Historischer Verein Zweibrücken Als Frauen die Kunst eroberten

Zweibrücken · Die Malerkolonie im badischen Grötzingen und vor allem die Dependance im elsässischen Obersteinbach stehen im Mittelpunkt eines Vortrags von Bernhard H. Bonkhoff beim Historischen Verein Zweibrücken.

 Junge Malerinnen vor dem Haus Fricker-Sensfelder, dem Zentrum der Malerkolonie Obersteinbach. Links die große Mal-Veranda, dahinter befindet sich der Mal-Saal.

Junge Malerinnen vor dem Haus Fricker-Sensfelder, dem Zentrum der Malerkolonie Obersteinbach. Links die große Mal-Veranda, dahinter befindet sich der Mal-Saal.

Foto: Reproduktion von Bernhard H. Bonkhoff/Bernhard H. Bonkhoff

(red) Beim nächsten Vortragsabend des Historischen Vereins Zweibrücken, am Mittwoch, 13. März, um 19 Uhr im Kapellenraum der Karlskirche, wird der emeritierten Pfarrer Bernhard H. Bonkhoff, der auch Vorstandsmitglied des Historischen Vereins ist, über das grenzüberschreitende Kunstprojekt in den Malerdörfern Grötzingen bei Karlsruhe und Obersteinbach in den französischen Nordvogesen berichten.

Mit dem Erwerb eines Sommer­hau­ses durch Friedrich Kallmorgen im Jahre 1889 begann die Geschichte der Grötzinger Maler­ko­lo­nie. Wenig später kaufte der Tiermaler Otto Fikent­scher die Augus­ten­burg, ein ehemals markgräf­lich-badisches Schloss, in dem er sich mit seiner Frau Jenny niederließ. Ihre Karls­ru­her Maler­kol­le­gen Gustav Kampmann, Franz Hein, der schon bald das Land um Nieder- und Obersteinbach an der pfälzisch-elsässische Grenze kennen lernte und von der Schönheit der Nordvogesen begeistert war, und Karl Biese schlossen sich mit ihren Familien an. Immer im künst­le­ri­schen Austausch mit der nahege­le­ge­nen badischen Residenz, gehörten die Grötzinger zu den Gründungs­mit­glie­dern des 1896 entstan­de­nen sezes­sio­nis­ti­schen „Karlsruher Künst­ler­bun­des“.

Inzwischen hatte die Künstlerkolonie etliche Malschülerinnen gewonnen. Da Frauen in jener Zeit noch nicht studieren konnten oder nur mit Ausnahmegenehmigung Zugang zu Kunstakademien erhielten, gaben manche Kunstprofessoren Privatunterricht und scharten so einen Kreis von Schülerinnen um sich. Das war auch in Grötzingen so, und also zog Franz Hein jedes Jahr im Spätsommer und Herbst mit seinen Schülerinnen nach Obersteinbach, damit sie sich in der Freiluft-Malerei üben konnten. Zentrum wurde die Gastwirtschaft Fricker-Sensfelder, das heutige Hotel Anthon. Bei diesen Aufenthalten legten die Maler ein Gästebuch an, das im vergangenen Jahr, zusammen mit einem Dutzend Arbeiten der Malerkolonie, in einem Obersteinbacher Privathaus entdeckt wurde.

Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs erlosch die elsässische Dependance der Grötzinger Malerkolonie, doch es dauerte nicht lange, bis wieder Maler kamen – jetzt aus dem deutsch-französischen Grenzland. Der neusach­li­che Maler Georg Scholz ist als einziger der Grötzinger Künstler aus dieser Zeit noch heute weit über Baden hinaus bekannt.

Nachdem im Frühjahr 2018 Gästebuch und Bilder von der Obersteinbacher Malerkolonie aufgefunden wurden, haben sich der Obersteinbacher Heimat- und Kulturverein und der Grötzinger Künstlerbund zusammengetan, um in einem deutsch-französischen Gemeinschaftsprojekt, unter anderem mit Ausstellungen, die Geschichte der Malerkolonie Obersteinbach aufzuarbeiten.

In Obersteinbach wird bereits im Herbst dieses Jahres eine solche Ausstellung veranstaltet, zu der ein ausführlicher Katalog erscheinen wird, herausgegeben von dem Kirchenhistoriker Bernhard H. Bonkhoff.

Auch Nichtmitglieder sind beim Historischen Verein wie immer herzlich willkommen.

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