Campus Zweibrücken Technik und Gesellschaft steuern Logistik-Trends
Zweibrücken · Professor Christian Thurnes, der am Campus Zweibrücken unter anderem technische Betriebswirtschaft lehrt, gibt einen Einblick in die Herausforderungen der Branche.
Die Digitalisierung und Automatisierung dringt in beinahe alle Lebensbereiche vor. So sieht sich auch die Logistikbranche vor neue Herausforderungen gestellt. Stichworte wie „Logistik 4.0“ oder „smart Logistik“ machen die Runde. Professor Christian Thurnes, Pro-Dekan im Fachbereich Betriebswirtschaft an der Hochschule Kaiserslautern, gibt eine Einordnung – auch im Hinblick auf die geplante Ansiedlung von Amazon in Zweibrücken. Dabei will sich Professor Thurnes nicht für oder gegen Amazon positionieren. Der Logistik-Fachmann, der sein Wissen unter anderem im Studiengang technische Betriebswirtschaft am Campus Zweibrücken an junge Studierende weitergibt, will vielmehr einen Ausblick geben auf die kommenden Trends in der Branche.
„Im Moment haben wir eine Situation, in der die Verbraucher von geringen Logistik-Kosten profitieren. Aus aller Welt werden Waren zu niedrigen Kosten geliefert und die Menschen nehmen das gerne an“, erklärt er. Ob das in Zukunft noch genauso sein wird, kann der Logistik-Fachmann nicht sagen. Man habe ja im Wahlkampf gesehen, dass es Menschen gebe, denen zum Beispiel die Regionalität der Waren wichtig sei. Vielleicht werde das ein zukünftiger Trend.
Als Logistiker muss man vor allem eines sein: flexibel. Globale Warenströme müssen organisiert werden und technologische Neuerungen müssen in den Logistik-Prozess eingebunden werden. „Automatisation ist notwendig“, sagt er, „man will keinen Stau erzeugen, die Prozesse müssen ineinanderfließen. Nicht nur die Digitalisierung hilft dabei, sondern auch die Produkte selbst, die immer intelligenter werden. Sie wissen zum Beispiel, was sie sind, wo sie herkommen und wo sie hinmüssen. Auch die Regale, in denen die Waren zwischengelagert werden, werden immer schlauer. Sie kennen ihren Inhalt, sie können sich selbstständig bewegen und zum Beispiel zur Seite fahren, wenn sie gerade nicht gebraucht werden.“
Kleinteilige Produkte würden in Logistik-Zentren schon auf diese Weise organisiert, bei sperrigen oder großen Gütern sei das noch nicht der Fall, so Thurnes. Im Hinblick auf die Automatisierung der Logistik stellt sich die Frage nach den Arbeitsplätzen, die womöglich in Zukunft abgebaut werden, weil für automatisierte Systeme immer weniger Menschen gebraucht werden. Professor Thurnes ist überzeugt: „Menschliche Fähigkeiten werden immer benötigt, in den Bereichen Planung und Konzeption zum Beispiel. Auch bei der Wartung und dem Betrieb von Systemen wird man Arbeitskräfte brauchen. Der Mensch ist einfach unglaublich flexibel. Wenn ein Knick im Paket ist oder ein Fleck auf dem Label, weiß er, was zu tun ist. Es wird noch dauern, bis man keine Menschen mehr braucht.“
Allerdings werde in Zukunft ein höheres Qualifikationsniveau der Mitarbeiter gefragt sein, ist er überzeugt. „Der Faktor Mensch wird eine Rolle spielen, doch die Rolle wird sich ändern.“ Gute Unternehmen würden deshalb in die Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter investieren. Als ein vernünftiges Zeitfenster, in dem man die Entwicklung der Branche abschätzen könne, gibt er fünf bis zehn Jahre an.
Als Beispiel führt der Zweibrücker Professor die Drohnen zur Auslieferung von Paketen an, mit denen Amazon experimentiert. „Technisch ist das heute schon machbar, aber es ergeben sich noch jede Menge juristische und gesellschaftliche Fragestellungen“, erklärt er, „und dann muss man auch die Ökonomie im Blick haben: Rechnet sich das?“ Für die Drohnenauslieferung von Paketen sieht er im Moment einen Nischenmarkt. Das käme vor allem für dünn besiedelte Regionen in Frage, bei denen die Routen für Auslieferungsfahrzeuge zu lang würden.
In Zweibrücken beschäftigt sich der Studiengang technische Betriebswirtschaft unter anderem mit Logistikfragen innerhalb von Unternehmen. „Logistik ist die Wissenschaft, wie wir Prozesse planen, durchführen und kontrollieren, damit Dinge zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind – in der richtigen Menge und im richtigen Zustand“, sagt Professor Thurnes. So müsse zum Beispiel Amazon an seinem potenziell zukünftigen Standort am Steitzhof die ankommenden und abfahrenden Fahrzeuge planen, so dass nicht alle Transporter zur gleichen Zeit auf den Zufahrtswegen unterwegs sind.
Gerade weil die Logistikbranche sich so schnell ändert, kann Professor Thurnes keine Langzeit-Entwicklungen voraussagen: „Wir können nicht wissen, was kommen wird, die technische und gesellschaftliche Entwicklung ist dynamisch.“