Kommentar zu geplanter Zweibrücker Migranten-Anwerbung Nicht jedes Rezept hilft gegen Ärztemangel

Warum sollen hoch verschuldete Kommunen den Preis für die Versäumnisse Anderer zahlen?

Die Stadt strebt an, eine Firma in Niedersachsen zu beauftragen, ein Projekt zu leiten, das ausländische Ärztinnen und Ärzte nach Zweibrücken locken soll. Dies soll verhindern, dass künftig Praxen schließen müssen, weil zu viele Mediziner in Ruhestand gehen und es zu wenig medizinischen Nachwuchs gibt.

Das klingt für mich zwar sympathisch – aber nach noch zu wenig durchdachtem Aktionismus. Erst recht nach der Stadtratssitzung am Mittwoch. Da konnte Bürgermeister Christian Gauf nicht mal die Frage beantworten, ob es denn in Zweibrücken überhaupt schon Ärztemangel gebe oder in welchen Fachrichtungen er drohe. Klar ist: Im Kreis Südwestpfalz, der die Projekt-Teilnahme ebenfalls prüft, ist die Gefahr größer.

Aber selbst wenn Zweibrücken ein Ärztemangel droht, sollte man das Projekt kritisch hinterfragen, bevor man viel Steuergeld (was auch die erhofften Zuschüsse wären!) dafür ausgibt. Für die Versorgungssicherheit in Deutschland sind die Kassenärztlichen Vereinigungen zuständig. Warum sollen sie für hoch verschuldete Kommunen in die Bresche springen?

Dem könnte man entgegnen: Wenn die KV nicht genug tut, ist es durchaus sinnvoll, wenn Kommunalpolitiker sich darum kümmern, dass „ihre“ Bürger auch künftig medizinisch gut versorgt sind.

Aber: Maßnahmen müssen mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit zielführend sein. Und da habe ich meine Zweifel. So berichtete der das Projekt präsentierende Arzt in der Ratssitzung, dass medizinischer Nachwuchs sich oft nicht im ländlichen Raum niederlassen wolle. Mit Verlaub: Wenn das schon Deutsche nicht wollen – wie kann man dann auf die Idee kommen, dass Ausländer das wollen? Ganz aktuell ist zu beobachten, wie es aus der Ukraine Geflüchtete in Metropolen wie Berlin statt aufs Land zieht, weil dort schon viele Landsleute und damit ein Stück Heimat leben. Bei vielen Syrern ist dies ähnlich. Vielleicht gelingt es, Teilnehmende für das „Trainee-Programm“ zu gewinnen. Aber: Die Gefahr ist groß, dass ein großer Teil dies als Sprungbrett nutzt, und nach den 28 Monaten in eine Praxis oder ein Krankenhaus in einer Großstadt wechselt. Das Projekt kostet pro Teilnehmer wohl über 70 000 Euro – dieses Geld wäre dann für Zweibrücken in den Sand gesetzt.

Wäre da nicht doch ein wirksameres Rezept, die Bundesländer nähmen endlich mehr Geld in die Hand, um mehr Medizin-Studienplätze zu schaffen?

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort