„Hüter der Erinnerung“: Starke Vorlage nicht ausgereizt

Zweibrücken · Keine Farben, keine Kriege und dank einer Droge keine Emotionen – so ist das Leben zu Beginn von Phillip Noyces Film „Hüter der Erinnerung“. Dann braucht der Einzige, der sich an das Böse von früher erinnern darf, einen Nachfolger. Und der revoltiert.

"Hüter der Erinnerung - The Giver"(Studiocanal) ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch ein Spitzencast und ein namhafter Regisseur nicht automatisch einen guten Film garantieren. Hier mühen sich Meryl Streep , Jeff Bridges , Alexander Skarsgård, Musikerin Taylor Swift und in der Hauptrolle Brenton Thwaites (Jonas) redlich, während Phillip Noyce ("Die Stunde der Patrioten") vom Regiesessel aus die Kommandos gibt. Dennoch will das dystopische Szenario um eine Gesellschaft, die sich ihrer Erinnerungen und Emotionen entledigt hat, nicht packen.

Erinnern darf sich nur noch der "Hüter der Erinnerung" (Jeff Bridges ), und der braucht zu Beginn altersbedingt einen Nachfolger (Thwaites). Dieser lernt schnell, dass es früher auch Kriege und daher schlimme Emotionen und gab, die die heutige, isoliert lebende Gesellschaft, drohnenüberwacht, Farben und Gefühlen beraubt und geführt von einer kompromisslosen Frau (Streep), nicht mehr kennt. Und dass die Prämisse "ohne Emotionen keine Verbrechen" nicht greift: Babys ohne die richtige Berufseignung und Alte werden regelrecht entsorgt.

Doch der künftige Erinnerungshüter erfährt, wie er das alles beenden und allen die Erinnerung zurückbringen kann. Das alles rauscht in 97 Minuten am Zuschauer vorbei, der meist unberührt bleibt. Weil die Bilder von Kriegserinnerungen, die bei Jonas Emotionen und Revolutionsgelüste schüren, für uns zu alltäglich sind? Weil der ganze Film ob eines schwachen Drehbuchs undramatisch daherkommt? In jedem Fall versiebt die Leinwand-Adaption das Riesenpotenzial der Vorlage von Lois Lowry fast gänzlich, die an Huxleys "Schöne neue Welt" oder Orwells "1984" heranreicht und Autoren erfolgreicherer Stoffe wie "Die Tribute von Panem" inspirierte. Mitproduzent Jeff Brigdes hatte vor fast 20 Jahren nach den Filmrechten gefragt, damals um seinem Vater Lloyd ({dagger} 10. März 1998) als Erinnerungshüter in Szene zu setzen. Das geht aus den interessanten Extras der Blu-Ray hervor. Schade, dass sein Engagement vor und hinter der Kamera weitgehend unbelohnt blieb.

Hüter der Erinnerung - The Giver, Studiocanal, 97 Minuten, Blu-Ray.

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