Konstruktionsfehler am Flughafen

Vor der Landtagswahl 2006 gab es am Flughafen Zweibrücken kaum kommerziellen Flugbetrieb

Vor der Landtagswahl 2006 gab es am Flughafen Zweibrücken kaum kommerziellen Flugbetrieb. Die Aussichten schienen so düster, dass unsere Zeitung alle Wahlkreis-Kandidaten fragte: "Welche Nutzung können Sie sich für den Flughafen vorstellen, sollte er in den nächsten fünf Jahren geschlossen werden?" Doch nach der Wahl setzte ein rasanter Aufschwung ein, der trotz Rückschlägen dazu geführt hat, dass Zweibrücken heute sogar Saarbrücken als d e n Ferienflughafen unserer Region abgelöst hat.Dieser Aufschwung hat aber offensichtlich dazu geführt, dass sich viele Zweibrücker Politiker beruhigt zurücklehnen. Seit Jahren kämpfen sie mit viel Herzblut für die Vision einer Zugverbindung nach Homburg, beim Flughafen aber schaut niemand so genau hin, selbst wenn die Berlin-Verbindung gekappt wird. Obwohl Zweibrücken sogar Anteilseigner ist, wird selbst im sonst so diskutierfreudigen Stadtrat nie über den Flughafen gesprochen. Und auch die Landtagskandidaten schweigen sich aus über ernste Probleme am Flughafen Zweibrücken. Die sind diese Woche wieder sehr deutlich geworden. Bei der Aufrüstung auf das Nebellandesystem Cat 2 hat es an Blindheit und Dilettantismus grenzende Fehler gegeben. Spätestens im Juli 2008 war sogar der breiten Öffentlichkeit klar (denn der Merkur berichtete ausführlich): Cat 2 erfordert eine viel größere seitliche Hindernisfreiheit als bisher - was mit dem geschützten Wald neben der Landebahn kollidiert. Doch erst im März 2010 "wurde die Cat 2-Thematik erstmals in der Aufsichtsratssitzung angesprochen", räumt heute die Landesregierung ein - ein halbes Jahr nachdem Cat 2 hätte in Betrieb gehen sollen. Und ein halbes Jahr bevor Germanwings vor allem wegen des Fehlens von Cat 2 seinen Rückzug ankündigte. Unglaublich, dass die Flughafen-Geschäftsführung davon ausging, keine Ausnahmegenehmigung zu brauchen, obwohl in den einschlägigen Vorschriften klar steht, dass man sie braucht.

Blindheit und Dilettantismus, ja - aber es wäre wenig zielführend, mit dem Finger auf die Geschäftsführung zu zeigen. (Selbst wenn sie diese Woche sogar noch fälschlich behauptet hat, die Anflugbefeuerung von Cat-Flughäfen müsse grundsätzlich nur 420 statt 900 Meter lang sein.) Das eigentliche Problem liegt an der Konstruktion der Flughafen-Führung. Beide Geschäftsführer haben einen anderen Vollzeit-Job - als Geschäftsführer des Zweibrücker Entsorgungsbetriebs (Werner Boßlet) beziehungsweise des Flugplatzes Speyer (Michael Keller). Boßlet ist überdies branchenfremd - und Keller war gesundheitsbedingt monatelang ausgefallen. Soll man den Beiden allein das Cat 2-Desaster ankreiden? Nein: Die Politiker im Aufsichtsrat (Branchenexperten fehlen dort ...) haben es versäumt, für die Geschäftsführung eine professionellere Konstruktion zu finden. Das ging gut, als Zweibrücken noch ein Provinzlandeplatz war - ein internationaler Verkehrsflughafen braucht versierte Branchenexperten, die sich mit technischen Fragen auskennen und auf Augenhöhe mit Fluggesellschaften verhandeln können.

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