„In mein Land kann ich nicht zurück!“

Zweibrücken · Zweibrücken ist für zahlreiche Bürger mit Migrationshintergrund eine neue Heimat geworden. In unserer Serie „Angekommen in der Fremde“ stellen wir einige dieser Menschen vor. Heute ist es Mohammad Yousof aus Afghanistan.

 Mohammad Yousof ist angekommen in der Fremde. Foto: Reimertshofer

Mohammad Yousof ist angekommen in der Fremde. Foto: Reimertshofer

Foto: Reimertshofer

Er wartet schon seit fünfzehn Monaten auf eine Entscheidung des zuständigen Bundesamtes und schwebt seit seiner Flucht zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Hoffnung auf eine sicherere Zukunft und auf der anderen Seite lauern die Gespenster der Vergangenheit. Mohammad Yousof ist erst 25 Jahre alt, doch hat schon viel Schreckliches erlebt: "Sie kamen in der Nacht . . ." und über die Folgeereignisse spricht er lieber nicht weiter. Die seit Jahrzehnten bis heute herrschende dramatische Situation in seinem Heimatland Afghanistan hat er am eigenen Leib erfahren. Seine Mutter ist getötet worden, sein alter Vater, früher Grundschullehrer in seinem Heimatdorf, lebt im Ausland mit der einzigen Hoffnung, dass der Sohn sicher überleben kann. Eine ältere Schwester lebt seit der russischen Invasion Afghanistans bereits in Deutschland, eine andere Schwester ist ebenfalls im Ausland. In der Provinz Jaji im Grenzgebiet zu Pakistan geboren, konnte Mohammad Yousof seinen Traum auf eine gute Schulbildung nur im Nachbarland verwirklichen und studierte nach den zwölf Jahren Pflichtschule vier Jahre lang Informatik. "Pakistan hat ein gutes Bildungssystem, während es in meinem Land dies nicht gibt". Nach dem Studium zum Informatiker und dank seines recht guten Englisch kamen die Arbeitsangebote von Seiten der Mächte, die in seinem Land die vordringenden Taliban bekämpfen. Und damit kam auch die persönliche Bedrohung. Seit Jahren auf der Flucht, zuerst im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan, hat er in Zweibrücken keine Angst mehr, wenn er abends nach Hause geht "In Afghanistan wurden vor meinen Augen drei Freunde getötet, ihre Kehle wurde mit Schnürsenkeln durchgeschnitten. Wo soll ich hin, in mein Land kann ich nicht zurück!"

Zu den schrecklichen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln sagt er: "Das waren Leute ohne Moral, die aufgehetzt wurden". Für Mohammad Yousof sind alle Menschen Brüder und Schwestern , gleich welcher Religion sie angehören. Wenn man sich gegenseitig als Menschen hilft, kommt dies vom Herzen. "In Zweibrücken bin ich gut aufgehoben, doch nachts kann ich oft nicht schlafen". Ihn zermürben die lange Wartezeit und die Unsicherheit über seine Zukunft. Indessen integriert er sich in die Stadt Zweibrücken : mit Unterstützung der Hochschule Zweibrücken verbessert er seine Kenntnisse mit einem Online-Kurs zum Erlangen eines Informatik-Zertifikats, das ihn für den Arbeitsmarkt vorbereitet. Gleichzeitig besucht Mohammad Yousof den Integrationskurs der VHS, der ihm von Zweibrücker Spendern finanziert wird.

"Ich bin glücklich über diese Hilfsbereitschaft und will sie dieser Stadt und den Menschen, die mir helfen, zurückgeben können". Ehrenamtlich steht Mohammad Yousof zur Verfügung etwa als Übersetzer für neunankommende Flüchtlinge oder im Patennetz des Beirats für Migration und Integration und in Zweibrücker Projekten von "Demokratie leben". "Ich helfe gerne", betont er.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort