Euroclassic mit Jan Josef Liefers Gute Unterhaltung ohne Ecken und Kanten

Zweibrücken · Schauspieler und Sänger Jan Josef Liefers war am Sonntagabend mit seiner Band Radio Doria in der Festhalle zu Gast.

Tatort-Star Jan Josef Liefers brachte mit seiner Band Radio Doria die Festhalle in Wallung.

Tatort-Star Jan Josef Liefers brachte mit seiner Band Radio Doria die Festhalle in Wallung.

Foto: Sebastian Dingler

Da tritt Tatort-Star Jan Josef Liefers in der Festhalle am Sonntagabend bereits um 18 Uhr auf – klar, dass sich Kulturamtsleiter Thilo Huble in seiner Begrüßung einen kleinen Scherz nicht nehmen ließ: „Wir fangen heute extra so früh an, damit sie beim Tatort schon zurück sind.“

Nein, in Wirklichkeit fangen sonntags die Konzerte immer um diese Zeit an – so wird das auch diesen Sonntag sein, wenn die Bolschoi Don Kosaken gastieren. Liefers selbst meinte, es sei doch ganz nett, dann sei man früher zu hause. Mit Unschuldsmiene fragte er das Publikum, ob denn heute ein besonderer Tag sei. „Sonntag“, schallte es ihm entgegen. Darauf er: „Aber nicht Münster! Sie verpassen also nichts.“

Im Münsteraner Tatort ist Liefers an der Seite von Axel Prahl zu sehen, der ebenfalls singt und letztes Jahr in der Festhalle war. Eigentlich habe man beide ins Programm des letzten Euroclassic-Festivals nehmen wollen, sagte Huble, das hatte bei Liefers aber aus terminlichen Gründen nicht geklappt. Dieses Jahr passte der aus Dresden stammende Schauspieler aber eigentlich noch besser zum Motto, das ja bekanntlich „Ostwind“ lautet. Der 58-jährige kam mit seiner fünfköpfigen Band Radio Doria ganz akustisch auf die Bühne und sang ohne Mikrofon.

Dann aber legte die Combo elektrisch verstärkt los. Der Sound stimmte, die Texte waren verständlich, die Musiker hervorragend. Dennoch, da kann man es drehen und wenden, wie man will, lebte der Abend hauptsächlich davon, dass da eben der berühmte Schauspieler Jan Josef Liefers auf der Bühne stand. Nicht dass die Musik schlecht gewesen wäre, weiß Gott nicht. Aber ein paar Ecken und Kanten fehlten, ein paar überraschende Wendungen und vielleicht auch mal eine klare Aussagen in den Texten. So blieb es größtenteils beim austauschbaren Deutschpop aktueller Spielart – Liefers scheint lieber in Konkurrenz zu Johannes Oerding und Max Giesinger treten zu wollen als sich an Lindenberg und Grönemeyer abzuarbeiten.

Klare Botschaften kamen da eher während der Ansprachen rüber: Liefers übte Kritik am kapitalistischen Wachstumsprinzip und sprach sich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus. In Deutschland geboren zu werden, das sei so unwahrscheinlich wie ein Fünfer im Lotto. „Wenn man den Hauptgewinn gezogen hat, den Fünfer im Lotto, und jemand hat die Niete gezogen: Dann müssen wir dem helfen.“

Aber hatte Liefers nicht auch klare und kritische Stellung bezogen zu den Coronamaßnahmen und dem Umgang der Medien mit der Pandemie? Das hatte ihm damals ziemlich viel Ärger eingebracht. Unter anderem wurde ihm eine Nähe zu den Querdenkern unterstellt, die er natürlich klar zurückwies. Beim Auftritt in Zweibrücken erwähnte er dieses Thema kurz am Anfang: „Was war eigentlich los die letzten zweieinhalb Jahre?“, fragte er da. Später, bei der Ankündigung des Songs „Angstlied“, musste man schon ein wenig zwischen den Zeilen lesen. „Ich hab schon als Kind Menschen misstraut, die uns Angst machen. Angst macht uns lenkbar und unkreativ und lähmt uns.“

Medienkritik gab es aber bezüglich eines anderen Themas, nämlich des Nahostkonflikts. Liefers erzählt dazu die Geschichte einer jungen Israelin, die dem Selbstmordattentat eines etwa gleich alten Palästinensers zum Opfer gefallen war. Dass die Eltern der jungen Frau den Kontakt suchten zu den Eltern des jungen Mannes – und dass es nach langer und schwieriger Zeit möglich wurde, gemeinsam zu trauern. „Warum liest man solche Geschichten nicht in der Zeitung?“, fragte der Sänger – Bitteschön.

Das war’s dann aber auch mit der Gesellschaftskritik – schließlich sollte der Abend ja der Unterhaltung dienen. Dem leistete Liefers mit einigen witzigen Einlagen Folge: Etwa, als er sich ganz divenhaft im Song „Sehnsucht Nr. 7“ beim „emotionalen Höhepunkt“ von der Rassel des Schlagzeugers gestört fühlte: „Jetzt bin ich raus.“ Das Publikum musste Ooh machen, die Bandkollegen ihn trösten – dann baute sich Liefers selbst auf, indem er alle Körperteile der Reihe nach wieder aufrichtete. Wäre ja auch seltsam gewesen, wenn es keine Schauspieleinlage gegeben hätte.

Die Stimmung kochte gegen Ende immer mehr hoch. Liefers erwähnte, er hätte doch auf seine Frau hören sollen. Die habe gesagt, er solle dieses Ding (gemeint war sein Pullover) nicht anziehen, ihm würde doch viel zu heiß. „Aber sie hat auch gesagt: Wenn’s zu heiß wird, zieh es bloß nicht aus!“ Daran wolle er sich auch halten.

Liefers Frau kennt sich übrigens auf Musikbühnen aus: Es ist Anna Loos, die Sängerin der ostdeutschen Band Silly. Schon in der Mitte des Konzerts standen einzelne Zuschauer auf, gegen Ende hatten sich fast alle der etwa 600 Anwesenden erhoben. Da versprach Liefers, der zuletzt vor sieben Jahren in Zweibrücken war, dass die nächste Pause nicht so lange werde – „wenn ihr wollt.“ Schade nur, dass der TV-Star dieses Mal weitaus weniger Kontakt zum Publikum suchte. Wer sich ein wenig beeilte und nicht allzu weit weg wohnte, konnte bereits um 20:15 Uhr vor dem Fernseher sitzen. Auch wenn da die Kollegen aus Köln ermittelten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort