Kleider-Kampf mit harten BandagenUBZ erarbeitet Konzept für kommerzielle Kleidersammlungen

Zweibrücken. Klappe auf, Altkleider rein, Klappe zu, gutes Werk getan: Wer beim Entsorgen seiner Ex-Lieblingshemden und -Hosen so denkt, liegt oft daneben. Denn nicht immer landen die Textilien bei Bedürftigen. Firmen verhökern die Sachen und machen Reibach mit dem guten Gewissens entsorgten

 Links ein Rot-Kreuz-Container, dessen Inhalt karitativ benutzt wird. Rechts der Blicker-Container vorm Hilgard-Haus. Die Kleider darin sollen in Second-Hand-Läden verkauft werden oder als Dachpappe enden. Fotos: Eric Kolling

Links ein Rot-Kreuz-Container, dessen Inhalt karitativ benutzt wird. Rechts der Blicker-Container vorm Hilgard-Haus. Die Kleider darin sollen in Second-Hand-Läden verkauft werden oder als Dachpappe enden. Fotos: Eric Kolling

Zweibrücken. Klappe auf, Altkleider rein, Klappe zu, gutes Werk getan: Wer beim Entsorgen seiner Ex-Lieblingshemden und -Hosen so denkt, liegt oft daneben. Denn nicht immer landen die Textilien bei Bedürftigen. Firmen verhökern die Sachen und machen Reibach mit dem guten Gewissens entsorgten. Ein Umstand, der kürzlich im Merkur-Gespräch etwa den Leiter des Deutschen Roten Kreuzes Südwestpfalz, Mario Sauder, auf die Palme trieb. Denn die aufgestellten Container sähen denen vom DRK täuschend ähnlich. 15 bis 20 vermutet Sauder im Stadtgebiet. Dafür ist laut Stadtsprecher Braun jeweils eine Genehmigung nötig, nicht so auf Privatgelände. Da muss aber der Eigentümer zustimmen. Was die Aufsteller offenbar nur bedingt stört. Ohne Einverständnis haben sie etwa einen Container auf der Rückseite des Hilgard-Hauses am Parkplatz platziert. "Der Container ist uns ein Dorn im Auge", sagt ein Sprecher des Ingenieurbüros Schenk, des Geländeeigentümers. Ursprünglich wollte der Besitzer des Hilgard-Center-Grundstücks, dm-Mitgesellschafter Günther Lehmann, gegen die Container-Aufsteller vorgehen. Name und Telefonnummer der Firma Blicker GmbH (siehe "Hintergrund") stehen auf dem Sammelbehälter drauf. Doch man hätte entgegnet, dass Lehmann gar nichts fordern könne, weil der Container nicht auf seinem Gelände stünde. "Die Jungs sind schlau, wir haben das überprüft und er steht wirklich exakt hinter der Grenze zum Hilgard-Haus. Die haben die Grenzen ganz genau gekannt", so ein Mitarbeiter des Büros Schenk, der namentlich nicht genannt werden will. Vier- bis fünfmal habe man Blicker in der Folge auf die Mailbox gesprochen und aufgefordert, den Container zu entfernen - ohne Reaktion. Das ergänzt Dieter Ernst, der den Edeka-Markt im Hilgard-Center betreibt: "Wir haben auch einen Fahrer angesprochen, der den Container geleert hat. Er sicherte zu, die Container würden umgehend entfernt werden. Das passierte nicht." Also fährt Eigentümer Schenk neue Geschütze auf. "Wir werden eine Frist wohl bis Ende nächster Woche setzen und den Container dann entfernen. Dann kann Blicker ihn gegen Auslösung der Abschleppkosten abholen. Wir sind da ganz andere Kaliber gewöhnt", so der Mitarbeiter.Wie seriös darf man die Firma Blicker denn einschätzen? Auch der Merkur erreicht nur ein Band mit Dauerpiepsen. Doch einer der Schriftzüge auf dem Container bringt die Polizei auf den Plan. So setzt die Firma angeblich 2500 Euro Belohnung für denjenigen aus, der Hinweise auf Container-Diebe gibt. Denn ihre - teils illegal platzierten - Behälter würden "von Mitbewerbern in der Region" immer wieder gemopst. "Oder melden Sie den Diebstahl direkt bei der örtlichen Polizei, bei der wir bereits Anzeige erstattet haben", steht da weiter. Doch Manfred Bernhardt, stellvertretender Polizeichef Zweibrückens, weiß nichts von einer Anzeige. Auch er konnte die Firma gestern nicht erreichen.Foto: pma

Zweibrücken. Hätte die Stadt ein eigenes Konzept fürs private Kleidersammeln, könnte es dem Gebaren von Firmen wie Blicker einen Riegel vorschieben. Das ermöglicht das seit 1. Juni gültige Kreislaufwirtschaftsgesetz, erklärt Eckart Schwarz, Leiter Abfallwirtschaft beim Umwelt- und Servicebetrieb Zweibrücken (UBZ). Deshalb tüftelt der gerade ein System aus, wie Schwarz schildert. So will die Stadt private Sammlungen kanalisieren oder aus abfallrechtlichen Gründen untersagen können. Eine öffentliche Ausschreibung ist geplant, bei der eine Firma auserkoren werden soll. Vorausgesetzt, UBZ-Verwaltungs- und Stadtrat stimmen zu, könnte eine Firma dann etwa alle Standorte von kommerziellen Altkleidercontainern betreuen. Diese müsste bestimmte Kriterien erfüllen und sicherstellen, dass mit den eingesammelten Kleidungsstücken kein Unfug getrieben wird. "Denn im Moment kann jeder, der legal oder illegal einen Container aufstellt, mit gesammelten Kleidern machen was er will", so Schwarz.

In privat betriebenen Centern in ganz Deutschland würden diese nach Zustand und Wiederverwertbarkeit sortiert. Die besten verkaufe man wieder, die schlechtesten endeten etwa als Lumpen. Derzeit gibt es das System noch nicht, die Stadt hat also keine guten Möglichkeiten. Auch wenn die Stadt einer Privatfirma das Containeraufstellen nicht verbieten könne, so erklärt Schwarz, müssten die Unternehmen doch auch schon jetzt das Containeraufstellen anzeigen. Die Untere Abfallbehörde des Bauamts bearbeite dies, der UBZ als Träger der öffentlich-rechtlichen Entsorgung werde gehört. ek

Hintergrund

 Manfred Bernhardt

Manfred Bernhardt

Fünf gewerbliche Firmen und drei gemeinnützige Organisationen haben derzeit Kleidersammlungen angezeigt, sagt die Stadt auf Anfrage. Blicker GmbH zählt nicht dazu. Das Unternehmen erweckt durch eine Erläuterung, was es mit den eingeworfenen Kleidern macht, den Eindruck von Seriosität: Klamotten endeten als "Schnäppchen im Second-Hand-Markt" oder als "Dachpappe". Auch helfe es mit, Arbeitsplätze ohne Kosten für die Bürger zu schaffen. ek

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