„Ich bin ein Vagabund“

Zweibrücken · Als Förster Stefan Leitner aus der fluffig-leichten ZDF-Familienserie „Forsthaus Falkenau“ ist Hardy Krüger Junior beim deutschen Fernsehpublikum bekannt und beliebt. Jetzt kommt er nach Zweibrücken – mit einem ganz anderen Kaliber: dem Anti-Kriegsstück „Das Boot“ als Kammerspiel. Merkur-Mitarbeiterin Anika Meyer hat mit dem 47-jährigen Schauspieler über Theater und Film gesprochen und dabei auch erfahren, warum er ein „Vagabund“ ist, eine Autoritätsperon und nach schwierigen Jahren heute wieder glücklich.

Herr Krüger, am 9. Dezember kommen Sie mit "Das Boot" nach Zweibrücken. Wie ist es dazu gekommen, dass Sie bei dieser Theaterproduktion dabei sind?

Hardy Krüger jr.: Ich bin ja eigentlich immer mit Theatertournee-Unternehmen unterwegs gewesen, bis ich angefangen habe, seriell zu arbeiten. Da war das dann einfach zu viel und es ist ja auch nicht gerade familienfreundlich. Aber als ich die Serie eingestellt habe, war klar, dass ich zurück auf die Bühne will. Mit "Ziemlich beste Freunde " haben wir bereits seit letztem Jahr großen Erfolg. Und dann kam die Idee mit "Das Boot", das Agon und andere wieder aufnehmen wollten, und ich dachte, Mensch, eigentlich ist die Figur des Kaleu (Kapitänleutnant) eine, die dir immer im Gedächtnis geblieben ist. Ich bin ja mit dem Film groß geworden, er hat damals eine neue Ära des Filmerzählens, der Filmproduktion eingeläutet. Das ist das Schöne an der Bühne, dass man solche tollen Rollen spielen kann, die man im Fernsehen oder im Kino heutzutage gar nicht mehr bekommt.

"Das Boot" ist ja nun kein leichter Stoff, der jedem potenziellen Theaterbesucher liegt. Es ist ein beklemmendes Stück, ein Kriegsstück. Warum sollte es "Das Boot" sein?

Krüger: Ich bin ziemlich verwöhnt, was die Zuschauer betrifft. Volle Häuser und Standing Ovations bei "Ziemlich beste Freunde ". Bei "Das Boot" hingegen war klar: es ist ein Anti-Kriegsstück, es ist polarisierend, es ist vielleicht für weibliche Zuschauer nicht besonders attraktiv. Es gibt auch keine Geschichte in dem Sinn. Es geht darum, die Situation darzustellen, die Beklemmung und anzuregen, darüber nachzudenken, was Krieg bedeutet. Vor dem Hintergrund, was heute so passiert da draußen, wollen wir auch darauf aufmerksam machen, dass wir sehr aufpassen müssen. Außerdem bin ich jetzt in einem Alter, in dem ich weniger den Sonnyboy oder den jungen Lover spielen kann, sondern langsam diese Charakterrollen. Das ist für mich als Schauspieler heute auch viel interessanter. Ich möchte auch mal Stücke spielen mit ernsten Themen. Stücke, die aufdecken, die eine Message haben. Ich bin auch ein eher ernsthafter Mensch, der sich über viele Dinge Gedanken macht. Warum sollte ich das nicht in Stücken reflektieren können . . .

Auf Ihrer Facebook-Seite posten Sie regelmäßig Neuigkeiten zur Boot-Tour und man hat den Eindruck, dass Sie diese sehr genießen. Ist das so?

Krüger: Ja. Ich bin ein Vagabund, ich bin so aufgewachsen, dass man unterwegs ist und an verschiedenen Orten spielt. Und am Abend, wenn die Leute mit den Bildern im Kopf nach Hause gehen, bin ich schon wieder weg. Ich genieße es, in Bewegung zu bleiben, das hat auch eine gewisse Romantik für mich.

Wie entspannen Sie am liebsten zwischen zwei Auftritten?

Krüger: Beim Fahren. Ich fahre jeden Tag zwischen 200 und 600 Kilometer und für mich ist das die totale Entspannung. Ich kann nachdenken, meine Musik hören. Ich bin ja mit meinem Wohnmobil unterwegs und dort bin ich dann zu Hause. Wenn ich irgendwohin komme, mache ich auch gerne ein bisschen Sport, um fit zu bleiben. Tournee ist für mich Entspannung.

Sie spielen den Alten, den Kapitänleutnant. Sind Sie im wahren Leben auch eine Führungspersönlichkeit? Entspricht das Ihrem Charakter?

