Jahresrückblick 2021 (Teil 2) Was von August bis Dezember in Zweibrücken geschah Strandkörbe, Amazon und mehr große Projekte

Die zweite Jahreshälfte in Zweibrücken war nochmal um einiges ereignisreicher als die erste.

 Stimmungsvoll: die Strandkorb-Konzerte auf dem Flugplatz Zweibrücken. Beim Konzert von Alice Merton ließ das Publikum Smartphones leuchten.

Stimmungsvoll: die Strandkorb-Konzerte auf dem Flugplatz Zweibrücken. Beim Konzert von Alice Merton ließ das Publikum Smartphones leuchten.

Foto: Sebastian Dingler

August

Dank Corona-Pandemie erlebt Zweibrücken einen Sommer mit so vielen (auch hochkarätigen) Konzerten wie noch nie. Denn weil „normale“ Konzerte, bei denen das Publikum dicht an dicht steht oder sitzt, nicht möglich sind, gibt es bundesweit Strandkorb-Konzerte und -Comedy-Shows, bei denen man sicher mit Abstand von Nachbarn sitzt. Das Glück für Zweibrücken: Der Flugplatz ist einziger Festival-Ort in ganz Rheinland-Pfalz. Von Ende Juli bis Ende August verfolgen hier rund 20 000 Fans 19 Veranstaltungen – mit Musik-Stars wie Johannes Oerding, Alice Merton, Revolverheld oder dem Comedy-Duo Amira und Oliver Pocher. Chris de Burgh muss leider kurzfristig absagen – wegen Covid-19.

Hiobsbotschaft für Eltern und Kita-Kinder: Die neue städtische Kindertagesstätte an der Gabelsbergerstraße neben der Zweibrücker Festhalle soll die Platznot beenden. Doch nachdem es schon mehrfach beim Bau stockte, muss nun kurzfristig auch noch die für Ende September fest geplante Eröffnung abgesagt werden: Unbemerkt sind große Mengen Wasser ausgelaufen, der komplette Boden muss ausgetauscht werden, es gibt weitere Folgeschäden (Schimmel), die Eröffnung ist nun für irgendwann 2022 geplant, ein Datum wagt noch niemand zu prophezeien.

Christoph Gensch wird Opfer eines Shitstorms (massive Empörungswelle) militanter Impfgegner auf Facebook: Der Zweibrücker Arzt und CDU-Politiker hatte geraten, auch 12- bis 17-Jährige gegen Covid-19 zu impfen. Kritiker (die meisten davon offensichtlich von weit außerhalb der Region) beleidigen Gensch daraufhin massiv, bis hin zu Vergleichen mit Nazi-KZ-Arzt Mengele und Morddrohungen. Doch Gensch wehrt sich und erstattet bei der Polizei (die einige Tatverdächtige mittlerweile ermittelt hat) Anzeige, denn, so Gensch: „Eine Demokratie lebt von Argument und Widerspruch. Bewusste Desinformationen, Beleidigungen, Nötigungen oder gar Gewaltandrohungen gehören nicht dazu.“ Dafür bekommt Gensch auf seiner Facebook-Seite sehr großen Zuspruch.

September

Das Cinema Europa öffnet wieder. Die Corona-Zwangspause wurde genutzt, um das (schon vorher sehr moderne) Kino noch attraktiver, vor allem komfortabler, zu machen. Die Pause dauerte allerdings etwas länger, als es die Pandemie-Lage erforderte – wie viele Baustellen war auch das Kino von Lieferproblemen betroffen.

Erstmals seit 1998 (und damit erst zum zweiten Mal überhaupt in der Geschichte der Bundesrepublik) gewinnt die SPD das Direktmandat (Erststimmen) im Zweibrücker „Wahlkreis 210 Pirmasens“. Drei Faktoren dürften dafür entscheidend gewesen sein: Die langjährige Mandatsinhaberin Anita Schäfer (CDU) trat nicht mehr an. Wahlsiegerin Angelika Glöckner (SPD) hatte sich bereits als (2014 über die Liste eingezogene) Abgeordnete einen Namen gemacht – während der junge CDU-Bewerber Florian Bilic sich für Viele erst im Wahlkampf bekannt machen konnte, was zudem in der Pandemie-Lage schwieriger als sonst war. Schade für die Region: Trotz des weiter aufgeblähten Bundestags sitzt dort aus dem Wahlkreis jetzt nur noch einer statt drei Vertretern. Denn Bilic hatte nur einen schlechten Listenplatz, Brigitte Freihold (Linke) kandidierte gar nicht mehr.

