Kriminalität Gensch: Intensivstraftäter abschieben

Zweibrücken · Der Zweibrücker Landtagsabgeordnete bemängelt Informationsfluss und Abschiebezahlen bei ausländischen Tätern.

 Christoph Gensch sagt, bei Kontrolle und Abschiebung von Intensivstraftätern liege viel im Argen.

Christoph Gensch sagt, bei Kontrolle und Abschiebung von Intensivstraftätern liege viel im Argen.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Rheinland-Pfalz hat ein Problem mit der Kontrolle und der Abschiebung von ausländischen Intensivstraftätern. Das meint der Zweibrücker Landtagsabgeordnete Christoph Gensch (CDU). 334 Intensivstraftäter im Land seien dem Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz nach Abschluss eines Untersuchungsprojektes vor einem halben Jahr bekannt gewesen. Das LKA habe aber nur einen Teil der betreffenden Personendatensätze an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier geschickt – und abgeschoben worden sei nur eine Person, moniert der 39-Jährige. „Die Datensätze müssen umgehend an die ADD übermittelt und an die betroffenen Kommunen weitergeleitet werden. Dies ist unabdingbar, um vor Ort gegen diese Personen vorzugehen“, so Gensch.

Hintergrund seiner Forderung ist eine LKA-Auswertung namens „Erkennen von Risikopersonen aus der Zuwanderungsbewegung im Bereich des islamistischen Terrorismus“ – kurz AERBiT. Deren Ziel ist es, Risikopersonen zu ermitteln, die bislang im Bereich der Allgemeinkriminalität aufgefallen sind – „die aber auch Bezüge zu politisch motivierter Kriminalität in der Ausprägung einer religiösen Ideologie aufweisen können“. So die Definition des rheinland-pfälzischen Innenministeriums  in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage von Gensch im Landtag.

Das Projekt wurde als Reaktion auf den Anschlag von Anis Amri auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 ins Leben gerufen. Das Untersuchungsraster erfasst Männer zwischen 14 und 35 Jahren, die eine schwere Straftat wie Mord oder mindestens sechs andere Straftaten begangen haben. Erfasst werden Männer aus 18 definierten Ländern, in denen Terrororganisationen aktiv sind.

Unter akutem Terrorverdacht stehen die ermittelten Personen nicht, es sei aber „ein Frühwarnsystem“, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz im April. Auch Integrationsstaatssekretärin Christiane Rohleder (Grüne) befürwortete das „präventive Projekt“.

Gensch hält AERBiT grundsätzlich ebenfalls für eine gute Sache: „Das Projekt macht Sinn“, findet der 39-Jährige. Allerdings seien Faktenlage und Informationsfluss angesichts des Umstandes, dass der Suchlauf nach Risikopersonen bereits im Dezember abgeschlossen gewesen sei, unzureichend. 334 Risikopersonen wurden durch AERBiT ermittelt. Stand 28. Mai wurden vom LKA laut Ministerium aber lediglich Angaben zu 146 Personen an die ADD übermittelt. Stand 1. Juni lagen zudem nur bei 47 Personen gesicherte Erkenntnisse zu einer Meldeanschrift vor. Bei fünf Personen gab es überhaupt keine Information zum Aufenthaltsort. Und bei 273 Personen dauere die „Verifizierung der Meldeanschriften“ durch das LKA noch an, so das Ministerium weiter.

„Ich fordere, dass man uns mitteilt, warum nur von 47 Personen eine gesicherte Meldeanschrift vorliegt. Bedeutet das, dass wir von 273 keine gesicherten Kenntnisse über den Aufenthaltsort haben?“, ärgert sich Gensch. Auch will der Christdemokrat wissen, wieviele Intensivstraftäter es in Zweibrücken, Pirmasens und im Südwestpfalzkreis gibt: „Sechs Monate nach Ende des Auswertungszeitraums herrscht noch immer Unklarheit“, beklagt er.

Der aus seiner Sicht zähe Informationsfluss ist nicht sein einziger Kritikpunkt. Auch dass bislang nur eine Risikoperson abgeschoben wurde, kann er nicht nachvollziehen.

Das Ministerium erläutert, insgesamt seien 25 Personen vollziehbar ausreisepflichtig. In mehreren Fällen seien Ausweisungsverfahren oder Vorbereitungsmaßnahmen bereits eingeleitet – allerdings seien unter den vollziehbar Ausreisepflichtigen auch sechs somalische Staatsbürger, die im Augenblick aus „tatsächlichen und rechtlichen Gründen“ nicht zurückgeführt werden könnten. Das Ministerium legt in seiner Antwort an Gensch zudem Wert darauf, dass es sich bei den Straftätern „nicht zwangsläufig um Geflüchtete“ handele. Zudem seien nicht alle ermittelten Personen Intensivstraftäter. Gensch will diesen Ausführungen nicht folgen, bezeichnet die Aussagen als „Relativieren“. Denn das Personenraster von AERBiT sei ja gerade darauf ausgerichtet, Intensivstraftäter zu ermitteln. Gensch räumt zwar ein, dass nicht jede ermittelte Person ein Flüchtling sei, „den Kern des Problems“, treffe es aber dennoch.

Der 39-Jährige bekräftigt: „Aus meiner Sicht hat jeder, der sich auf dieser Liste befindet, sein Aufenthaltsrecht verwirkt. Wir haben Rücksprache mit Kommunen gehalten. Die wissen gar nicht, wo die betreffenden Personen wohnen. Wenn wir dieses Problem nicht ansprechen und ihm begegnen, ist das Klima vergiftet. Wenn dann etwas passiert, brauchen wir nicht mehr über gesellschaftliche Spaltung zu diskutieren – dann ist sie da.“ Sein Anliegen will Gensch auch in den Plenarsitzungen in dieser Woche im Landtag vorbringen.

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