Krüger: Ich bin auf jeden Fall keiner, der nur delegiert, sondern ein Macher. Einer, der die Dinge in die Hand nimmt. Der auch manchmal eine gewisse Autoritätsperson ist, denn wenn man vier Kinder hat, muss ein bisschen Disziplin herrschen im Haus. Für Kinder ist es wichtig, diesen Halt zu haben, eine Hand, die sie führt, damit sie sich im Leben zurecht finden. Aber ich bin ein diplomatischer Mensch, der versucht, das auf angenehme Art und Weise zu machen. Ich bin ja auch Dozent an der Schauspielakademie Linz und merke auch dort: Junge Leute brauchen Inspiration, aber auch eine gewisse Strenge. Ihr Leben hat sich auch stark verändert. Es gibt wenig Struktur. Die Kommunikation mit den Eltern ist oft nicht so, wie sie sein sollte. Sie sind viel auf sich alleine gestellt, weil beide Eltern arbeiten müssen und vereinsamen durch die sozialen Medien eigentlich noch mehr. Ich merke immer wieder, wie wichtig es für die Schüler ist, diese Arbeit zu haben und jemanden, der ihnen Halt gibt.

Was ist Ihnen lieber, das Filmset oder die Bühne?

Krüger: Die Symbiose aus beidem. Theater wird gespielt, Film wird gemacht. Es ist viel sensibler, intimer, privater, vor der Kamera zu spielen, als auf der Bühne. Auf der Bühne, das ist halt Präsenz, Entertainment, Publikum greifen können und emotionalisieren. Wenn ich von der Tournee zurück komme, freue ich mich auf die Arbeit vor der Kamera und wenn ich lange vor der Kamera stehe, freue ich mich wieder auf die Bühne.

Das Forsthaus Falkenau, bei dem Sie lange Jahre den Förster Stefan Leitner gespielt haben, wurde 2013 trotz 16,5 Prozent Marktanteil abgesetzt, was Sie kritisiert haben. Was ist für Sie gutes Fernsehen und glauben Sie, dass wir uns zurzeit davon weg entwickeln?

Krüger: Oh ja. Die Entwicklung ist in einer Umbruchphase. Dass Dinge abgesetzt werden, ist normal. Damals gab es eigentlich keine Serien mehr, bei der die ganze Familie gemeinsam vor dem Fernseher sitzen konnte, und ich wollte eine Mischung machen aus "Die Waltons", "Bill-Cosby-Show" und "Meine kleine Farm". Viele Kinder, alleinerziehender Vater, verschiedene Typen, alle haben ihre eigenen Probleme - und dann Konflikte aufzeigen, Lösungen anbieten, zeigen, wie man diskutiert, wie man Kindern Mut macht. Das ist so ein sozialer Aspekt, der für mich ganz wichtig ist.

Die Entwicklung, die wir jetzt haben, ist ein bisschen bedenklich. Es wird billig produziert, es werden keine Schauspieler engagiert, sondern Laiendarsteller von der Straße abgegriffen, um irgendwelche Reality-TV-Geschichten zu machen, die zwar gut funktionieren, aber meinen Anspruch verfehlen. Es ist weniger Geld da für große Produktionen, internationale Produktionen kommen kaum noch vor. Das ist sehr schade. Andererseits haben wir die Entwicklung, dass für's Internet Sachen gemacht werden wie "House of Cards", was ich toll finde. Ich glaube, das ist die Zukunft und das gibt dann auch wieder jungen Leuten die Chance, aus eigenen Kräften Gelder zu mobilisieren, durch Crowdfunding, durch Werbung, und neue Produktionen zu machen.

Welches Projekt planen Sie als nächstes?

Krüger: Im Januar hab' ich mit "Ziemlich beste Freunde " Premiere der Wiederaufnahme in Hamburg, dann bereite ich eine Ausstellung für nächstes Jahr November in New York vor, dann bin ich wieder mit "Das Boot" unterwegs und hier und da werde ich wohl auch noch ein paar Fernsehproduktionen machen. Geplant ist im November 2016 noch eine Fotoausstellung in New York.

Vor dem Hintergrund, dass man in den letzten Jahren in den Medien von Schicksalsschlägen in Ihrem Leben gehört und gelesen hat (Anm.: 2011 starb Krügers Sohn Paul Luca am plötzlichen Kindstod, 2015 wurde seine Ehe geschieden): Wie geht es Ihnen?

Krüger: Mir geht es sehr gut. Die letzten vier Jahre waren sehr turbulent und schwierig, aber ich habe jetzt wieder zu einem schönen Leben gefunden und bin sehr glücklich, dass es wieder ruhiger geworden ist. Ich bin zufrieden, mit dem was ich habe. Die Kinder sind gesund und es ist eigentlich alles so, wie es sein sollte.

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