Gurs-Ausstellung im Stadtmuseum „Dass ein Stück Brot ein Kleinod ist“

Zweibrücken · Am Freitag wurde die Ausstellung über die Deportation pfälzischer Juden nach Gurs eröffnet.

 Der Historiker Roland Paul führte in die Ausstellung über das Internierungslager Gurs ein.°

Der Historiker Roland Paul führte in die Ausstellung über das Internierungslager Gurs ein.°

Foto: Sebastian Dingler

Gurs – der Name des französischen Dorfes am Rande der Pyrenäen erinnert an die Verbrechen der Nazis an jenen Menschen, die nicht in ihr Weltbild passten. Hauptsächlich Juden waren es, die in das Internierungslager „Camp de Gurs“ gebracht wurden. Im Oktober 1940 startete die sogenannte Wagner-Bürckel-Aktion, die fast alle Jüdinnen und Juden (insgesamt 6504) aus Baden, Pfalz und Saarpfalz in das Lager brachte. Dort herrschten unwürdige Zustände mit Kälte, Schlamm und viel Ungeziefer  – wer daran nicht starb oder von dort flüchten konnte wie beispielsweise Hannah Arendt, der wurde 1942 nach Auschwitz gebracht und dort umgebracht.

Jetzt eröffnete eine Ausstellung zu dem Thema im Stadtmuseum: Auf Bildtafeln werden dort Einzelschicksale, Briefe, Fotos oder Landkarten gezeigt, die das Grauen dieser Deportationen verdeutlichen. Es handelt sich dabei um eine Wanderausstellung für die Länder Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Saarland, erarbeitet und kuratiert von der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannseekonferenz in Berlin in Kooperation mit dem Bezirksverband Pfalz. Die offizielle Eröffnung fand am letzten Freitag im Herzogsaal des Stadtmuseums statt.

 In die Ausstellung führte Roland Paul ein, Leiter der Arbeitsstelle jüdische Geschichte in Rheinland-Pfalz, der sich seit 30 Jahren intensiv mit dem Thema befasst hat. Er begann mit Worten des Landauer Dichters Eugen Fried, geschrieben in Gurs, über den Hunger: „Dass ein Stück Brot ein Kleinod ist“ begann das Gedicht des Lagerinsassen, der im Gegensatz zu vielen anderen überlebte. Paul erinnerte daran, wie es im Nazideutschland mit der Judenverfolgung begann: Mit dem Aufstellen der „Stürmerkasten“, in denen das antisemitische Hetzblatt aushing, mit den Schildern „Juden sind hier unerwünscht“, mit dem Ausschluss der Juden aus Badeanstalten über die Pogromnacht 1939 bis eben zur Deportation.

In die USA auszuwandern war damals leider mit hohen Hürden verbunden. Am 22. Oktober 1940 mussten jüdische Familien innerhalb einer halben Stunde ihre Koffer packen und wurden gezwungen, sich zum Bahnhof zu begeben.

Aus Zweibrücken wurden 16 jüdische Menschen deportiert, Paul las ihre Namen alle vor. Nach einer grauenvollen Reise nach Südwestfrankreich gelangten die Deportierten ins Lager. Ein Brief der Landauerin Gretel Drexler schildert die katastrophalen hygienischen Zustände. Sie bittet darin auch um Handtücher, Essen und abgetragene Schuhe („nur nichts Gutes, der Schlamm ist überall“). Paul war an die Briefe geraten, weil Gretel Drexlers Tochter Dorothea eines Tages in einem seiner Vorträge in der ersten Reihe saß und dabei stark weinen musste. Er hatte sie daraufhin angesprochen und sie ihm die Briefe übergeben.

Überhaupt hatte Paul einigen persönlichen Kontakt mit Überlebenden sowie deren Angehörigen. Deshalb berichtete er viel von einzelnen Schicksalen, die das Grauen ja oft greifbarer machen als nackte Zahlen. 1941 befanden sich 12 000 Internierte im Lager, das nur für 9000 Menschen ausgelegt war. Verschiedene kirchliche und andere caritative Hilfsorganisationen minderten die Not, indem sie Lebensmittel verteilten. Auch konnten einige Insassen, vor allem Kinder, gerettet und versteckt werden. Einige wenige schafften es sogar, sich aus dem Lager heraus die ersehnten Visa für die USA zu besorgen.

Ab 1942 begannen die Nazis in Zusammenarbeit mit der Vichy-Regierung und der französischen Polizei, die Gurs-Internierten in die Vernichtungslager im Osten zu verlegen. Gerade mal 35 Überlebende zogen nach dem Krieg wieder zurück in die Pfalz.

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