Heimelige Geschichten zu perfekter Klassik

Zweibrücken · Das Programm schwer durcheinandergewürfelt hat gestern Abend die bekannte Schauspielerin Senta Berger bei ihrem Auftritt in der Festhalle. Das tat der gelungenen Veranstaltung aber keinen Abbruch.

 Hatte ihren Spaß inmitten der Musiker: Schauspielerin Senta Berger in der Festhalle. Foto: sedi

Hatte ihren Spaß inmitten der Musiker: Schauspielerin Senta Berger in der Festhalle. Foto: sedi

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Ein Buch habe sie versehentlich liegen lassen, teilte Senta Berger zu Beginn der Konzert-Lesung gestern Abend in Zweibrücken mit - somit habe sie das vorgesehene Programm ändern müssen. Ein wenig spekuliert wurde schon, was denn möglicherweise die wahren Gründe der Programmänderung gewesen sein könnten. Wie es auch immer gewesen sein mag - der durcheinandergewürfelte Ablauf funktionierte problemlos.

Zwar fielen Texte von Antonio Vivaldi , Brecht und Molnar weg, dafür gab es einiges von Joachim Ringelnatz zu hören - und zwei Geschichten von Senta Berger selbst. Unter dem Titel "Was meine Mutter zu Weihnachten erzählt hat" fasste die Schauspielerin die Erinnerungen ihrer Mutter zusammen. Wie sie ab dem Alter von 15 Jahren für die ganze Familie sorgen musste, sich mit dem alkoholkranken Vater herumschlagen musste, wie sie später nicht mochte, dass die Enkel so viele Geschenke bekamen oder wie sie völlig unbeeindruckt davon war, dass ihre Tochter Filme mit Kirk Douglas drehte - all das war eine Eloge auf eine bewundernswerte und herzliche Frau, die von ihrer Tochter wohl sehr geliebt wurde. Ihre eigenen Weihnachtserinnerungen schilderte Senta Berger vor allem unter dem Aspekt der geliebten Rituale: Wie sie als Mädchen auf das Christkind wartete, das dann doch schon zum Fenster herausgeflogen war, kaum dass sie ins Zimmer getreten war - das war etwas fürs Herz der etwa 450 Besucher. Allerdings, so gab die 74-jährige zu, habe sie einer Klassenkameradin "eine geschmiert", als diese die Existenz des Christkindes anzweifelte. Wer also die beliebte Künstlerin etwas näher kennenlernen wollte, war in der Zweibrücker Festhalle richtig.

Die ausgesuchten Texte handelten eine größere Bandbreite ab: Das ging vom philosophisch-satirischen "Das Kind" von Alfred Polgar bis zum Dialog über eine verpasste Liebe aus dem Theaterstück "Anatol" von Arthur Schnitzler . Dazwischen las die Berger immer wieder kurze amüsante Gedichte von Ringelnatz.

Auch die musikalischen Beiträge des Südwestdeutschen Kammerorchesters hielten nicht exakt die im Programmheft angegebene Reihenfolge ein - das fiel ebenfalls nicht weiter ins Gewicht. Die Stücke aus dem Barock bis zur Romantik bewegten sich innerhalb des leicht verdaulichen Wohlklangs - das ist bei weihnachtlicher Musik ja auch nicht anders zu erwarten. Das von Timo Handschuh geleitete Orchester überzeugte vor allem mit großer Präzision und einem sauberen Klangbild. Ausgewählt wurden weniger bekannte Weihnachtsstücke wie eine Pastorale von Carl Reinecke oder der "Tanz der kleinen Mädchen" von Niels Wilhelm Gade - ein angenehmer Kontrapunkt zur Überflutung mit Klassikern der Weihnachtsmusik.

Insgesamt erlebten die Besucher also einen ausgewogenen Abend, nicht zu sentimental, aber dennoch mit viel Herz. Nur die Zugabe von Senta Bergers Seite hätte umfangreicher ausfallen dürfen: Da musste sich das Publikum mit einem kurzen Ringelnatz-Gedicht begnügen.

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