Rathaussturm Keine Chance für die Stadtverwaltung

Die Narren eroberten das Rathaus am Samstagvormittag fast im Durchmarsch.

 Noch lachen sie – die Stadtverwaltungs-Truppe zur Verteidigung des Rathauses.

Noch lachen sie – die Stadtverwaltungs-Truppe zur Verteidigung des Rathauses.

Foto: Volker Baumann

Von Volker Baumann

Zweibrücken „Wir haben mal wieder eine bittere Niederlage erlitten und die Truppen, die ich aufgestellt habe, haben gnadenlos versagt“, so das Resümee des Zweibrücker Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD), diesmal in der Figur des William Wallace aus „Braveheart“ vor die Rathaustür tretend. Alleine konnte sich der noch Herrschende allerdings nicht mit seinem Schwert durchschlagen und musste zusehen, wie die Narrenhorden an den fast paralysierten Mitstreitern auf der Treppe vorbei ins heilige Gemäuer drängten.

Eine schlagkräftige Attacke, um für ein paar Wochen mit dem eroberten Rathausschlüssel das Rathaus zur Narrenhochburg werden zu lassen. „Was es ja eigentlich schon ist“, wie KVZ-Präsidentin Heike Förch in ihrer Ansprache betonte, die Umstände reflektierend, die seit der Affäre „Karl Otto Müller“ den Stadtrat umtreiben. „Mir Fasenachter wolle bei de Leit gut ankomme und mir wolle fa unser Stadt was duun, dass sollte ihr als Vetreter der Bürscher eich ah uff die Fahne schreibe“, so ihre närrische Rüge ans Auditorium. Mit „Piep Piep Piep, mir hann uns alle lieb“, sollten die künftigen Ratssitzungen beschlossen werden.

Zurück zum Ansturm: Bevor es tatsächlich soweit war, versuchten zumindest die Böllerschützen aus Zweibrücken und Kleinsteinhausen, den Angreifern mit ohrenbetäubenden Salven etwas entgegenzusetzen, was die Narrenhorden aller fünf Zweibrücker Karnevalsvereine (KVZ, HFZ, CGH, FZG Wolfsloch, und ZFF) nicht davon abhielt, mit entsprechenden Böllern und Raketen zu antworten. Kurzfristig glich der Herzogplatz tatsächlich einem im Rauch versinkenden närrischen Schlachtfeld.

Doppelten Symbolcharakter sollte der Rauch gewinnen, der in allen Farben der bunten Zusammensetzung der Stadtratsparteien in die Luft stieg und die neu gewählte  Beigeordnete sozusagen als „Habemus Christina“  ankündigte. Sie hielt sich in ihrer beginnenden Amtsperiode allerdings noch kämpferisch zurück und wählte eher die passive Verteidigung in den Reihen ihrer Mitstreiter.

Der vom schnellen Rückzug etwas enttäuscht wirkende OB, hätte wahrscheinlich gerne den Kampf angenommen, konzentrierte sich dann allerdings auf die erwartete Rede als vorübergehend scheidendes Stadtoberhaupt. Er habe angesichts der Niederlage im vorigen Jahr nur eine Lösung parat gehabt: „Neuwahlen im Mai, um eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen“. Seinen Acht-Jahres-Vertrag als Trainer zu kündigen sei keine Option gewesen. Enttäuschung wegen des erneuten Debakels, allerdings sei die Truppe so bunt wie ein Schulmalkasten, bei dem man nur nicht braun dazu mischen dürfe. Sein Resümee aus dem Rathausalltag: „Nicht Kaiser von Rom, sondern eher Don Quijote oder Braveheart, kämpfend gegen eine Übermacht der ADD in Mainz, der Schuldenberge und der drohenden Einkreisung, die die Narren in Mainz so gerne sehen würden“.

Neben dem Erledigen hunderter von Unterschriftenmappen, sei ihm beim Zeitungslesen auch die Unterstellung – „zuverlässig“ recherchiert in Facebook –  aufgefallen, er wolle die Stadt Zweibrücken an die Landrätin Ganster übergeben, um Generalsekretär der Landes-CDU zu werden. Dirk Schneider habe ihn um Amtshilfe gebeten, da er nicht mehr wisse, in welcher Partei er ist, während Kurt Dettweiler wieder eine sogenannte „Andudel-Pause“ bei Stadtratssitzungen einführen möchte. Die AfD möchte dabei eher „Deutschländer“ serviert bekommen.

Dauerthema Überflieger: „Der LBM hat sich  mit dem Stopp-Schild selbst ein Geschenk gemacht, wobei eine Ampel sicherlich die bessere Lösung gewesen wäre“. Inzwischen arbeite man allerdings an den Plänen von Über-Überfliegern und auch Unter-Überfliegern, um dem Verkehrsfluss gerecht zu werden. Letztlich dürfe, so ein Antrag der FWG, zum Wohle der Innenstadt der „fließende Verkehr“ auf dem Hallplatz durch Poller nicht gestoppt werden. Die Geschwindigkeit könne ja, zum Wohle der Kinder, auf 70km/h begrenzt werden.

Einem Antrag der Grünen, die Stadt nur noch für Fahrräder freizugeben, habe die AfD, mit erhöhtem Energie- und Essensbedarf der Fahrradfahrer und daraus resultierenden vermehrten Rinderzüchtungen und mehr furzenden Rindern, widersprochen. Quintessenz: „Radfahren muss zum Schutz des Klimas verboten und den Öko-Terroristen auf Fahrrädern der Kampf angesagt werden.“

 Rauchbomben in den Parteifarben vernebelten fast den ganzen Herzogplatz.

Rauchbomben in den Parteifarben vernebelten fast den ganzen Herzogplatz.

Foto: Volker Baumann
 Da war es geschehen – die Narren durchbrachen die schwache Mauer der Verteidiger.

Da war es geschehen – die Narren durchbrachen die schwache Mauer der Verteidiger.

Foto: Volker Baumann

Die Realität schreibe manchmal die besten Witze. So sorgte der nicht ganz ernst gemeinte Arbeitstag des Stadtoberhaupts für schallendes Gelächter im voll erstürmten Rathaussaal, bevor er den Stadtschlüssel abgab und ihm von den Vereinen eine überdimensionale waschechte Friedenspfeife überreicht wurde. Bei einem abschließenden „Wahlgang“  zum „närrischen Beigeordneten“ der Stadt, wurde der OB, obwohl gar nicht in den Vorschlägen der Vereinsvorsitzenden, einstimmig gewählt. Zweibrückens OB – Lucky Loser des Tages.

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