Eine Reise um die Welt Ein Weltbürger und Revolutionär

Zweibrücken · Spannender Vortrag über den Naturforscher Georg Forster beim Historischen Verein Zweibrücken.

 Das Ehepaar Karin und Franz Biet wusste viele interessante und spannende Details über den Naturforscher, Zeichner, Reiseschriftsteller, Freimaurer und Ethnologen Georg Forster zu berichten.

Das Ehepaar Karin und Franz Biet wusste viele interessante und spannende Details über den Naturforscher, Zeichner, Reiseschriftsteller, Freimaurer und Ethnologen Georg Forster zu berichten.

Foto: Michael Haupt

Bevor der begnadete deutsche Naturforscher, Zeichner, Reiseschriftsteller, Freimaurer und Ethnologe Georg Forster 1789 mit 34 Jahren seinen Weg nach Mainz fand, hatte er bereits ein bewegtes Leben hinter sich. Ein Leben, das sich kaum ein Zeitgenosse nur im Entferntesten vorstellen konnte. Davon berichtete das Ehepaar Karin und Franz Biet auf Einladung des Historischen Vereins Zweibrücken kürzlich im gut besuchten Kapellenraum der Karlskirche.

Geboren wird Georg Forster am 27. November 1754 in der tiefsten Provinz im damals preußischen Teil Polens – in Nasshuben bei Danzig. Eine reguläre Schulbildung erhält der kleine Georg nicht. Mit elf Jahren nimmt ihn sein Vater Johann Reinhold Forster – ein ehrgeiziger, despotischer Naturforscher und lutherischer Pastor mit Ambitionen zu Höherem – zu einer 4000 Kilometer langen Forschungsreise mit nach Russland. „Finanziell wird das Unternehmen ein Fiasko, weckt aber Georgs Interesse an den Naturwissenschaften“, erklärt Franz Biet. In der Hoffnung, den in Russland versagten wissenschaftlichen Ruhm in England zu finden, lassen sie sich 1766 in London nieder.

1772 kommt das Angebot der britischen Admiralität, Kapitän James Cook auf seiner zweiten Weltumsegelung zu begleiten. Die Aufgabe des Vaters soll es sein, einen wissenschaftlichen Bericht über die Reise zu erstellen. Er setzt durch, dass sein 17-jähriger Sohn Georg als Zeichner mitkommen darf.

Drei Jahre dauert die Reise, die bis nach Tahiti und Neuseeland führt, doch als Cooks Schiff, die „Resolution“, im Jahre 1775 glücklich zurückkehrt, gilt der Dank der Offiziellen nur dem Kapitän und seiner Mannschaft. Der cholerische Vater überwirft sich mit der Admiralität und darf den offiziellen Reisebericht nicht verfassen. „Erneut muss der Sohn die körper- und seelenfressende Fron auf sich nehmen“, berichtet Karin Biet. Er schreibt in acht Monaten die beiden Bände „Eine Reise um die Welt“, die 1777 erscheinen – in englischer und deutscher Sprache. Sie machen Georg Forster auf einen Schlag vor allem in Deutschland zum Star. Er wird aber auch in England und Frankreich mit akademischen Ehren überhäuft.

In Paris wird er 1776 in den Kreis der Freimaurer aufgenommen. Deren Aufklärungsarbeit und Reformtätigkeit beindrucken den Freigeist Forster, denn er sucht nach einem „Ideal einer Gemeinschaft von Gleichen“, wie er sie schon bei den Naturvölkern in der Südsee vorgefunden hat. Bei den Freimaurern trifft er zum Beispiel auf Voltaire und einen der Väter der amerikanischen Unabhängigkeit, Benjamin Franklin. „Die Mitglieder der Pariser Loge sind die führenden Köpfe der späteren französischen Revolution“, erläutert Franz Biet.

Georg Forster wird Professor für Naturgeschichte in Kassel. „Als Mensch, als Weltbürger, als Europäer, als Franke fühlt er sich. Eine fast einzigartige Haltung in einer Zeit von engstirnigem und überheblichem Nationalismus“, fährt Franz Biet fort. Er lernt Johann Wolfgang von Goethe, Gotthold Ephraim Lessing und viele weitere Größen seiner Zeit kennen. Von 1784 bis 1787 lehrt Forster als Professor für Naturgeschichte an der litauischen Universität Vilnius. Als sich eine von Zarin Katharina der Großen in Aussicht gestellte Pazifik-Expedition zerschlägt, nimmt er die Stelle des Oberbibliothekars der Universität Mainz an. „Er will sich nun zum wahrhaft aufgeklärten Schriftsteller ausbilden – und das in diesem reaktionären Bistum“, beschreibt Karin Biet die Umstände.

„Forsters Leben nimmt eine Wende, als französische Revolutionstruppen 1792 Mainz besetzen, die Republik ausgerufen und er in höchste Ämter berufen wird“, berichtet Franz Biet: „Der Aufklärer wird zum Revolutionär.“ Er plädiert für den Anschluss der Republik an Frankreich und tritt dem Mainzer Jakobinerklub bei. Er wird Abgeordneter des rheinisch-deutschen Nationalkonvents und als solcher nach Paris entsandt. Als die Franzosen ein Jahr später aus Mainz abziehen, ist die Republik schon wieder Geschichte. „Aufgrund eines Dekrets von Kaiser Franz II verfällt Forster damit in Deutschland der Reichsacht“, beschreibt Franz Biet die Folgen für den Gelehrten. Forster bleibt von der Notwendigkeit der Revolution aber nach außen hin überzeugt.

 Am Eingang des Hauses Neue Universitätsstraße 5 in Mainz erinnert eine Gedenktafel an den Naturforscher Georg Forster, der dort von 1788 bis 1793 lebte.

Am Eingang des Hauses Neue Universitätsstraße 5 in Mainz erinnert eine Gedenktafel an den Naturforscher Georg Forster, der dort von 1788 bis 1793 lebte.

Foto: picture alliance/dpa/Peter Zschunke

Sein Ende ist bitter: Georg Forster ist gescheitert, krank, einsam, sein Ruhm verblasst. 39-jährig stirbt er in Paris, noch vor dem Höhepunkt der jakobinischen Schreckensherrschaft. Kurz vor seinem Tod – vermutlich am 10. Januar 1794 – gibt er aber in einem Brief noch einen tiefen Blick in seine Seele frei. Der Humanist in Forster leidet beim Anblick der unvorstellbaren Grausamkeit in Paris. Er schreibt: „Hätte ich vor acht Monaten gewusst, was ich jetzt weiß, ich wäre ohne alle Zweifel nach Hamburg gegangen und nicht in den Klub.“

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