücken, gewinnbringend weiterverkauft haben. Die Prozesse werden fortgesetzt.