Interview mit Mark Bremer Wie man Bücherperlen findet und Zungenbrecher meistert

Mark Bremer ist nicht nur bekannter Hörbuch- und Synchronsprecher (“Wer weiß denn sowas?“), sondern betreibt auch selbst den kleinen Rubikon-Audioverlag. Hier hat er den ersten Teil von Cixin Lius vielgelobter Science-Fiction-Reihe „Trisolaris“ verlegt und selbst eingelesen. Wie es dazu kam, was die größte Herausforderung war und wie die Hörbuchverlage hinsichtlich Erfolgsgaranten ticken, hat er im Interview verraten.

 Sprecher Mark Bremer hat bei der Trisolaris-Trilogie auch den Kampf gegen chinesische Zungenbrechernamen gemeistert.

Sprecher Mark Bremer hat bei der Trisolaris-Trilogie auch den Kampf gegen chinesische Zungenbrechernamen gemeistert.

Foto: Rubikon-Audioverlag

Herr Bremer, wie schwer ist es, eine Perle wie „Die drei Sonnen“ zu finden und zu verlegen mit einem kleinen Verlag wie Rubikon?

Mark Bremer Ich bin durch eine Hörfunksendung darauf aufmerksam geworden. Der Journalist sagte in einem Gespräch über ein anderes Buch: Übrigens, Trisolaris – das ist das beste Science-Fiction-Buch, das ich jemals gelesen hab. Damals gab es das noch nicht auf dem deutschen Markt, er hatte es auf Englisch gelesen. Da hab ich mich mich auf die Suche gemacht und Randomhouse und Heyne angerufen, ob sie es verlegen. Nein, machen sie nicht. Nach gefühlten Monaten machte Heyne es doch. Dann hab ich die Hörbuchrechte für den ersten Teil bekommen – einfach mega. Ich war inhaltlich total interessiert, weil Cixin Liu als erster Chinese den Hugo-Award, den Science-Fiction-Preis international schlechthin, gewonnen hat. Als ich es gelesen hatte, fand ich, es ist ein bahnbrechendes Werk. Und seitdem bin ich die deutsche Stimme von Cixin Liu.

Was bedeutet das genau?

Bremer Es gibt keine Verpflichtung des Verlags, keinen Vertrag in dem Sinne, aber bisher mache ich alle Bücher, die er auf Deutsch verlegt, auch als Hörbuch. Wir hatten jetzt den Weltenzerstörer, es kommt um Weihnachten noch ein Kurzgeschichtenband mit zehn, zwölf Kurzgeschichten und im Frühjahr der dritte Teil der Trisolaris-Trilogie. Der Verlag hat den Autor rückwirkend nochmal für sich entdeckt und bringt auch die Bücher heraus, die er vorher auf Englisch veröffentlicht hatte nun auf den deutschen Markt.

Wie kam es zustande, dass Sie den zweiten Teil bei einem anderen Verlag – Randomhouse – eingelesen haben und nach der Frankfurter Buchmesse mit dem Autor als dessen „Stimme“ tourten?

Bremer Im Grunde bin ich dem Verlag treu geblieben, aber der Verlag wollte ab dem zweiten Teil die Rechte behalten. Er hat uns beauftragt mit der Produktion. So bleibt es in der Familie. Da bin ich sehr froh drum. Der Verlag hätte es auch an einen anderen, superprominenten Sprecher vergeben können. Dann hätte es einen Sprecherwechsel gegeben. Das wird nicht so gern gesehen. Die Fans sehen Sprecherwechsel innerhalb eines Autors nicht gern, eine Kontinuität ist wichtig. Dass wir den ersten Titel gemacht haben und in dem Erfolg weitermachen dürfen, ist toll, ist ein Geschenk.

Was sind die besonderen Herausforderungen, wenn man so ein Riesenwerk mit so vielen Charakteren interpretiert?

Bremer Die Namen! Ich habe mich mit der Übersetzerin lange zusammengesetzt und mir die Namen aufgeschrieben mit der Bitte: Sprich sie mir doch mal chronologisch, damit ich sie höre. Bei einigen Sachen mussten wir uns auf die europäische Hörgewohnheit einstellen, weil es manchmal so fremd war und einen auch aus der Geschichte rausgehauen hat. Es lässt sich auch gar nicht sprechen. So deutschten wir es ein bisschen ein und versuchten, so nahe wie möglich dran zu bleiben. Aber die verschiedenen Namen und die Personen rüberzubringen und zu gestalten, das ist wirklich sehr sehr schwer.

Haben Sie zu dem Autor persönlichen Kontakt?

Bremer Ich habe ihn bei der Frankfurter Buchmesse zum ersten Mal getroffen. Dadurch, dass er in China lebt, ist es schwierig. Sonst haben wir zu unseren Autoren immer persönlichen Kontakt, versuchen wir auch aufzubauen. Wir wollen ganz gerne, dass die Autoren unsere Hörbücher cool finden und die Botschaft nach außen tragen, im Sozialen Netzwerk ein bisschen für uns werben. Bei Cixin Liu ist das nicht möglich. Da gibt es auch keine sprachliche Ebene. Er spricht auch nur sehr schlecht Englisch. Ich hab nicht in China angerufen und gesagt: Pass mal auf Cixin, ich hab da ein Hörbuch rausgebracht (lacht). Der Kontakt läuft dann eher über den Verlag und die Übersetzung.

Was sind die Faktoren, dass fremdsprachige Meisterwerke  wie die Trisolaris-Reihe so lange brachliegen?

Bremer Erfolg lässt sich nicht prognostizieren. Kein Verlag hat ein Erfolgsrezept. Letztlich ist das Entscheidungskriterium ein Erfolg, den es schon gegeben hat, ein Schriftsteller, der zieht, den verlegt man weiter. Und je größer man ist, desto schwieriger wird es auch, weil man immer nur eine bestimmte Menge an Titel rausbringen kann. Da kuckt man nicht nach rechts und links. Viel Zufall ist auch dabei; wenn man den Hit von morgen prognostizieren könnte, wäre es ein leichtes, Erfolg zu haben. Der Titel hätte ja auch total in die Grütze gehen können. Aber ich fand ihn so toll, dass ich ihn machen wollte. Dass er so ein Erfolg geworden ist, das konnte man nicht wissen. Zufall.

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