 Oberbürgermeister Marold Wosnitza (oben drauf), Ordnungsdezernentin Christina Rauch und weitere Verwaltungsvertreter inspizieren die illegal im Fasaneriewald angelegte Mountainbike-Strecke.

Oberbürgermeister Marold Wosnitza (oben drauf), Ordnungsdezernentin Christina Rauch und weitere Verwaltungsvertreter inspizieren die illegal im Fasaneriewald angelegte Mountainbike-Strecke.

Foto: Norbert Schwarz

Seit einem halben Jahrzehnt redet die Stadt Zweibrücken immer wieder mal davon, einen Bikepark zu planen. Heimlich haben Privatleute nun eine Mountainbike-Strecke mit Sprungschanzen, Holzwällen und Steilfahrrampen im Fasaneriewald gebaut – doch die Stadt zerstört die Anlagen schweren Herzens und mit netten Worten – aus Sicherheitsgründen. Und verspricht: Es wird einen professionellen Bikepark geben. Seitdem hat sich aber noch nichts Konkretes getan.

Oktober

DIE Nachricht des Jahres für Zweibrücken und Zweibrücken-Land sollte dieses Jahr eigentlich noch gar nicht bekannt werden: Amazon möchte auf dem Ex-Steitzhof-Gebiet (zwischen Contwig und Flugplatz Zweibrücken) ein Verteilzentrum bauen, die Rede ist von 400 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Im Bebauungsplanverfahren des interkommunalen Zef (Zweckverband Entwicklungsgebiet Flugplatz Zweibrücken) ist nur von einem Logistikzentrum die Rede, der interessierte Betreiber wird nicht genannt. Der allerdings wird im nichtöffentlichen Teil der Stadtratssitzung präsentiert. Doch gleich drei Kommunalpolitiker:innen nennen oder bestätigen im anschließenden öffentlichen Teil versehentlich den Namen Amazon. Politisch ist der Rückhalt für die Ansiedlung überwältigend groß. Das Kern-Argument: Unsere Region brauche nicht nur Arbeitsplätze für Hochqualifizierte, sondern auch für Ungelernte. Kritiker verweisen (auch in einer Petition) auf das sozial und ökologisch umstrittene Geschäftsmodell von Amazon. Mehr Unterschriften findet später aber eine Pro-Amazon-Petition.

 Auf dem früheren Steitzhof-Gelände möchte sich der Online-Handelsriese Amazon ansiedeln (Aufnahme vom Oktober 2021).

Auf dem früheren Steitzhof-Gelände möchte sich der Online-Handelsriese Amazon ansiedeln (Aufnahme vom Oktober 2021).

Foto: Norbert Schwarz

Zweibrücken gerät bundesweit in die Schlagzeilen – weil eine Mörderin, statt aus ihrem Hafturlaub in die JVA zurückzukehren, in die Karibik geflogen ist. In der Dominikanischen Republik wird sie einige Tage später gefasst und zurückgebracht. Die Justizvollzugsanstalt zieht aus dem Vorfall Konsequenzen: Nun bekommen Häftlinge im Offenen Vollzug ihren Reisepass nicht mehr vor ihrer endgültigen Haft-Entlassung ausgehändigt.

Der Investoren-Wettbewerb für eine neue Nutzung der Weiße Kaserne endet zweischneidig: Einerseits scheint es so wenig qualifizierte Konzepte von Interessenten gegeben zu haben, dass nicht wie eigentlich angekündigt eine Jury einen Sieger kürt. Andererseits wird bei dem vom Verein „Zukunftsregion Westpfalz“ (unterstützt von Eigentümer Bernd Hummel) veranstalteten Wettbewerb ein potenzieller Investor gefunden, der Hummels alte Idee eines „Quartier écologique“ verwirklichen möchte, also einen Mix aus verschiedenen Dienstleistungen, Handwerk, Wohnen oder Praxen. Konkrete Pläne sind aber noch nicht öffentlich bekannt, ebensowenig der Name des Investors aus Rheinland-Pfalz.

Schon vor der fürs Frühjahr 2022 geplanten Eröffnung des neuen Gewerbeparks auf dem Ex-Raiffeisen-Gelände an der Zweibrücker Fruchtschuppenstraße sind die drei Mieter für die großen Hallen klar: Wässa & Schuster (Farben/Lacke), Stahl & Krähe (Werkzeuge/Arbeitskleidung) und Thermomess (Wärme-Dienstleister). Investor ist die benachbarte Firma Holzbearbeitung Schneider.

