Kaum Hoffnung auf neuen Investor

Zweibrücken · Oberbürgermeister Kurt Pirmann fürchtet das Aus des Evangelischen Krankenhauses. Einen Investor sieht er nicht, hofft auf ein Engagement der Kirche und die Nachnutzung des Gebäudes etwa als Pflegeeinrichtung.

 Das Evangelische Krankenhaus sei lange eine Melkkuh für den LVIM gewesen, so OB Pirmann. Foto: maw

Das Evangelische Krankenhaus sei lange eine Melkkuh für den LVIM gewesen, so OB Pirmann. Foto: maw

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Noch ist das Ende nicht offiziell besiegelt, aber Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD ) hat wenig Hoffnung, dass im Evangelischen Krankenhaus Zweibrücken die Lichter anbleiben. "Bei realistischer Betrachtung ist es nicht möglich, einen Investor zu finden, wenn schon die eigene Schwester Nein sagt, die kirchlich-moralisch verpflichtet wäre, zu helfen", sagt Pirmann, der selbst in der Mitgliederversammlung des Trägers LVIM (Landesverein für Innere Mission in der Pfalz) sitzt.

Mit der "Schwester" spielt der OB auf die Diakonissen Speyer-Mannheim an, die an eine Fusion mit dem Krankenhausträger LVIM nur denkt, wenn sie dessen defizitäres Evangelisches Krankenhaus Zweibrücken nicht mit übernehmen muss. Pirmann verweist auf einen Investitionsstau von etwa 50 Millionen Euro bei einer Weiternutzung des Gebäudes an der Himmelsbergstraße als Krankenhaus, dazu ein Minus von sechs Millionen Euro 2015. Auch dieses Jahr soll sich das Defizit weiter steigern.

Pirmann betont im Gespräch mit dem Merkur, dass er das Krankenhausgebäude nach einer möglichen Schließung "artverwandt" als Pflegeeinrichtung für Demenzkranke oder als Gesundheitszentrum genutzt sehen möchte. Der OB sieht auch die Evangelische Landeskirche in der Pflicht. "Sie muss die Frage klären, ob es in den eigenen Reihen einen Träger gibt, der so etwas macht. Zu sagen, wir nehmen die Schließung kampflos hin, finde ich nicht gut." Mit der Hoffnung, an Landesgelder für eine gesundheitliche Nutzung zu kommen, habe er Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD ) ebenso mit der Bitte um Hilfe angeschrieben wie Parteichef und Innenminister Roger Lewentz in seiner Rolle als SPD-Mitglied. Auch Gesundheitsstaatssekretär David Langner (SPD ) wisse, dass die mögliche Schließung "für Zweibrücken nicht positiv" wäre und die "Entwicklung der Region nicht gut tut", schildert Pirmann nach aktuellen Gesprächen mit Langner. Er lässt durchblicken, dass man in Mainz mit der Sicherung von wenigstens 200 der 380 Arbeitsplätze gerechnet habe. Die Stadt könne nicht noch eine weitere Brache gebrauchen: "Wenn das Krankenhaus leer steht, zieht das nur Negatives an." Pirmann verweist etwa auf das Gelände der Weißen Kaserne, auf dem sich seit 1992 kaum etwas tue, oder das gegenüber dem Evangelischen Krankenhauses. Pirmann erinnert sich an 2013, als er dort schon dem Spatenstich für ein Altenheim des LVIM beiwohnte, das dann doch nicht kam.

Morgen tagt die Mitgliederversammlung des LVIM in Bad Dürkheim - vielleicht auch für Pirmann die letzte Chance, die Schließung zu verhindern oder deren mögliche Folgen deutlicher zu dämpfen, als es bisher aussieht. Inwiefern sucht Pirmann den Schulterschluss mit den Zweibrücker Vertretern im entscheidenden LVIM-Verwaltungsrat, Jürgen Kroh und Gunter Kürble? "Gunter Kürble ist ein großer Fan des Erhaltens von Selbstständigkeit, was aber fehlgeschlagen ist. Mit Jürgen Kroh konnte ich mich nicht austauschen."

Wie kann die Stadt helfen, Arbeitsplätze zu sichern? Das sei schwieriger als etwa beim Flughafen, wo Mitarbeiter etwa zur Stadttochter UBZ gewechselt waren. Pirmann verweist darauf, dass im Moment vor allem Erzieher gesucht würden. Wenn man berufsfremdes Personal - also etwa gelernte Pfleger - hier einstellen wolle, gebe es keine Zuschüsse. "Da steht der Tarifvertrag oft im Weg."

