Keine Mehrkosten für die Bürger

Zweibrücken. Hinter verschlossenen Türen wird derzeit an einer der wohl folgenreichsten politischen Entscheidungen der vergangenen Jahrzehnte in Zweibrücken gearbeitet - der Entwicklung einer "Stadt-Holding"

Zweibrücken. Hinter verschlossenen Türen wird derzeit an einer der wohl folgenreichsten politischen Entscheidungen der vergangenen Jahrzehnte in Zweibrücken gearbeitet - der Entwicklung einer "Stadt-Holding". Diese soll die Stadt-Tochterunternehmen UBZ, Gewobau und Stadtwerke unter einem Dach zusammenfassen - rechtlich so konstruiert, dass die Stadt Gewinne der Stadt-Töchter auch zum Abbau ihres Schuldenbergs (248 Millionen Euro) verwenden kann.Kurt Pirmann hatte bereits im Wahlkampf für solch eine Stadt-Holding geworben und sich auf seiner Internetseite dabei auf den Umwelt- und Servicebetrieb konzentriert: Der UBZ habe "erhebliche Gewinne erwirtschaftet", die für die "längst sanierte" Deponie "nicht mehr gebraucht werden". Aus diesen Gewinnen, so Pirmann, lasse sich "problemlos der Betrag abzweigen", der für den Eigenanteil Zweibrückens am Entschuldungsfonds nötig sei, "ohne den Bürgern über Gebühren in die Tasche greifen zu müssen".

Seitdem hat Pirmann zwar auch immer wieder deutlich gemacht, dass vor diesem Ziel der schwere Wege der Konstruktion der Stadt-Holding stehe. Doch ein Ende des Weges ist jetzt offenbar in Sicht: Noch dieses Jahr halte er einen Vertragsabschluss für möglich, sagte Pirmann im Merkur-Redaktionsgespräch (wir berichteten).

Über Details lassen allerdings unter Verweis auf die laufenden Gespräche und rechtlichen Prüfungen zwar weder Pirmann noch die Töchter-Geschäftsführer etwas nach außen dringen. Die Zahlen aber machen deutlich, dass die Stadt-Töchter es zu erheblich mehr Wohlstand gebracht haben als ihre Mutter Stadt: Die Rücklagen der Töchter betragen insgesamt 170 Millionen Euro (UBZ 95 Millionen, Gewobau 38 Millionen, Stadtwerke 14 und Stadtwerke Service GmbH 23 Millionen Euro).

Die Geschäftsführer lassen auf Merkur-Anfragen aber mehr oder weniger deutlich durchblicken, dass sie sich in die Pflicht nehmen lassen, obwohl sie rechtlich eigenständige Unternehmen sind - als GmbHs oder Anstalt des öffentlichen Rechts im Falle UBZ.

So sagt UBZ-Chef Werner Boßlet: "Jede der Töchter weiß, dass sie ohne die Mutter nie zu dem geworden wären, was sie heute sind. Wir sind uns alle einig: Wir wollen der Mutter Stadt dort helfen, wo es machbar ist." Boßlet betont, die UBZ brauche zwar durchaus noch viel Geld für die Deponie-Sanierung, insbesondere die Abdeckung - hierfür gehe durch die Stadt-Holding aber nichts verloren.

Boßlet unterstreicht außerdem, dass den Bürgern aufgrund der Stadt-Holding - es werde sich wohl um "eine reine Finanz-Holding" handeln - keine höheren Müll- oder Abwassergebühren drohen: "Wichtig ist, dass die Bürger das nicht belasten wird. Es werden keine Mittel eingesetzt, die von den Gebührenzahlern erwirtschaftet sind!"

Gewobau-Geschäftsführer Werner Marx entrüstet schon die Frage, ob er Miet-Erhöhungen ausschließen könne, wenn die Gewobau in den städtischen Schuldenabbau einbezogen wird: "Der Inhalt Ihrer Fragen geht an der Sache vorbei. Die Gründung einer Stadtholding hat weder etwas mit Mieterhöhungen, Verschiebung von Investitionen oder dem Zugriff auf Rücklagen zu tun." Im Übrigen sei er "der Auffassung, dass über Projekte, die sich in der Arbeitsphase befinden, keine öffentlichen Erklärungen abgegeben werden sollten".

Auch Stadtwerke-Geschäftsführer Werner Brennemann ist deshalb in Sachen Stadt-Holding wortkarg: "Dazu kann ich mich jetzt nicht äußern. Das ist das Projekt des Oberbürgermeisters. Man muss abwarten, bis das in trockenen Tüchern ist." Die rückläufigen Gewinne der Stadtwerke aufgrund des wachsenden Wettbewerbs auf dem Strom- und Gas-Markt (wir berichteten) sind für ihn aber kein Grund zur Sorge, dass die Stadtwerke Probleme bekommen könnten, wenn sie in die Stadt-Holding eingebunden werden: "Auch unsere letzten Gewinnabführungen zeigen, dass da einiges zusammenkommt." Foto: pma

"Jede der Töchter weiß, dass sie ohne die Mutter nie zu dem geworden wären, was sie heute sind."

Werner Boßlet

Mehr Transparenz wagen

Von Merkur-RedakteurLutz Fröhlich

Der Pirmann-Plan, den Reichtum der Töchter zum städtischen Schuldenabbau zu nutzen, verdient grundsätzlich alle Unterstützung. Denn auch aus steuerlichen Gründen wurden in den Vergangenheit die Aufgaben der Stadt-Töchter privatisiert. Was durchaus sinnvoll war, bleibt so doch mehr Geld in Zweibrücken statt beim Finanzamt. Doch auf Dauer ist klar, dass der städtische Schuldenberg höher und höher wird, wenn die lukrativen Aufgaben privatisiert sind und der Stadt nur die Kostenfaktoren bleiben. Deshalb ist auch lobenswert, dass die Chefs der Stadt-Töchter nicht auf ihre rechtliche Eigenständigkeit pochen, sondern sich von Pirmann in die Pflicht nehmen lassen. Wie das genau funktionieren soll, daraus machen Stadtspitze und Geschäftsführer aber noch ein Geheimnis. Das ist weniger gut - denn über so entscheidende politische Weichenstellungen sollte die Öffentlichkeit rechtzeitig informiert werden. Denn nicht alles, was gut klingt, stellt sich auch als gut heraus - so ist heute wohl jeder froh in Zweibrücken, dass Anfang des Jahrtausends erst durch eine breite öffentliche Diskussion die Cross-Border-Leasing-Pläne der Stadt gestoppt wurden. Zwar gibt es zurzeit nicht die geringsten Anzeichen, dass eine Stadt-Holding ähnliche Risiken haben könnte wie die zur Lösung der Zweibrücker Finanznöte angepriesene Kanalvermietung an US-Investoren - das Beispiel zeigt aber, dass Transparenz nicht nur unbequeme Debatten, sondern infolgedessen auch bessere Entscheidungen zur Folge haben kann.

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