Verfahren kommt nicht voran Hitze und eine Hornisse verhindern Geständnis in Millionenbetrug-Prozess

Zweibrücken · Zwei Kassierer sollen im Laufe mehrerer Jahre über eine Millionen Euro zur Seite geschafft haben. Die beiden früheren Mitarbeiter der VR-Bank Südwestpfalz stehen deshalb vor Gericht. Heute sollte es eigentlich weitergehen – wenn es nicht so heißt wäre und ein Insekt dem Ganzen einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte.

 Die Hitze machte vor allem den beiden Angeklagten zu schaffen, ein Hornissenstich auch einem der Verteidiger. (Symbolbild: eine Hornisse)

Die Hitze machte vor allem den beiden Angeklagten zu schaffen, ein Hornissenstich auch einem der Verteidiger. (Symbolbild: eine Hornisse)

Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Es geht nicht so recht voran im Berufungsprozess um den Millionenbetrug bei der „VR-Bank Südwestpfalz Pirmasens-Zweibrücken“, der vergangene Woche erneut vor der Dritten Großen Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken gestartet war. Ein erster Versuch, das Verfahren durchzuführen, war vor einem Jahr im Zuge der Corona-Pandemie gescheitert: Erst war ein Verteidiger, der Pirmasenser Rechtsanwalt Rainer Fuchs, dann einer der beiden angeklagten Ex-Kassierer an Covid-19 erkrankt. Weshalb der Prozess mehr als drei Wochen unterbrochen werden musste – also viel länger, als es die deutsche Strafprozessordnung erlaubt.

Warum der Prozess am Montag nicht zustande kam

Aktuell sind es die Hitze und ein Hornissenstich, die das Verfahren ins Stocken bringen. Für diesen Montag hatte der St. Ingberter Strafverteidiger Robert Münch, der den älteren der 72 und 73 Jahre alten Angeklagten vertritt, eine von ihm verlesene „Einlassung“ seines Mandanten angekündigt (wir berichteten).

Doch aus dem Geständnis wurde nichts. Die Hitze mache dem ohnehin gesundheitlich angeschlagenen Rentner derart zu schaffen, dass er wohl seiner eigenen Erklärung nicht folgen könne, gab der Rechtsanwalt zu bedenken. Und auch er selbst leide unter den Folgen des Stichs einer Hornisse in die Unterlippe, den er vor wenigen Tagen davongetragen habe, verriet der Verteidiger nach dem Ende der Verhandlung unserer Zeitung. Weshalb ihm das Sprechen schwer falle.

Wann es jetzt weitergehen soll

Ein ähnliches Klagelied hatte zuvor auch Rechtsanwalt Fuchs eingestimmt, der zum wiederholten Male die „generellen Beeinträchtigungen“ seines Mandanten hinsichtlich dessen Erinnerungs- und Konzentrationsvermögens reklamierte. Zudem falle es dem 71-Jährigen sehr schwer, sich zu artikulieren – erst recht bei diesen hohen Temperaturen.

Woraufhin der Vorsitzende Richter Jochen Pohlit ein Einsehen hatte und – wohl in der Hoffnung auf dann nicht ganz so heißes Wetter – vorschlug, das Verlesen der versprochenen „Einlassung“ auf den Verhandlungstermin 19. Juli zu legen. Womit sich alle Prozessbeteiligten kopfnickend einverstanden erklärten.

So wurden die beiden Angeklagten am Montag nur ergänzend zu den von ihnen bereits gemachten Angaben zu den persönlichen Verhältnissen befragt. Unter anderem interessierte Richter Pohlit, wie sie sich kennengelernt haben. Antwort: beim Fußball. Dort habe der Ältere, der bereits damals bei der VR-Bank arbeitete, dem Jüngeren, der als gelernter Einzelhandelskaufmann seinerzeit eine neue Anstellung suchte, empfohlen, sich bei dem Kreditinstitut zu bewerben, wie der 72-Jährige am Montag über seinen Verteidiger erklären ließ. Sie hätten damals zwar als Nachbarn in einem „Vorort“ von Pirmasens gewohnt, seien dann zwar Kollegen, aber keine klassischen Freunde geworden, ließ der Angeklagte über seinen Rechtsanwalt klarstellen.

Das wird den beiden Kassieren vorgeworfen

Nun stehen die beiden ehemaligen Kassierer vor der Dritten Großen Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken, weil sie – wie auch die Staatsanwaltschaft Zweibrücken (sie hatte in der ersten Instanz auf je vier Jahre Gefängnis plädiert) – gegen die damalige Verurteilung des Schöffengerichts am Amtsgericht Pirmasens Berufung eingelegt hatten. Dort waren sie am 27. Oktober 2020 wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Unterschlagung mit jeweils drei Jahren und neun Monaten Haft bestraft worden. Nach Überzeugung des Schöffengerichts sollen sie von 2002 bis 2018 insgesamt 1,14 Millionen Euro beiseitegeschafft haben, indem sie den Fehlbetrag auf drei bankinternen Konten hin und her buchten. So hätten sie den Eindruck erweckt, das entnommene Geld sei lediglich innerhalb der Bank im Umlauf, physisch noch vorhanden. Durch diese Scheinbuchungen sei es den beiden Kassierern, die sich seinerzeit an der Hauptkasse der Bank gegenseitig vertreten hatten, gelungen, den Fehlbetrag jahrelang zu verschleiern.

Erst als der jüngere der beiden Ex-Kassierer kurz vor der Rente stand und der ganze Schwindel im Zuge der Kassenübernahme durch einen Nachfolger aufzufliegen drohte, offenbarte sich der Angestellte am 26. Februar 2018 einem Bank-Vorstand. Sein Komplize war zu diesem Zeitpunkt bereits im Ruhestand.

Die inzwischen 72 und 73 Jahre alten Männer hatten stets beteuert, sich nicht persönlich bereichert, sondern das – bis heute spurlos verschwundene – Geld einem Kaiserslauterer Geldtransporteur komplett als Darlehen gegeben zu haben.

Fortgesetzt wird die Verhandlung am Landgericht Zweibrücken bereits diese Woche Mittwoch, 12. Juli, dann sagen mehrere geladene Zeugen aus. Am 19. Juli soll das Geständnis folgen.