Horst Hund will Bengalos löschen

Zweibrücken · Über den Fall Böhmermann, Personalmangel in der Justiz, den neuen Justizminister Herbert Mertin sowie die Sicherheit in Fußballstadien sprach der Zweibrücker Generalstaatsanwalt Horst Hund bei seinem Besuch in der Merkur -Redaktion.

 Gefährliches Zündeln: Szenen wie diese will der Zweibrücker Generalstaatsanwalt Horst Hund in Fußballstadien künftig nicht mehr sehen. Foto: Federico Gambarini/dpa

Gefährliches Zündeln: Szenen wie diese will der Zweibrücker Generalstaatsanwalt Horst Hund in Fußballstadien künftig nicht mehr sehen. Foto: Federico Gambarini/dpa

Foto: Federico Gambarini/dpa

Vor einem Qualitätsverlust in der Justiz durch Personalmangel warnt der Zweibrücker Generalstaatsanwalt Horst Hund. "Die Sparzwänge werden immer größer", sagte er im Merkur-Redaktionsgespräch. Vor dem Hintergrund werde es der neue rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP ) schwer haben, die Situation zum Positiven zu verändern.

Noch leide die Qualität in der Justiz zwar nicht nennenswert: "Aber ich sehe es kommen", sagte Hund. Schon heute seien Staatsanwälte gezwungen, ihre Fälle oberflächlicher zu bearbeiten als früher. "Man kann eben mit 80 Litern kein 100-Liter-Fass vollmachen", bemühte der Generalstaatsanwalt eine Metapher. Ähnliche Probleme gebe es unter anderem auch bei den Richtern und der Polizei .

Grundsätzlich fand Hund lobende Worte über Mertin: "Er kann sehr gut mit Menschen umgehen", sagte er über den Minister. Das sei in dem Job eine Schlüsselkompetenz. Grundsätzlich ist Hund froh darüber, dass es nun wieder ein reines Justizministerium gibt. "Der Verbraucherschutz hat dazu nie gepasst", so der Generalstaatsanwalt. Das Ressort setze sich schließlich für Verbraucher ein, während die Justiz absolut neutral sein muss.

Stichwort Neutralität: Im Gespräch über Hunds Arbeit als Generalstaatsanwalt fiel immer wieder dieser Schlüsselbegriff. Egal ob ein Angeklagter sympathisch sei oder nicht: "Unser Job ist die absolute Neutralität!" Ein aktuelles Beispiel sei der Fall Jan Böhmermann. Der hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach Auffassung von Hund mit seinem Schmähgedicht in der Sendung "Neo Magazin Royale" beleidigt - auch wenn die öffentliche Meinung das zum größten Teil anders beurteile. "Wir arbeiten aber nicht nach Umfragen und Mehrheiten", betonte Hund. "Jedermann hat Anspruch auf Achtung seiner Persönlichkeit" - eben auch ein unbeliebter türkischer Präsident. Hund berichtete, dass der Druck auf die Justiz durch die sozialen Medien immer weiter zunehme. "Das müssen wir ausblenden können", sagte der Generalstaatsanwalt. Er betonte gleichzeitig, dass die Staatsanwaltschaft eben keine "Anklagebehörde", sondern eher "Aufklärungsbehörde" sei. Sie sei alleine der Wahrheit und dem Gesetz verpflichtet und sammele sowohl belastendes als auch entlastendes Material über die Angeklagten.

Hund selbst steht nicht an vorderster Front im Gerichtssaal. Als dienstvorgesetzte Behörde der Staatsanwaltschaften Frankenthal, Kaiserslautern, Landau und Zweibrücken ist die Generalstaatsanwaltschaft in der Regel selbst nicht strafverfolgend tätig, sondern fungiert vor allem als Aufsichtsbehörde. Insofern ist Hund etwa für eine gleichmäßige Personalverteilung und einen sinnvollen Einsatz der Mitarbeiter der Staatsanwaltschaften seines Bezirks mitverantwortlich. Und er ist so etwas wie das "Bindeglied" zwischen der Politik und den Strafverfolgungsbehörden.

Um die Arbeit seiner Untergebenen zu erleichtern, plädiert Hund für einen Ausbau der Vorratsdatenspeicherung: "Wenn wir das nicht haben, geben wir das Internet für Straftaten frei." Keinesfalls sei die Speicherung von Verbindungsdaten ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Privatsphäre. "Die Leute haben da eine ganz falsche Vorstellung", bedauerte Hund. Natürlich brauche die Staatsanwaltschaft für den Zugriff auf private Daten immer einen Gerichtsbeschluss. Verzichte man auf Vorratsdatenspeicherung, lasse man die Opfer von Straftaten im Stich.

Auch die Terrorbekämpfung werde dann schwieriger, sagte der Generalstaatsanwalt. Denn Deutschland sei ebenfalls im Visier von Terroristen. "Es wird einen Anschlag auf deutschem Boden geben", ist sich Hund sicher. Bauchweh habe er in Sachen Terrorgefahr auch mit Blick auf die bevorstehende Fußball-Europameisterschaft im benachbarten Frankreich. "Die Franzosen sind zwar sehr gut bei der Terrorabwehr. Für absolute Sicherheit kann man allerdings nicht garantieren", so Hund.

Apropos Fußball: Auch der gehört zum Zuständigkeitsbereich von Hund. Er ist einer von drei "Fußball-Generalstaatsanwälten" in Deutschland. In der Funktion ist er für die Sicherheit und die Bekämpfung von Straftaten im Zusammenhang mit dem Fußball zuständig. Dafür beobachtet er Spiele - wobei er von den Spielen selbst relativ wenig sehe, wie er betont - und steht in engem Kontakt mit DFB und DFL. So hat Hund etwa veranlasst, dass stärker gegen die Vermummung gewaltbereiter Fans vorgegangen wird. Zudem arbeitet er an wirksamen Maßnahmen gegen den Einsatz von Pyrotechnik in Stadien. "Da hätte ich gerne eine technische Lösung", erläuterte Hund. Zumal bei Einlasskontrollen nur ein Teil der Feuerwerkskörper entdeckt werden. Seine Idee: "Vielleicht kann man die Dinger im Stadion irgendwie ablöschen." Solche Überlegungen seien aber noch ganz am Anfang. Vor allem dürfe durch das Löschen der brennenden Bengalos niemand gefährdet werden.

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 Der Zweibrücker Generalstaatsanwalt Horst Hund (Mitte) im Gespräch mit den Merkur-Redakteuren Michael Klein (rechts) und Gerrit Dauelsberg (links). Foto: Mathias Schneck

Der Zweibrücker Generalstaatsanwalt Horst Hund (Mitte) im Gespräch mit den Merkur-Redakteuren Michael Klein (rechts) und Gerrit Dauelsberg (links). Foto: Mathias Schneck

Foto: Mathias Schneck

Zur Person Horst Hund trat 1984 in den rheinland-pfälzischen Justizdienst ein. 1989 wurde er ans Justizministerium abgeordnet, wo er bis 1997 tätig war. Danach wurde er Leitender Oberstaatsanwalt in Bad Kreuznach. 2006 wurde Hund, der ausgebildeter Boxtrainer ist, Leitender Oberstaatsanwalt in Koblenz. Seit Anfang 2012 ist er Generalstaatsanwalt in Zweibrücken . Der 58-Jährige aus Worms ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt in Mainz. gda

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