„Jede Warnung ernst genommen“

Zweibrücken · Oft ist der Verdacht unbegründet, wenn Bürger glauben, dass ein Kind im Elternhaus Gefahren ausgesetzt ist. Doch wolle das Jugendamt keinen Hinweis auf die leichte Schulter nehmen, erklärt Stadtsprecher Heinz Braun. 2015 gab es 21 solcher Meldungen – im Jahr zuvor waren es noch doppelt so viele.

Insgesamt 21 Mal ist das Jugendamt in Zweibrücken vergangenes Jahr auf eine sogenannte "Kindeswohlgefährdung" hingewiesen worden. Das heißt, Bürger äußerten 21 Mal gegenüber der Behörde die Sorge, dass ein Kind bei seinen Erziehungsberechtigten Gefahren ausgesetzt sei. Diese Zahl nennt Stadtsprecher Heinz Braun auf Anfrage des Merkur.

"Diese 21 Hinweise kamen aus ganz unterschiedlichen Quellen, etwa von der Polizei oder von Bürgern, die von Beobachtungen berichteten", erklärt Braun nach Rücksprache mit dem Jugendamt.

Die Behörde sei jedem Hinweis geflissentlich nachgegangen, "jede Warnung wird sehr ernst genommen", so Braun. "In 50 Prozent der Fälle stellte sich heraus, dass an den Sorgen der Bürger nichts dran war." Bei den anderen 50 Prozent sei es gut gewesen, dass das Jugendamt eingeschaltet worden war. Das Kindeswohl sei zwar glücklicherweise auch bei diesen 50 Prozent "nur in wenigen Fällen tatsächlich gefährdet" gewesen. Aber Hilfestellung für die Erziehungsberechtigten habe doch geleistet werden müssen. "Die Eltern wurden darauf angesprochen, dass das Jugendamt ihnen in vielfältiger Weise Hilfe bietet. Die betroffenen Eltern haben das Angebot auch gut angenommen", sagt der Stadtsprecher.

Das Jugendamt biete schon früh Rat und Tat an, um zu verhindern, dass bei der Erziehung etwas aus dem Ruder laufe. Beispielsweise gebe es eine Ansprechpartnerin für Fragen der Kinderkrankenpflege, die etwa helfen könne, wenn Eltern ein sogenanntes "Schreikind" haben - was die Erziehungsberechtigten nervlich erheblich belasten kann.

Das äußerste Mittel, zu dem das Jugendamt rechtlich greifen kann, die "Inobhutnahme" (siehe "Hintergrund"), sei 2015 nicht vonnöten gewesen, es habe keinen derart ernsten Fall gegeben, so Braun.

2014 lag die Zahl der Meldungen über mögliche Kindeswohlgefährdungen übrigens noch doppelt so hoch: Hier gab es 42 Hinweise von Bürgern. Warum diese Zahl binnen eines Jahres um die Hälfte gesunken ist, konnte Braun im Gespräch mit unserer Zeitung nicht erklären.

In den vergangenen Jahren hatte das Jugendamt auf Anfrage unserer Zeitung erklärt, dass die Behörde zum Teil auch selbst auf die Eltern zugeht, wenn sie befürchtet, dass etwas in der Erziehung falsch läuft. Beziehungsweise, es gebe mittlerweile auch mehr Jugendliche, die von sich aus das Amt einschalteten, wenn sie zuhause großen Ärger hätten.

In Zweibrücken gab es 2011 vier Fälle, die so dringlich waren, dass das Jugendamt eine Inobhutnahme anordnete, 2012 waren es fünf Fälle, 2013 zwei und 2014 ein Fall.

Für 2016 liegen dem Jugendamt noch keine Zahlen zu möglichen Kindeswohlgefährdungen oder Inobhutnahmen vor, diese werden laut Braun erst gegen Ende des Jahres in einer Bilanz zusammengefasst.

In Rheinland-Pfalz gab es 2014 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) 5900 Meldungen über mögliche Kindeswohlgefährdungen. In rund drei Viertel der Fälle habe eine akute oder zumindest latente Gefahr für das Kind vorgelegen beziehungsweise Hilfestellung durch das Jugendamt sei erforderlich gewesen, heißt es im Landesbericht "Hilfen zur Erziehung", der gerade vorgelegt worden ist (wir berichteten).

Zum Thema:

Hintergrund Eine Inobhutnahme ist das äußerste Mittel, zu dem ein Jugendamt greifen kann. Das Kind wird - gegen den Willen der Eltern - aus der elterlichen Wohnung herausgenommen und zu Erziehern oder Heimen in Obhut gegeben. Das Jugendamt in Zweibrücken nutzt dazu zwei Jugendhilfe-Einrichtungen in Pirmasens. eck

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