Die Zweibrückerin ist zertifizierte Klima-Botschafterin Warum Ina Stenger von der Primark-Shopperin zur Klimaschützerin wurde

Zweibrücken · Ina Stenger ist nicht nur Foodsharing-Botschafterin, Vorstandsmitglied bei der „Grünen Brücke“ und im Aufsichtsrat der Bürger-Energie-Genossenschaft BEG. Die Zweibrückerin ließ sich zusätzlich zur zertifizierten Klima-Botschafterin ausbilden.

 Die Zweibrücker Klima-Botschafterin Ina „Utopina“ Stenger präsentiert im Second-Hand-Outfit klimafreundliche Utensilien wie unter anderem Mehrweg-Gläser, Hirse, gehäkelte Abschmink-Pads, den eigenen Mehrweg-To-Go-Becher, selbst gelesene Bio-Äpfel von der Aktion „Gelbes Band“ sowie selbst gemachte Seife.

Die Zweibrücker Klima-Botschafterin Ina „Utopina“ Stenger präsentiert im Second-Hand-Outfit klimafreundliche Utensilien wie unter anderem Mehrweg-Gläser, Hirse, gehäkelte Abschmink-Pads, den eigenen Mehrweg-To-Go-Becher, selbst gelesene Bio-Äpfel von der Aktion „Gelbes Band“ sowie selbst gemachte Seife.

Foto: Cordula von Waldow

„Es hat mir viel mehr gegeben, als es mir genommen hat“, sagt Ina Stenger nachdenklich. Die 33-jährige Grundschullehrerin aus Zweibrücken ist seit vielen Jahren in Sachen Klimaschutz und Nachhaltigkeit engagiert. Sie trug mit dazu bei, dass sich das „Foodsharing“ in Zweibrücken etablierte, mit ihrer Freundin Yanna Lorang rief sie „Urban Gardening“ ins Leben und gründete den Verein „Brückengärten“.

Dass Ina Stenger Second-Hand-Kleidung und ökologische Textilien aus Naturmaterialien in Bio-Qualität trägt, hätte sie sich vor gut zehn Jahren überhaupt nicht vorstellen können. Sie bedauert: „Ich war völlig unreflektiert, fühlte eine große, innere Leere, die ich mit Schnäppchenkäufen ausfüllen wollte.“ Bestes Beispiel war während ihres Lehramtsstudiums ein Shopping-Flug nach London für einen Euro, vom Zweibrücker Flughafen aus. „Mit Freundinnen zu Primark, um dort Billigklamotten zu kaufen, und am nächsten Tag zurück.“

Eine Indonesienreise nach ihrem ersten Staatsexamen öffnete der jungen Zweibrückerin die Augen. Sie sah, in welch bitterer Armut die Menschen dort lebten, in welch ausbeuterischen Verhältnissen sie für die weltweiten Billigkunden Klamotten herstellten und wie absolut glücklich sie trotzdem waren, auch trotz ihrer von den zahllosen Reisenden verursachten Müllberge. Erschrocken stellte sie fest: „Alles, woran du bislang geglaubt hast, ist eine Illusion. Es gibt nur deine eigene Wahrheit und die hat mit der Realität wenig zu tun.“

Sie begrub ihr illusorisches Selbstbild von „ich bin sozial und handle fair“ und machte sich auf den eigenen Weg. Ina Stenger begann, genauer hinzuschauen, recherchierte diese Themen, die ihr plötzlich wichtig waren und stellte fest: „Es ist alles miteinander verwoben. Klima, Politik, Wirtschaft in allen Bereichen.“

Während ihrer Schwangerschaft mit ihrem heute knapp dreijährigen Sohn Anton begann sie endgültig, Verantwortung für die Welt von morgen zu übernehmen, die wir unseren Kindern und Kindeskindern hinterlassen. Als Ina „Utopina“ ist sie vor Ort sowie in den sozialen Medien engagiert und stellte fest: „Ich brauche nicht perfekt zu sein und auf alle Freude zu verzichten, wie etwa darauf, einmal im Jahr in Urlaub zu fliegen.“ Die Veränderung sei ein Weg der kleinen Schritte, doch jeder dieser Schritte bedeutsam.

