Kirchenchor Wattweiler Wattweiler Kirchenchor erfindet sich neu
Wattweiler · Die beiden Wattweiler Chöre haben in Teilen zusammengefunden und bleiben als Kirchenchor mit neuer musikalischer Ausrichtung erhalten. Als Chorleiter wurde Oliver Duymel gewonnen.
Aus zwei mach eins – ist besser als keins. So könnte das an Goethes Dichtung „Faust“ angelehnte „Hexeneinmaleins“ in Wattweiler klingen. Vor der Coronazeit noch hatte der kleine Zweibrücker Ortsteil – mit 350 Gemeindegliedern eine der kleinsten protestantischen Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz – zwei Chöre: den traditionsreichen Kirchenchor sowie den nach einem Singprojekt gegründeten, jungen Chor „Sing4Fun“. Letzterer, unter der Leitung von Hartmut Guckel, hat sich in dieser Zeit aufgelöst, unter anderem, weil mit dem Zutritt zur Mauritius-Schule auch der Probenraum wegfiel.
Und auch das Überleben des Wattweiler Kirchenchors mit einer Vielzahl an betagten Sängerinnen und Sängern stand auf der Kippe. „Wenn wir dich nicht gefunden hätten, gäbe es unseren Chor nicht mehr“, bestätigten die Senioren dem 48-jährigen Oliver Duymel. Doch ein ganzes Team legte sich „unheimlich ins Zeug“. Sie gewannen gleich mehrere der ehemaligen „Sing4Fun“-Sänger für einen gemeinsamen Chor.
Hartmut Guckel kam auf der Suche nach einem neuen Dirigenten auf die Idee, Oliver Duymel zu fragen. Der umtriebige Niederländer, der bekannt dafür ist, einen völlig neu gegründeten Chor ebenso gut zum Leben zu erwecken, wie einen fast eingeschlafenen wiederzubeleben, antwortete neugierig: „Ich seh‘ mir das mal an.“
Begeistert stellte der Chorleiter fest: Trotz der zwei Jahre Gesangspause – „das ist, wie bei einem Sportler, der zwei Jahre nicht trainiert hat“ – waren die geübten Chorsänger noch fit. „Sie klingt wie eine Siebzigjährige, maximal“, sagt der Dirigent über die mit 86 Jahren älteste Sängerin. Bereits nach der dritten Singstunde trat der neue Kirchenchor an Pfingsten bei dem Festgottesdienst auf, in dem Oliver Duymels 85-jähriger Vor-Vorgänger, Walter Schneider, zum Ehrenpresbyter ernannt wurde.
Mittlerweile ist der neue, nach wie vor gemischte Kirchenchor auf mehr als 20 Sängerinnen und Sänger in vier Stimmen angewachsen. Fast die Hälfte davon ist ganz neu und viele haben zuvor noch nie in einem (Kirchen)Chor gesungen. Wer Oliver Duymel als Leiter etwa des Riedelberger Kirchenchors oder der „Duke-Town-Voices“ kennt, weiß, dass er auf seine ganz eigene Art seine Chöre dort abholt, wo sie stehen und mit ebenso viel Spaß wie Fingerspitzengefühl weiterentwickelt.
Der Stambacher freut sich, dass sich die ältere Generation auf Lieder zeitgenössischer Komponisten wie Kathi Stimmer-Salzeder oder Jacques Berthier einlässt und nicht dasselbe singen will wie vor 50 Jahren. Dabei gehören dem Chor durchaus Damen an, die bereits seit 60 oder gar 65 Jahren im Wattweiler Kirchenchor singen. „Ohne Unterbrechung“, wie sie stolz betonen.
Nico, der jüngste Sänger, ist 25 Jahre jung, sodass der neue Kirchenchor auch Generationen verbindet. Gerne umgestiegen in den Kirchenchor ist „Sing4Fun“-Sängerin Gabi Heilmann. Ihr gefallen die neuen Kirchenlieder ganz gut, obwohl sie „nicht unbedingt christlich ist“, wie sie offen zugibt. Doch sie betont: „Ich singe hier gerne mit, weil ich ganz wichtig finde, dass dieser Kirchenchor erhalten bleibt.“ Besonders für die Senioren bedeute der Chor Heimat und Gemeinschaft und fordere diese zudem körperlich und geistig.
Einen entsprechenden Dank richtet Erika Klensch als Vorsitzende in Reimform an den neuen Chorleiter, denn alle sind sich einig: „Wir sind glücklich, dass wir ihn haben. Wenn wir ihn nicht gefunden hätten, hätte sich der Kirchenchor aufgelöst.“
Zu den neu gewonnenen Sängern gehört auch Pfarrer Reiner Conrad, der bislang eher mit seiner Trompete in Erscheinung getreten ist. Er erhält Dank ebenso wie das Presbyterium, weil sich die Gemeinde trotz ihrer wenig rosigen Finanzlage einen Kirchenchor gönnt. Reiner Conrad sieht diesen als kulturelle Bereicherung für den Ort wie für die Gemeinde. Gerne schließt er sich dem Ziel von Oliver Duymel an: „Zehn Prozent der 350 Gemeindeglieder als Chorsänger!“
Dabei sind begeisterte Sänger von außerhalb herzlich willkommen. Bereits jetzt haben die ersten Saarländer den Chor auf der Höhe zwischen den Bundesländern für sich entdeckt. Eines ist sicher: Vom Kirchenchor Wattweiler wird zu hören sein.
Der Kirchenchor Wattweiler probt jeden Dienstag von 20 Uhr bis 21.30 Uhr im Gemeindesaal Wattweiler unterhalb der Kirche.