Hoffen auf ein positives Urteil

Zweibrücken · Überzeugend-faire Richter, ordentlich Fachchinesisch und eine handfeste Überraschung – das nennt Wolfgang Adelfang vom Zweibrücker Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), wenn man ihn auf ein Fazit der Gerichtsverhandlung in Sachen Mülldeponieerweiterung anspricht. Eine Berufung schließt er nicht aus.

 Der UBZ will die Mülldeponie erweitern. Der BUND will dies mit einer Klage verhindern. Jetzt haben die Richter am Oberverwaltungsgericht Koblenz das Wort. Foto: Eric Kolling

Der UBZ will die Mülldeponie erweitern. Der BUND will dies mit einer Klage verhindern. Jetzt haben die Richter am Oberverwaltungsgericht Koblenz das Wort. Foto: Eric Kolling

Foto: Eric Kolling

Basisabdichtung, Kationenaustauschkapazität, Mülltourismus - ganz tief rein in die Fachmaterie wollten vor dem Koblenzer Oberverwaltungsgericht die drei Richter unter Vorsitz von Jürgen Held eintauchen. Es ging um die Klage des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) gegen eine Erweiterungserlaubnis der Verwaltungsbehörde SGD Süd, wonach der Umwelt- und Servicebetrieb Zweibrücken (UBZ) seine Mülldeponie im Rechenbachtal weiter ausbauen darf (wir berichteten kurz). "Der Vorsitzende Richter hat sich relativ viel Mühe gegeben", zog Wolfgang Adelfang, Zweibrücker BUND-Chef, ein positives Fazit der viereinhalbstündigen Sitzung. "Ausgesprochen fair und sachlich" sei die Verhandlungsführung gewesen, Richter Held habe bei mancher Sachfrage Erklärungsbedarf angemeldet. Verständlich, ging es doch bei der Verhandlung um komplizierte Fachmaterie im Kontext von Deponiebau und Müllgesetzgebung.

Ein großer Kritikpunkt des BUND an den Ausbauplänen fußt darauf, dass angeblich die Planung nicht sicher verhindert, dass Schadstoffe auf dem künftigen fünften Deponieabschnitt in den Boden gelangen. Stichwort: mangelhafte Basisabdichtung (wir berichteten). Diese nahm laut Adelfang einen wesentlichen Teil der Verhandlung ein - und wurden auf Wunsch des Richters vorgezogen, weil die nötige Konzentrationsfähigkeit für diese Expertenmaterie zu Beginn am höchsten war. Es sei um Din-Normen gegangen, vom BUND erhobene Zweifel an der Richtigkeit eines Gutachtens, das die Firma Asmus und Prabucki im Auftrag des UBZ erstellt hatte, und dort enthaltene Rechenfehler. Für den BUND argumentierte Manfred Neumüller, früher Mathelehrer am Zweibrücker Helmholtz-Gymnasium. Für Asmus und Prabucki habe der Ersteller des Gutachtens, Prokurist Hartmut Kürmann, seine Sicht der Dinge dargestellt.

Eine handfeste Überraschung sei dabei die Aussage von Georg Wieber, Chef des rheinland-pfälzischen Amtes für Bergbau und Geologie, gewesen, fand Adelfang. Besagte Behörde hatte unter Wiebers Amtsvorgänger höhere Grenzwerte bei der Bodenabdeckung empfohlen als letztlich abgesegnet worden waren. Nachdem UBZ-Chef Werner Boßlet zwischenzeitlich mit einer Klage gedroht hatte, falls die höheren Grenzwerte auferlegt werden sollten, hatte das Landesgeologieamt unter Wieber nachgegeben, aber darauf verwiesen, dass völlig unklar sei, ob die Abdichtung mit diesen Werten halte. Vor Gericht sei Wieber laut Adelfang umgeschwenkt und habe auch die niedrigeren Grenzwerte für ausreichend erklärt, schließlich habe sich die Deponietechnik im Laufe der Zeit geändert. "Da waren wir schon baff", so Adelfang. Auch dem Richter seien die Widersprüche zwischen dieser Aussage und den Verwaltungsakten aufgefallen. Das Thema Überdimensionierung der geplanten Anlage war laut Adelfang ein Teil, der eher kurz abgehandelt wurde: "Da hat jede Seite nur ihr vorbereitetes Statement abgegeben." Die Richter hätten erkannt, dass der Import italienischen Mülls nicht das Gelbe vom Ei sei, die rechtliche Handhabe dagegen sei aber eher nicht gegeben, glaubt Adelfang. Im Gesetz sei aber auch zu den Themen Basisabdichtung und Schadstoffrückhaltung zu dem Thema wenig geregelt.

Bei der Verhandlung waren auch einige Mitglieder der Mörsbacher Bürgerinitiative (BI) und Ortsvorsteherin Susanne Murer (Grüne) im Saal. Sie zeigte sich zufrieden: "Egal wie es ausgeht: Ich finde gut, dass wir überhaupt dort gesessen haben. Wir haben schon viel bewirkt." In der Verhandlung habe es in ihren Augen keine Überraschungen gegeben. "Es wurde erklärt, wenn man bei der Abdichtung zuviel Ton nimmt und es regnet nicht, dann trocknet das und es bilden sich Risse, dann kann etwas durchsickern. Wenn es zuviel regnet, kann es sich vollsaugen, und es verdichtet sich nicht mehr richtig, und Unfälle können passieren", so Susanne Murer. Daher habe BUND-Anwältin Joy Hensel die Frage aufgeworfen, ob das Rechenbachtal überhaupt ein geeigneter Standort sei.

Auch Experten der SGD Süd waren vor Ort, hatte doch die Behörde das sogenannte Planfeststellungsverfahren durchgeführt und dabei auch eine zweitägige Bürgeranhörung in der Zweibrücker Festhalle durchgeführt. Der damalige Leiter Patric Liebscher war auch in Koblenz vor Ort. Wie beurteilt die SGD das Verfahren? Sprecherin Ulrike Schneider: "Aus unserer Sicht war der Verlauf okay, wir hoffen auf ein positives Urteil." Vom UBZ war bisher keine Stellungnahme zu erhalten.

Dieses soll den Partien in nunmehr zwei bis drei Wochen zugehen - Ausgang offen. Wolfgang Adelfang schließt eine Berufung nicht aus. Nach einem Verfahren des Oberverwaltungsgerichts könne man diesen Schritt nur gehen, wenn der Gegenstand von bundesweitem Interesse sei oder rechtliches Neuland betreten werde, so Adelfang. "Wir wissen noch nicht, wie das Urteil ausfällt und an welchen Punkten die Richter es festmachen." Bei bundesweitem Interesse wolle der BUND weitergehen. Finanziell könne er das stemmen. Der Streitwert betrage 15 000 Euro, die Gerichtskosten betrügen 1172 Euro, in weiteren Instanzen seien diese höher. Die Bürgerinitiative Mörsbach habe dem BUND Spenden zukommen lassen. Wer nachher das Verfahren gewinne, müsse aber nichts zahlen.

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