Die Ausbildung zur zertifizierten Klima-Botschafterin kam der zertifizierten „Foodsharing“-Botschafterin wie gerufen. Ein ganzes Jahr lang erweiterte sie online und mit wenigen Präsenztagen in Altenkirchen (das sie mit der Bahn anfuhr), ihr Wissen und Handlungsrepertoire, lernte Projektmanagement und Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, künftig Umweltschutzprojekte zu planen und durchzuführen.

Geschockt war sie von gezielter Desinformation, die lediglich die Konzerne stärkten, so Stenger. Und von ihrer Erkenntnis, „wie tief wir bereits in diesem Dilemma drin stecken“. Seitdem verändert und entwickelt sie sich permanent weiter, holte die Klimakonferenz an die Grundschule Ruhbank in Pirmasens, an der sie damals arbeitete, und engagiert sich bei der neuen Bürger-Energie-Genossenschaft BEG Südwest im Aufsichtsrat.

Ina Stenger weiß: „Es kommt keiner von außen, um uns zu retten und als Menschheit zu erhalten, sondern das müssen wir selbst tun in Eigenverantwortung.“ Und davon will die Klima-Botschafterin andere Menschen überzeugen und ihnen Wege an die Hand geben, was sie machen können. Vor allem, sich permanent selbst zu reflektieren. Die Vegetarierin mit regelmäßiger Vegan-Erfahrung sagt: „Jeder Kassenbon ist ein Wahlzettel für oder gegen den Erhalt der Welt.“

Auf ihrem Weg wurde und wird sie unterstützt von ihrer Familie, ihrem Freundeskreis und der ständig wachsenden Gruppe „ZW vernetzt“. Um an den Volkshochschulen der Region Vorträge und Seminare zu dem „mega wichtigen“ Thema Umwelt und Energie Workshops oder vegane Kochkurse anbieten zu können, hat Ina Stenger sogar ihre Unterrichtsstunden verringert. Eine wahre Utopina, die an einer bessere Welt glaubt und damit eine völlig neue Lebenszufriedenheit erfährt. Lächelnd bestätigt sie: „Weniger ist mehr. Es ist kein Verzicht auf etwas wie etwa Fleisch oder Billig-Shopping, sondern eine bewusste, selbstreflektierte Hinwendung zu etwas anderem. Zum Wohle aller.“

Nachhaltigkeits-Tipps:

1. Stoffbeutel immer in der Hand- oder Jackentasche parat haben (spart Plastik- oder Papiertüten).

2. Unverpackt einkaufen: Nüsse, Obst und Gemüse im Bioladen oder auf dem Markt, Trockenwaren wie Reis, Nudeln, Haferflocken im Unverpacktladen (z. B. Unverpackt mit Herz in Homburg), leckere Antipasti, Trockenobst oder Nüsse bei Victors Genussladen in Zweibrücken.

3. Regional/saisonal einkaufen: geht am besten direkt beim Bauern, auf dem Markt oder im Bioladen.

4. Joghurt, Milch, Getränke in Mehrwegglasflaschen kaufen, am Besten aus Glas.

5. Kochen und essen: Weniger Tierisches, mehr Pflanzliches. 70 Prozent der Treibhausgasemissionen aus der Lebensmittelerzeugung sind der Tierhaltung zuzuordnen.

6. Lebensmittelverschwendung vermeiden: nur einkaufen, was man verbrauchen kann, Lebensmittel richtig lagern, Reste weiter verwerten. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist nur ein Richtwert. Bei abgelaufenen Lebensmitteln einfach genau hinschauen, riechen und probieren. Viele Produkte sind noch Monate später genießbar.

7. Bei der Körperpflege auf feste Alternativen wie Stückseife, festes Shampoo umsteigen.

8. Bambuszahnbürste und mikroplastik- und fluorfreie Zahnpasta.

9. Energie sparen: Standby-Elektrogeräte ausschalten, Stoßlüften statt kippen, Wäsche auf der Leine trocknen statt im Trockner.

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