Der OB zeigt sich aber zuversichtlich, dass Pfleger auch in Einrichtungen in Homburg, Pirmasens, Neunkirchen oder Landstuhl einen Job fänden. "Bei den Hilfskräften wird es schwieriger." 2015 arbeiteten laut Stadt 348 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Krankenhaus und 26 geringfügig Beschäftigte. 2014 waren es noch insgesamt 489.

Ihn habe die Nachricht von einer Totalschließung des Krankenhauses überrascht. Über Dritte habe er sich über die Entwicklungen in der Arbeitsgruppe informieren lassen. Demnach hätten sich das Nardini-Klinikum und der LVIM zwischenzeitlich stark angenähert, der katholische Träger sei am Ende aber stark zurückgerudert. "Das Nardini musste ja nur die Haustür aufmachen", beschreibt Pirmann dessen gute Verhandlungsposition.

Der OB bestätigt auch Merkur-Informationen, wonach die Weichen gestellt wären, falls das Nardini-Klinikum auf dem Raiffeisengelände Parkplätze anbauen möchte. Genau daran habe das katholische Krankenhaus Interesse angemeldet. Um das zu ermöglichen, habe der Stadtrat unlängst nicht-öffentlich den Turmbereich in der Luitpoldstraße aus dem Sanierungsgebiet ausgelagert.

Mit der Schließung der Gynäkologie habe er länger gerechnet, lässt Pirmann durchblicken. Dafür habe er auch Verständnis. Pro Tag sei im Schnitt nur ein Kind auf die Welt gekommen, dafür hätten Technik und Ärzte vorgehalten werden müssen. Dennoch tue ihm der mögliche Wegfall weh. Dies würde sich auch direkt aufs Rathaus auswirken - ein Arbeitsplatz im Einwohnermeldeamt wäre dann überflüssig. Das sei sinnbildlich für die Wirkung auf die ganze Stadt zu sehen, unabhängig von der identitätsstiftenden Rolle, die die Gynäkologie und das ganze Krankenhaus für Zweibrücken spielten. Schließlich sei die Rosenstadt als Gesundheitsstandort für die Region bis Martinshöhe wichtig. Doch Pirmann kann die mögliche Schließung auch ein Stück weit nachvollziehen. "Es gab eine gewisse Überversorgung an Betten." Das Land habe seit 15 Jahren darauf hingewirkt, dass LVIM und Nardini-Klinikum intensiver kooperierten. Das sei etwa beim Thema gemeinsamer Ausbildung auch zeitweise gelungen - bis der LVIM Sanierungsvorhaben eingeleitet habe. "Das Evangelische Krankenhaus Zweibrücken war lange die Cash-Cow (Melkkuh) des LVIM, das Geld ging nach Bad Dürkheim", erinnert sich Pirmann. Die Geschäftsführung habe lange keine Zuschussanträge ans Land gestellt, bis sich ein Sanierungsstau von um die 50 Millionen Euro gebildet hatte.

Erst der Flughafen mit seinen rund 120 Mitarbeitern, nun vielleicht vielen der 380 Mitarbeiter im Krankenhaus - wie fühlt sich Pirmann angesichts solcher Nackenschläge unter seiner Ägide? Der OB traurig: "Es hat nie jemand gesagt, dass der Job immer schön ist." Als Oberbürgermeister sei er der Überbringer schlechter Botschaften. Das habe man schon bei den Landtagswahlen gespürt. "Sonst waren wir als SPD hier fünf bis sechs Prozent über dem Landesschnitt, jetzt haben wir keine Wahlsiege eingefahren", analysiert der OB. Ob man an Entwicklungen schuld sei oder nicht, spiele keine Rolle.Das Damokles-Schwert schwebt über den Mitarbeitern des Evangelischen Krankenhauses. Und der Faden, an dem das Schwert hängt, ist denkbar dünn. Dennoch wollen die Beschäftigten die Hoffnung noch nicht fahren lassen.

