Kolumne: Neulich . . .  Natürlich jetzt!

Neulich fiel ich schwer in den Sitz meines Wagens, der mich wohlig temperiert empfing. Die Sonne hatte ihn aufgewärmt, was nicht schwer war bei einem dunklen Auto, das so lange auf dem Parkplatz hinter der Wurstbude stand.

 Kolumnistin Sarina Keller

Kolumnistin Sarina Keller

Foto: Keller

Niemand im Auto registrierte das allerdings wirklich, die Gedanken kreisten noch um das, was man gerade gehört und mitbekommen hatte. Wir waren viel länger weg als eigentlich gedacht, stundenlang, statt eine Stunde. Die Zeit verging so unerwartet schnell und blieb gefühlt gleichzeitig stehen. Irgendwie fühlte sich das Ganze auch nach einem Zeitsprung in die Vergangenheit an. Und nach vorne in die Zukunft zu schauen, machte gerade auch keine Freude! Das Gespräch mit dem Arzt kam mir in den Sinn und mein Blick, der ins Leere rutschen wollte, blieb an meiner Windschutzscheibe außen hängen. Dort flatterte etwas Weißes unter meinem Scheibenwischer! Wie sich herausstellte klebte ein Verwarngeld an meinem Auto, weil mein Parkticket für einen Euro und eine Stunde deutlich überschritten wurde. Na toll! Wut kam auf, was das denn jetzt solle in dieser Situation? Man ist im einzigen Krankenhaus dieser Stadt, will einen Besuch machen, die Situation im Zimmer verlangte nach einem ausführlichen Arztgespräch, das auf sich warten ließ, weil der behandelnde Arzt am Ende seiner Zwölf-Stunden-Schicht war und er sich schlichtweg klonen müsste um das alles schneller hinzubekommen.

Natürlich wartet man da geduldig. Natürlich kümmert man sich dann in der Wartezeit um den Patienten. Natürlich hat man dann die Zeit im Blick, aber eben nur insofern, dass man die Minuten bis der Arzt kommt, kennt. Natürlich denkt keiner in dieser Situation an die pflichtbewusste Politesse, die nur ihre Regeln des einzigen großen Parkplatzes in der Nähe des einzigen Krankenhauses befolgt und jedem das gleiche Strafticket ausstellt, der sich nicht an die Zeitregeln hält.

Natürlich ist die 20-Euro-Verwarnung, die mich dafür bestraft, dass ich einen lieben Menschen im Krankenhaus sinnvoll betreute, jetzt vollkommen bedeutungslos.

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