Gedanken zur Zeit Eingesperrt im gemütlichen Heim

Erinnern Sie sich noch an „Cocooning“? Dieser Trend begann in den Achtzigern und gewann besonders in den Jahren nach 2001 viele Anhänger: Man igelte sich zu Hause ein, wollte sich in den vertrauten, gemütlichen vier Wänden gegen die Welt da draußen absichern, eine Welt, die zunehmend unübersichtlich und bedrohlich erschien.

 Diana Lipps, Pfarrerin im protestantischen Kirchenbezirk Zweibrücken.

Diana Lipps, Pfarrerin im protestantischen Kirchenbezirk Zweibrücken.

Foto: Diana Lipps

Heute dagegen fühlen sich viele in ihrem Zuhause eingesperrt, geht die Sehnsucht dahin, sich wieder frei bewegen zu können und vor allem: sich wieder mit Verwandten und Freunden treffen zu können, sie in den Arm nehmen zu können. Gegenwärtig sind wir in unserer Gesellschaft zu großen Einschränkungen bereit, um alte und gefährdete Menschen zu schützen und unser Gesundheitssystem – hoffentlich – vor dem Zusammenbruch zu bewahren.

Unser Zuhause ist dabei keine Baracke im Flüchtlingslager mit einer Toilette für über 100 Personen, unsere Grundversorgung ist trotz aller Hamsterkäufe gewährleistet und kann sogar geliefert werden, gefährdeten oder gebrechlichen Personen helfen zahlreiche Freiwilligendienste bei der Versorgung mit Lebensmitteln. Eingesperrt im gemütlichen Heim – und doch leiden wir. Nicht nur, weil uns die Decke auf den Kopf fällt oder die Kinder inzwischen kaum noch zu bändigen sind; nicht nur, weil der Verdienst durch Kurzarbeit weniger wird oder sogar ganz wegbricht; nicht nur weil, wir nicht auf das geplante Fest gehen können oder die Urlaubsreise abgesagt ist – wir leiden, weil wir uns Sorgen machen um unsere Angehörigen, um uns selbst, um unser Leben nach dieser Epidemie, um die Zukunft.

Diese Zukunft liegt mit großem Fragezeichen vor uns und wir ahnen, dass es nicht um die Dinge geht, die wir online bestellen können oder in absehbarer Zeit einfach nachholen, nachkaufen werden. Ganz anderes ist da wichtig: unser Umgang miteinander, Rücksichtnahme auf Schwächere, Ausgleich zwischen Arm und Reich, vorausschauendes und nachhaltiges Wirtschaften mit den Erkenntnissen aus dieser Krise.

Die Kraft, dieser Ausnahmesituation zu begegnen, der Angst und Unsicherheit, auch Einsamkeit und Ungeduld, diese Kraft gewinnen wir durch das Vertrauen auf die Begleitung Gottes. Gott ist bei uns gerade in der Not. Christi Beispiel folgend, können wir uns unseren Nächsten zuwenden, um ihnen zu helfen und zu tun, was wir können. Das reicht von der telefonischen Nachfrage und Kontaktpflege über den stellvertretenden Einkauf, die Rücksicht auf Verkaufspersonal und Beschäftigte bei den Lieferdiensten bis zur Fürbitte und der Bereitschaft, unser künftiges Handeln zu überdenken. Letztlich liegt unsere Zukunft in Gottes treuen Händen: „Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ (Hebräer 13, 14)

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