"Wir wurden heute in einer Mitarbeiterversammlung zum Stand der Dinge informiert", erklärte Silvia Bezold, Vorsitzende der Mitarbeitervertretung, gestern beim Besuch des Merkur. Bezold war mit ihrer Kollegin Kerstine Metzger, Betriebsrats-Vorsitzende der SDG (Service- und Dienstleistungsgesellschaft des Krankenhaus-Betreibers LVIM, Landesverein für Innere Mission) erschienen. Bezold vertritt rund 320 Mitarbeiter im Evangelischen Krankenhaus, Metzger rund 60 vom Krankenhaus-Betreiber ausgelagerte Kräfte (etwa für Reinigung oder Küche). Bezold und Metzger zeigten sich gestern verunsichert. "Die Mitarbeiterversammlung wurde vorgezogen; eigentlich hätte sie am Freitag stattfinden sollen - nach der Tagung der Mitgliederversammlung des LVIM. Aber nachdem in der Presse über das drohende Aus unseres Hauses berichtet worden, kam die Veranstaltung früher", so Bezold. "Es wurde kein Datum für eine Schließung genannt. Es wurde nicht gesagt, dass zugemacht wird", resümieren Bezold und Metzger. "Es hieß, man solle weiter Termine mit Patienten vereinbaren, der LVIM werde alle Termine wahrnehmen", so Bezold. Aber natürlich gebe es Stornos - so seien gestern Termine für Entbindungen von Patientinnen abgesagt worden. Wenn das Evangelische Krankenhaus wirklich zumache, werde es für manche Mitarbeiter leichter etwas zu finden, etwa für Ärzte und Pfleger, die seien überall gefragt. Aber andere würden sich schwerer tun. Das Durchschnittsalter der Beschäftigten liege bei 43 Jahren. Die Pläne von OB Kurt Pirmann, aus dem Evangelischen ein Haus für Demenzbetreuung zu machen, sieht Bezold mit Skepsis. Dazu sei sicher einiges an Umbauarbeiten erforderlich. "Und das würde Geld kosten . . ."

Meinung:

Endlich Zeit für Ehrlichkeit

 In Zweibrücken werden bald keine Babys mehr geboren. Foto: dpa

In Zweibrücken werden bald keine Babys mehr geboren. Foto: dpa

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Von Michael Klein

Gut 300 Menschen und das ihnen drohende Schicksal, über kurz oder lang ohne ihren geliebten Arbeitsplatz und damit in Teilen zunächst einmal ohne Perspektive zu sein, bestimmen seit Dienstag in Zweibrücken und darüber hinaus die Diskussion. Die offensichtlich bevorstehende Schließung des Evangelischen Krankenhauses, die zu verhindern nicht mal mehr der Zweibrücker Oberbürgermeister Kurt Pirmann eine große Chance sieht, schwebt als Damoklesschwert über den engagierten Beschäftigten des Krankenhauses. Über ihren Familien und auch über Zweibrücken .

Ist dies allein nicht schon Stoff genug, aus dem Mitfühlen und Mitbangen erwachsen, so ist es vor allem die Art der scheibchenweisen Dosierung negativer Entscheidungen, die uns alle zum Mitärgern und Mitgrollen bringt. Ursächlich dafür, dass in vielen von uns ein Stück weit pure Wut aufsteigt.

Über den Umgang derer mit denen, für deren Schicksal sie zuständig sind. Über das Ausbleiben ehrlicher Aussagen, auf die man bauen oder auf die man reagieren kann. Stattdessen werden halbgare Verlautbarungen in Umlauf gebracht, Pressemitteilungen und Informationen, die das Papier nicht wert sind, auf denen sie stehen. Aus Gesprächen wird berichtet, die in vornehmlich guter Atmosphäre stattfinden …

Mit Verlaub: Wenn am Ende dieser Gespräche rund 300 bislang engagiert arbeitende Mitarbeiter ohne Job dastehen, dann ist diesen die bei den Beratungen herrschende Stimmung mit Recht erst mal ziemlich egal.

Das gilt für die Verantwortlichen des Trägers, das gilt für potenzielle Kooperationspartner, das gilt auch für die Politik - die über Monate bewusst Sicherheit verbreitet haben, wo große Zweifel angesagt waren. In besonderem Maße aber gilt dies oder besser: sollte es gelten für alle jene, die kirchenpolitisch in Funktion sind. Wenigstens sie sollten ihren Mitmenschen offen und wertschätzend entgegentreten anstatt sie mit Sonntagspredigten hinzuhalten. Und sich wegzuducken und abzutauchen, wenn sie Verantwortung zeigen müssten. Das ist ein beschämendes Schauspiel!

Übrigens: Ehrlichkeit sollte im Portfolio jedes Managers sein, wenn er es schon mit pseudozukunftsweisenden und -tragenden Entscheidungen nicht schafft, angesichts jahrelangen strukturellen Missmanagements Vertrauen zu gewinnen! Das hat die Belegschaft des Evangelischen Krankenhauses verdient. Und nicht nur die!

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