Klinikschließung heute vor Gericht

Zweibrücken · Die Folgen der Schließung des Evangelischen Krankenhauses in Zweibrücken sind heute vor dem Arbeitsgericht zu spüren: 39 Kündigungsschutzklagen werden verhandelt. Verdi spricht beim Handeln des LVIM von „Drohkulisse“.

 Das Herz der Mitarbeiter hing bis zuletzt am Evangelischen Krankenhaus. Foto: Marco Wille

Das Herz der Mitarbeiter hing bis zuletzt am Evangelischen Krankenhaus. Foto: Marco Wille

Foto: Marco Wille

Knapp dreieinhalb Monate nach dem Aus des Evangelischen Krankenhauses Zweibrücken sind immer noch mindestens 86 der damals rund 400 Angestellten ohne neuen Job. Das bestätigt Mark Rheinheimer, Sprecher der für Zweibrücken zuständigen Agentur für Arbeit Kaiserslautern-Pirmasens auf Merkur-Anfrage. Etwa 80 Mitarbeiter plus 20 Auszubildende wurden vom Zweibrücker Nardini-Klinikum übernommen, zuletzt hatte der Medizindienstleister MD Medicus 25 Mitarbeiter eingestellt. Auch Kinderpflegedienst.com, das im Haus Bickenalb eine ambulante Kinderpflegeklinik betreiben will, oder das Homburger Uniklinikum haben Personal des Evangelischen unter Vertrag genommen. 53 Beschäftigte der LVIM-Servicegesellschaft waren in eine Transfergesellschaft gewechselt, um sich weiterzuqualifizieren. Darunter vor allem Hausmeister, Küchen- und Reinigungspersonal sowie Lagerarbeiter. Derzeit seien hier 40 Männer und Frauen mit Wohnsitz in der Westpfalz gemeldet. Die übrigen 13 könnten entweder bereits einen Job gefunden haben oder aber etwa ihren Wohnsitz im Saarland haben und entsprechend dort erfasst sein, so Rheinheimer. Genauso verhalte es sich bei den direkt beim Landesverein für Innere Mission in der Pfalz (LVIM) Angestellten. Aktuell seien 46 von ihnen mit Wohnsitz in der Westpfalz arbeitssuchend oder arbeitslos gemeldet.

Wer im Zuge der Klinikschließung die Kündigung erhalten hatte, wandte sich nicht selten an die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Deren Beauftragte Sabine Schunck erklärt, dass man 53 Kündigungsschutzklagen über die Anwälte der Rechtsschutzabteilung des Deutschen Gewerkschaftsbundes geführt habe. Aktuell verhandelten diese mit der LVIM-Justizabteilung. "Manche haben inzwischen einen anderen Job bekommen. Wer selbst kündigte oder einen Aufhebungsvertrag unterschrieb, musste die Klage fallen lassen", erklärt Schunck. In der Weihnachtszeit seien einige Klagen mit Vergleichen abgeschlossen worden. "Faustformel in der realen Welt ist dabei mindestens die Hälfte des Bruttolohns mal Anzahl der Beschäftigungsjahre im Unternehmen", schildert Schunck. Aktuell liefen noch 39 der Klagen, die heute ab 9.30 Uhr vor dem Zweibrücker Arbeitsgericht in den Räumen des Oberlandesgerichts öffentlich verhandelt würden.

Schunck erläutert, dass Mitarbeiter die Abfindungen behalten dürften, die im Rahmen des Vergleiches erzielt würden. Anders verhalte es sich teilweise mit Abfindungen , die der LVIM freiwillig gezahlt habe. Diese müssten zurücküberwiesen werden, wenn man zu einem Arbeitgeber im kommunalen, kirchlichen oder diakonischen Bereich wechselt - nur bei Dienstantritt in einer privaten Firma dürfe man sie behalten, kritisiert Schunck. Sie berichtet weiter, dass alle, die eine Kündigungsschutzklage eingereicht hätten, nur bis 31. Dezember 2016 freigestellt seien. Wer nicht klagte, sei bis zum Ende des Kündigungsschutzes - bei den meisten also Ende März - freigestellt worden. Für Schunck ein "Drohszenario" des LVIM, denn diese Mitarbeiter könnten jetzt theoretisch noch mal zum Dienst verpflichtet werden. "Wenn der LVIM das will, muss er sich melden", so Schunck. Es gelte dann allerdings der alte Vertrag, der in der Regel das Evangelische Krankenhaus am Oberen Himmelsberg als Einsatzort ausweist. "Und das Evangelische gibt's ja nicht mehr", skizziert Schunck die Problemlage.

Die Arbeitszeugnisse für die Angestellten seien grundsätzlich wohlwollend formuliert worden, findet Schunck auch lobende Worte für den Landesverein. Allerdings gleich gefolgt von einer neuerlichen Schelte. In den Zeugnissen passten die Bewertungen einzelner Kriterien oft nicht zu dem Gesamturteil. "Ich bin bei der Durchsicht auch auf die Formulierung gestoßen, dass jemand bei den Mitarbeitern für gute Stimmung sorgte. Das ging natürlich gar nicht", so Schunck. Aufgefallen sei ihr auch, dass bei manchen Mitarbeitern die Schlussformulierung fehle. Auf solche Diskrepanzen angesprochen habe der LVIM allerdings immer Korrekturen veranlasst. Die Verdi-Expertin: "Bisweilen fehlt der Dank für die geleistete Arbeit ganz oder es ist nur ein kleiner Satz. Wenn sich jemand in den Formulierungen auskennt, ist das schon herabwürdigend."

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