"Wer traut sich aufs Pferd?" Neun Finger schnellen in die Höhe. Nacheinander erklimmen die Schulabgängerkinder des Johann-Schwebel-Kindergartens mit Hilfe von Anna Dax den Rücken von Möbel-Martins-Charly. "Klopf ihn mal, damit Charly weiß, dass Du da bist!" Behutsam und zärtlich gleitet erst die eine Hand über das gescheckte Pferdefell, dann die andere. Mit einem strahlenden Kind auf seinem Rücken dreht der Wallach seine Runden. Was man den Kindern nicht ansieht: Rund die Hälfte stammt aus Frühförderprogrammen, mit Entwicklungsverzögerungen oder Handicaps entweder sprachlich, motorisch, sozial oder emotional. Rund 50 Kinder aus fünf Zweibrücker Kindergärten nahmen in dieser Woche an dem inklusiven Voltigierprojekt teil, das das Caritas-Förderzentrum Zweibrücken und die Voltigier- und Reitgemeinschaft Südwestpfalz (VRG) ins Leben gerufen hatten. Finanziert wurde es vom Bund im Rahmen des Projekts "Demokratie leben", das bereits im frühen Lebensalter soziale Integration schaffen und unter anderem Rechtsextremismus vorbeugen will. Als nahezu einziges vorgeschlagenes Projekt verband das Voltigieren Kinder mit und ohne Handicap in einer inklusiven Gruppe.

Ein Parcours mit Spielstationen beschäftigt die Kleinen, die nicht am Pferd sind: Pezzibälle durch einen Hütchenslalom rollen, in Fühlkartons spüren, wie weich, hart oder kratzig Putzbürsten oder Stroh sind, auf Stangen balancieren oder durch Autoreifen stapfen. Die Erzieherinnen des Kindergartens staunen, wie unterschiedlich sich die Kinder verhalten: Scheue werden gesprächig, eher Wilde ganz zahm, fast alle fassen viel Vertrauen zu dem bunten Pferd und wachsen so über sich hinaus, dass sie am Ende gemeinsam mit Anna Dax galoppieren wollen. Die 26-jährige Heilpädagogin im Caritas-Förderzentrum gehört selbst als erfolgreiche Voltigiererin der VRG an. Der Folgeantrag für 2016 ist bei "Demokratie leben" bereits gestellt. Einerseits soll es eine feste, inklusive Voltigiergruppe mit rund zehn Kindern geben, die wöchentlich trainiert und auch an kleinen Turnieren teilnimmt. Andererseits sucht der Verein nach Geldquellen, um öfter eine solche Schnupperwoche für viele Kinder anbieten zu können. Der Betreuungsaufwand ist dabei erheblich größer.