Großer Bedarf an Pflegepersonal?

Zweibrücken · Verdi konstatiert deutschlandweit einen erheblichen Mangel an Pflegepersonal in Kliniken. Auch Zweibrücken mache da keine Ausnahme. Beide hiesigen Klinikträger geben an, fast alle Pflegestellen besetzt zu haben.

Die Pflegesituation an deutschen Krankenhäusern ist nach der Einschätzung der Gewerkschaft Verdi brisant. Michael Quetting, Pflegeexperte der Gewerkschaft Verdi im Bezirk Region Saar Trier, geht von bundesweit 162 000 fehlenden Arbeitsplätzen in den Kliniken aus. Am Homburger Uniklinikum sollen demnach 1000 Stellen fehlen, davon alleine etwa 450 Pflegekräfte. Dort war die Lage vor Weihnachten, auch wegen anhaltend hohen Krankenstands beim Pflegepersonal , so brisant, dass eine Station zeitweise geschlossen und eine akute Blinddarmoperation ins Evangelische Krankenhaus Zweibrücken verlagert werden musste (wir berichteten). Können die beiden hiesigen Kliniken also von Missständen im Saarland profitieren? "Eine verstärkte Verlegungspraxis des UKS stellen wir zurzeit nicht fest", sagt Susanne Liebold, Sprecherin des Landesvereins für Innere Mission in der Pfalz (LVIM), Träger des Evangelischen Krankenhauses.

Und auch sonst sind die Perspektiven nicht rosig, schätzt Frank Hutmacher, Landesbereichsleiter für Gesundheit bei Verdi Rheinland-Pfalz, denn in der Rosenstadt sei es nicht besser als sonst wo: "Ein Fünftel der Beschäftigten über alle Berufsgruppen fehlt." Allerdings sei ihm etwa noch nicht zu Ohren gekommen, dass Operationen in Zweibrücken hätten abgesagt werden müssen.

Das Evangelische Krankenhaus hält "derzeit für die qualifizierte Versorgung der Patienten auf den Stationen 73 Stellen (Vollzeit)" vor, schreibt LVIM-Sprecherin Liebold zur Personalsituation. Die Krankenhäuser ermittelten ihren Personalbedarf auf Grundlage der Belegung und der organisatorischen und baulichen Rahmenbedingungen. Einen zusätzlichen Bedarf an Pflegekräften könne man nicht erkennen.

Derzeit seien zwei Stellen "aufgrund kurzfristiger Veränderungen aktuell unbesetzt. Die Bewerbersuche läuft". 2015 hatte der LVIM überlegt, wie er die "Mitarbeiterzahl an die aktuelle Erlössituation" anpassen konnte, so damals Sprecherin Liebold. Jetzt schreibt sie, dass 2015 vier Pflegekräfte am Homburger Uniklinikum arbeiteten, eine sei mit Jahresfrist zurückgewechselt, eine Zweite pausiere seitdem wegen Schwangerschaft. "Zwei Pflegekräfte wurden ab Januar 2016 auf eigenen Wunsch unbefristet im UKS übernommen", so Liebold. Und in den Pflegeheimen Wichern-Haus und Haus Bickenalb halte man Pflege- und Betreuungspersonal gemäß eines gesetzlich vorgegebenen Personalschlüssels vor. Dieser orientiere sich an Belegung des Hauses und den Pflegestufen der Bewohner.

Das katholische Nardini-Klinikum will die Verdi-Vorwürfe nicht kommentieren. Es sei nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die Zahl ermittelt worden sei, wonach ein Fünftel des Personals fehle, erklärt Krankenhaussprecher und Pflegedirektor Thomas Frank. Seit Mitte der 90er Jahre gebe es in Deutschland keine anerkannte Methode, einen solchen Pflegepersonalbedarf zu ermitteln. Im Qualitätsbericht 2013, der die Zahlen bis Ende 2014 widerspiegelt, hat das Zweibrücker Nardini Klinikum 131,1 Vollzeitstellen in der Pflege angegeben, kommentiert diese Zahl aber nicht. In Sache Pflegepersonal sieht man sich auf einem guten Weg, auch weil die Chirurgie Leistungszuwächse verzeichne und 2015 deutlich mehr Patienten behandelt habe. "Im letzten Jahr sind weniger als zehn Mitarbeiter ausgeschieden, inklusive Berentung und Elternzeit", erklärt Sprecher Thomas Frank, "wegen der positiven Leistungsentwicklung wurden die Stellenpläne des Pflegedienstes erweitert. Daher konnten 16 Mitarbeiter neu eingestellt werden." Aktuell seien alle Planstellen bis auf zwei besetzt. Für beide laufe ein Personalauswahlverfahren. Zudem rechne er 2016 mit einer "positiven Entwicklung im Personalbereich". Um den Pflegeberuf interessant zu gestalten, fordert Frank "gemeinsame Anstrengungen von allen Beteiligten im Gesundheitswesen." Hier setzt er unter anderem auf die Landespflegekammer.

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