Karat in Festhalle Zweibrücken Hochkarätiges Euroclassic-Konzert

Zweibrücken · Die Ostrock-Kultband „Karat“ begeisterte mit ihrem Zweibrücker Festival-Konzert. Und hatte natürlich noch einige Brücken mehr zu bieten.

Am Ende ging Sänger Claudius Dreilich ins Publikum und sang mit den Zuschauern in der Festhalle „Über sieben Brücken musst du gehn“.

Am Ende ging Sänger Claudius Dreilich ins Publikum und sang mit den Zuschauern in der Festhalle „Über sieben Brücken musst du gehn“.

Foto: Sebastian Dingler

„Die könnten doch heute ‚Über Zweibrücken musst du gehn‘ singen, kalauerte ein Witzbold vor dem Konzert von Karat in der Zweibrücker Festhalle. So weit ging die ostdeutsche Rockband dann doch nicht, aber den Hintergrund ihres mit Abstand bekanntesten Liedes bekam das Publikum ausgiebig erzählt: „Über sieben Brücken musst du gehn“ war eigentlich eine Auftragskomposition für einen DDR-Film über die deutsch-polnische Freundschaft. Den Text habe es schon gegeben, Karat habe ihn vertonen müssen, erzählte Sänger Claudius Dreilich am Ende des Konzerts. Manche in der Band hätten damals, im Jahr 1978, gesagt, dass so was doch keiner hören will - bekanntlich kam es dann ganz anders.

Dreilich war zu diesem Zeitpunkt auch erst sieben Jahre alt – er ist der Sohn des 2004 verstorbenen Karat-Sängers Herbert Dreilich. Bekannt wurde der Song in Westdeutschland durch Peter Maffays Version von 1980 auf dessen Album „Revanche“. „In aller Bescheidenheit möchten wir sagen: Das Lied ist von uns“, so schloss Dreilich junior seine Ausführungen dazu. Dann ließ er den ausverkauften Saal erstmal den Refrain singen, ehe er selbst ins Publikum ging und das Lied sang.

Das war natürlich der absehbare Höhepunkt des Gastspiels, das am Freitagabend im Rahmen des Euroclassic-Festivals stattfand. Dieses steht dieses Jahr unter dem Motto „Ostwind“ – mehr Osten als Karat geht inhaltlich kaum. Obwohl, Sänger Dreilich hat durchaus auch Verbindungen in unsere Region. „Ich weiß, wir sind hier in der Pfalz – aber ich bin ein halber Saarländer!“, gestand er gleich zu Beginn des Konzerts. 1987, also schon vor dem Fall der Mauer, war er mit seiner Mutter nach Saarbrücken gegangen und absolvierte dort eine Lehre als Hotelkaufmann. Die großen Fußstapfen seines Vaters füllt Claudius Dreilich hervorragend und ohne Lücken aus – die Band hatte ihn übrigens dazu aufgefordert. „2004 war für mich das Kapitel Karat abgeschlossen. Aber die anderen hatten schon einen Plan“, erzählte der Sänger vor der Ballade „Mich zwingt keiner auf die Knie“, die er seinem Papa widmete.

Beim Hören der ganzen alten Songs aus DDR-Zeiten fragte man sich schon, wer da wen mehr beeinflusst hat: Deutschrocker wie Maffay oder Westernhagen die Ostband oder umgekehrt? Jedenfalls: So unterschiedlich wie die politischen Systeme war der Rock auf beiden Seiten der Mauer nicht. Nur waren die Texte der DDR-Musiker chiffrierter als die der Westkollegen. Oft mussten da Metaphern aushelfen, etwa der Albatros, der keine Grenzen kennt und mit maßloser Kraft ins Freie stürmt. Oder das Narrenschiff, deren Insassen an verstaubtem Aberglauben festhalten.

Schön war zu sehen, wie auch die Oldies der Band noch kraftvoll und stark spielten. Schlagzeuger Michael Schwandt ist mit fast 75 Jahren der älteste. Bassist Christian Liebig (67) und Gitarrist Bernd Römer (gerade 70 geworden) gaben mit ihren langen blonden Haaren dazu eine passende Optik ab. Bisweilen kam auch Keyboarder Martin Becker (61) mit nach vorne, wenn er die Mundharmonika spielte. Dann rockten Karat zu viert am Bühnenrand.

Die Euphorie in der Festhalle kannte kaum Grenzen, auch wenn einer von hinten mal im Spaß rief: „Wann fangt ihr endlich an?“ „Das haben wir nicht verdient, wir haben uns doch so angestrengt“, gab Sänger Dreilich zurück – und hatte vollkommen recht. Schon weit vor den sieben Brücken riss es die Zweibrücker aus den Sitzen. Mit „Weitergehn“, einem der wenigen Nach-Wende-Songs und dem melancholischen Reggae „König der Welt“ als Zugaben endete ein Konzert, das für viele einen langen Nachhall haben wird. So sagte Konzertgast Suse Günther: „Gerade das letzte Lied – da war ich 18, als ich es zum ersten Mal gehört habe. Das war damals DIE Band beim Schulball, das war schön, den Song nach 40 Jahren wieder zu hören. Jetzt habe ich die Band zum ersten Mal live gesehen, das war einfach toll.“

Martin Spies aus Homburg, Leiter der Modern Music School, meinte: „Ich bin Ostrock-Fan, auch von den Puhdys, und fand es toll, dass es geklappt hat, dass Karat mal nach Zweibrücken kommen. Das ist ja doch eine Band mit Welt-Renommee. Ich spreche da aus jahrzehntelanger Rock-Erfahrung, meine Erwartungen wurden voll erfüllt. Es war klasse!“ Auch Lothar aus Höheischweiler fand das Konzert sehr gut und war sehr zufrieden. Er konstatierte: „Die alte Truppe konnte schon ganz schön was herrocken!“

Nächste Euroclassic-Konzerte: Freitag, 7. Oktober, 20 Uhr: Das Duo Raskovnik spielt in der Kirche von Loutzviller Balkan-Folk. „Die Schöpfung“ von Josef Haydn steht am 9. Oktober, 17 Uhr, in der Schlosskirche Blieskastel auf dem Programm. Tickets und weitere Konzerte: www.festival-euroclassic.eu.

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