Die Stadt muss eine gekündigte Führungskraft weiterbeschäftigen, urteilt das Arbeitsgericht Zweibrücken. Trotz deutlicher Hinweise der Richterin schon beim Gütetermin im Juni, dass die Kündigung rechtlich unbegründet sei, wartet die Stadt das Urteil ab, lässt bis dahin die Frau nicht an ihren Arbeitsplatz zurück – und muss sie nun für die Monate des rechtswidrig erzwungenen Nichtstuns nachbezahlen.

November

Das umstrittene Neubauprojekt neben der Villa Schwinn ist geplatzt: Der Investor springt ab. Während das Rathaus das als vertane Chance zur Stärkung der Innenstadt durch bis zu 100 neue moderne Wohnungen bedauert, sind einige Zweibrücker Denkmalfreunde erleichtert – die mehrgeschossigen Neubauten wären auf einer im Mai kurzzeitig online veröffentlichten Skizze so nah an die denkmalgeschützte Villa herangerückt, dass dies regelrecht erdrückend wirkte. Und im Juni muss die Stadt nach Merkur-Recherchen bestätigen, dass sie dem Investor schon elf Monate zuvor einen Bauvorbescheid erteilt hatte, mit rechtsverbindlicher Erlaubnis zum Abriss eines Nebengebäudes (Remise) unter bestimmten Bedingungen – nicht mal der Stadtrat wurde darüber informiert, obwohl die Remise immer wieder Aufrege-Thema in öffentlichen Debatten war.

Spatenstich für 30-Millionen-Euro-Projekt bei John Deere: Der Landmaschinenhersteller baut ein Logistikzentrum direkt neben dem Werk, auf dem jahrzehntelang brachliegenden „Oltsch-Gelände“.

Das Amtsgericht verurteilt einen Zweibrücker Ordnungsamts-Mitarbeiter wegen Volksverhetzung zu 4200 Euro Geldstrafe (noch nicht rechtskräftig). Der Mann hatte unter Pseudonym auf Facebook rassistische und staatsfeindliche Beiträge geteilt.

Dezember

Der Hunsrücker Dominik Weil überführt eine von der Bundeswehr verkaufte Transall auf den Flugplatz Zweibrücken – und kündigt an, die ausrangierte Militärmaschine dort in eine weltweit einzigartige Ferienwohnung umzuwandeln. Medien berichten bundesweit über das „Trallotel“.

 Aus dieser Transall wird eine weltweit einzigartige Ferienunterkunft.

Aus dieser Transall wird eine weltweit einzigartige Ferienunterkunft.

Foto: Elisabeth Heil

Stichwort bundesweit beachtet: Das war schon im Vorjahr der Zweibrücker Überflieger, die Abkürzung vor dem Bubenhauser Kreisel auf die Autobahn. Denn die Einfädelspur war beim Bau vergessen worden. Die ist jetzt fertig, der Überflieger damit endlich auch ohne Stoppschild am Ende verkehrssicher. Doch die Arbeiten, für die riesige Erdmassen zur Hangaufschüttung bewegt werden mussten, wurden doppelt so teuer wie geplant. Ende gut, nicht alles gut.

Seit 12. Dezember halten Züge in Zweibrücken nicht nur am Hauptbahnhof: Der Bahnhaltepunkt Rosengarten an der Landauer Straße nimmt den Betrieb auf. Eine gute Nachricht auch für viele Schüler und Soldaten.

Noch eine gute Nachricht zum Jahresende: Einer der größten und beliebtesten Supermärkte der ganzen Region, Edeka Ernst, bleibt im Zweibrücker Hilgardcenter – obwohl Betreiber Dieter Ernst aus Verärgerung über die Stadtpolitik vor wenigen Jahren angedroht hatte, Zweibrücken zu verlassen. Ernst kündigt nun im Merkur-Gespräch sogar an, nächstes Jahr 2,4 Millionen Euro in einen Umbau zu investieren, um die Attraktivität seines Marktes weiter zu erhöhen.

Teil 1 des Jahresrückblicks erschien in der PM-Ausgabe 31. Dezember und ist im Internet über diesen Kurz-Link nachlesbar: https://tinyurl.com/5xa3hs3s.

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