Historischer Verein Zweibrücken Eine Tafel für ein denkwürdiges Ereignis

Zweibrücken · Der Historische Verein Zweibrücken gestaltete die 24. Stadtrundgangstafel, die am Sonntag offiziell der Stadt übergeben wurde. Gewidmet ist sie einem zerstörten Denkmal und drei Verfechtern für die Demokratie in Deutschland.

Zur Einweihung der neuen Stadtrundgangstafel zu Ehren von Matthias Erzberger, Friedrich Ebert und Walter Rathenau sprachen auch die Beigeordnete der Stadt Zweibrücken, Christina Rauch, sowie der Vorsitzende des Historischen Vereins Zweibrücken, Michael Schubert (rechts).

Zur Einweihung der neuen Stadtrundgangstafel zu Ehren von Matthias Erzberger, Friedrich Ebert und Walter Rathenau sprachen auch die Beigeordnete der Stadt Zweibrücken, Christina Rauch, sowie der Vorsitzende des Historischen Vereins Zweibrücken, Michael Schubert (rechts).

Foto: Michael Haupt

Es muss an jenem 11. September 1932 ein unglaublicher Anblick gewesen sein, als sich 15 000 Zweibrücker auf dem Hilgardplatz versammelt hatten, um der Enthüllung des schon damals umstrittenen Denkmals für die ausgewiesenen Demokraten Matthias Erzberger (Zentrum), Friedrich Ebert (SPD) und Walter Rathenau (DDP) beizuwohnen. Es war eine Demonstration für eine junge, noch vergleichsweise unerfahrene Demokratie. Und doch überlebte das sechs Meter hohe Denkmal aus pfälzer Sandstein nur wenige Monate, bevor es mithilfe eines Pferdefuhrwerks von den Nazis zerstört wurde.

Auf Einladung des Historischen Vereins Zweibrücken wurde am vergangenen Sonntag an dieses Ereignis erinnert. Die 24. Stadtrundgangstafel ist dem Denkmal und damit den drei Verfechtern für die Demokratie in Deutschland gewidmet. Den musikalischen Rahmen lieferte Hans Bollinger. „Die Einweihung dieses Denkmals vor genau 90 Jahren geriet zu einer letzten und äußerst beeindruckenden Demonstration der demokratischen Kräfte in Zweibrücken“, sagte Michael Schubert, Vorsitzender des Historischen Vereins im Rahmen der Einweihung der Tafel. „Und das, obwohl die Teilnehmer wussten, dass viele ihrer Mitbürger die Begeisterung für die Demokratie nicht teilten. Denn Zweibrücken war eine Hochburg der Nazis“, ergänzte Schubert.

Erzberger, Ebert und Rathenau galten dem rechten Lager als Erfüllungspolitiker, da sie die vertraglichen Verpflichtungen des Versailler Vertrags, der das Ende das Ersten Weltkriegs bedeutete, erfüllen wollten, um die Existenz der Weimarer Republik zu sichern. Auf der Stadtrundgangstafel ist das Denkmal im stehenden und im zerstörten Zustand zu sehen. „Man wusste damals, wer das gemacht hatte. Die Verantwortlichen wurden aber nie zur Rechenschaft gezogen. Die Einzelteile landeten im städtischen Bauhof. Und nach dem Zweiten Weltkrieg verschwanden sie völlig“, sage Schubert.

Aber die Idee des Denkmals verschwand nicht völlig. In der Berufsbildenden Schule (BBS) Zweibrücken wurde vor einigen Jahren ein Modell des Denkmals nachgebaut, wo es auch heute noch zu sehen ist. „Dass die Tafel nun hier steht, ist der Stadthistorikerin Charlotte Glück geschuldet. Damit soll auch der Bedeutung Zweibrückens als einer Wiege der Demokratie in Deutschland Rechnung getragen werden“, erklärte Schubert.

Das Thema sei kein „Schnee von gestern“. Das Wiedererstarken nationalistischen und rassistischen Gedankenguts sei in Deutschland und Europa unübersehbar. Die Tafel solle daran erinnern, dass es sich lohne den Geist einer weltoffenen, pluralen Gesellschaft zu verteidigen.

„Nur, wer seine Geschichte kennt, hat auch eine Zukunft“, sagte die Beigeordnete der Stadt Zweibrücken, Christina Rauch. Mit Blick auf die Vergangenheit sei es unser aller Auftrag, erstrittene und gewachsene Demokratie zu leben und besser zu machen. Sie bedankte sich beim Historischen Verein für die Gestaltung und Übergabe der Tafel an die Stadt Zweibrücken als weiteren Pfeiler der Demokratiegeschichte.

Wer mehr über die Geschichte Zweibrückens erfahren möchte, ist bei den regelmäßigen Stadtführungen gut aufgehoben. Das Kultur- und Verkehrsamt der Stadt hat rund zehn Stadtführer zur Verfügung, die Gruppen bis 25 Personen zu den mitunter verborgenen Schätzen der Rosenstadt führen. Einer von ihnen ist übrigens Michael Schubert. Zu Fuß, mit dem Rad oder per Bus kann die Stadt – manchmal auch mit ihm – zu unterschiedlichen Themen unter die Lupe genommen werden. Am Sonntag, 2. Oktober, gibt es zum Beispiel eine geführte Busrundfahrt zu den Gründerzeit- und Fabrikantenvillen Zweibrückens. Ausgebildet wurde Michael Schubert von Stadtmuseumsleiterin Charlotte Glück, die auch 2. Vorsitzende des Historischen Vereins ist. „Die Stadtführungen machen mir großen Spaß. Die Nachfrage hat im Zuge der Pandemie leider nachgelassen. Ich hoffe, das ändert sich wieder“, sagte er. Meist kommen die Gäste von außerhalb. „Ich hatte schon Bewohner eines Altenheims aus Luxemburg oder eine evangelische Gruppe aus der Nähe von Pforzheim“, ergänzte Michael Schubert, im Hauptberuf Richter am Landgericht.

Hans Bollinger spielte zur Eröffnung der neuen Stadtrundgangstafel unter anderem ein Lied von Bob Dylan in einer deutschen Übersetzung mit dem Titel „Die Zeit wird bald ganz anders sein“.

Hans Bollinger spielte zur Eröffnung der neuen Stadtrundgangstafel unter anderem ein Lied von Bob Dylan in einer deutschen Übersetzung mit dem Titel „Die Zeit wird bald ganz anders sein“.

Foto: Michael Haupt

Kontakt und Infos zum Thema Stadtführungen: Kultur- und Verkehrsamt Zweibrücken, Maxstraße 1, Tel. (06332) 87 14 71; Mail: tourist@zweibruecken.de

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