„Grobes Misstrauen“ im UBZ-Verwaltungsrat?

Zweibrücken · UBZ-Verwaltungsratsmitglied Julia Igel will wissen, ob UBZ-Geschäftsführer Werner Boßlet eigenmächtig über Maßnahmen entschieden hat, für die er um Erlaubnis hätte fragen müssen. Weil man ihr die Antwort schuldig bleibt und sie für ihre Anfragen gescholten wurde, schreibt sie nach eigenen Angaben die Verwaltungsratskollegen an. Der Brief, der Rückschlüsse auf eine geheime Sitzung ermöglicht, landet durch einen anonymen Überbringer beim Merkur . Will jemand erreichen, dass Igel Indiskretion vorgeworfen wird?

 Der UBZ-Verwaltungsrat tagt hinter verschlossenen Türen. Nun dringen atmosphärische Eindrücke aus solchen Sitzungen nach außen. Gezielt. Aber durch wen? Und gegen wen?Foto: Eric Kolling

Der UBZ-Verwaltungsrat tagt hinter verschlossenen Türen. Nun dringen atmosphärische Eindrücke aus solchen Sitzungen nach außen. Gezielt. Aber durch wen? Und gegen wen?Foto: Eric Kolling

Foto: Eric Kolling

Unangenehme Fragen zur Arbeit von UBZ-Vorstandschef Werner Boßlet, der Vorwurf "groben Misstrauens" von Oberbürgermeister Kurt Pirmann und ein anonym lanciertes Schreiben mit Inhalten aus geheimen UBZ-Sitzungen: Es passt so gar nicht zur närrischen Jahreszeit, was sich gerade rund um das Kontrollgremium des Umwelt- und Servicebetriebs Zweibrücken (UBZ) abspielt.

Aber von Anfang an: Am Mittwoch landet von anonymer Hand die Kopie eines von Julia Igel verfassten Schreibens im Briefkasten der Merkur-Redaktion. Igel sitzt als Delegierte der Grünen seit vergangenem Juli im UBZ-Verwaltungsrat. Dieses Gremium soll, so zitiert Igel die Gemeindeordnung, die Geschäftsführung des Vorstands um Werner Boßlet kontrollieren. In dem Schreiben, das an die übrigen 13 Ratsmitglieder und den Verwaltungsratsvorsitzenden, OB Kurt Pirmann (SPD ), adressiert ist, fordert Igel, dass das Gremium bis spätestens Ende März über Verträge informiert wird, bei denen der Verdacht im Raum steht, dass Boßlet seine Kompetenzen überschritten haben könnte. Hintergrund sind dessen Beschränkungen, über Verträge bis zu einer bestimmten Wertgrenze nur mit Zustimmung des Verwaltungsrats zu entscheiden. Konkret durfte er bis Ende September 2014 selbst verfügen, wenn die Grenze bei 50 000 Euro lag. Seit Oktober muss Boßlet den Verwaltungsrat erst bei Geschäften über 100 000 Euro fragen und gar nicht mehr, wenn es sich um "laufendende Verwaltung" handelt. Eine entsprechende UBZ-Satzungsänderung hatte der Stadtrat am 24. September ohne Gegenstimme beschlossen. Igel hatte damals vor allem von dem Passus mit der "laufenden Verwaltung" abgeraten, unter der ein fähiger Jurist alles deklarieren könne. Boßlet hatte noch in der Stadtratssitzung den Eindruck erweckt, dass auch schon vorher bei zustimmungspflichtigen Verträgen nicht immer das Kontrollgremium gefragt worden war, ehe weitere Nachfragen nicht mehr beantwortet wurden (wir berichteten). An dieser Stelle hakt Igel nun mit ihren Fragen ein. Sie will im Nachgang zur Verwaltungsratssitzung vom 2. Dezember wissen, ob es solche Verträge wirklich gab, wie viele es waren, ob man Verträge derart splittete, um unter der Wertgrenze zu bleiben, wer genau darüber entschied und seit wann derart verfahren wurde.

Igel möchte, dass dem Verwaltungsrat Vertragspartner, -gegenstände und -werte offengelegt werden. Gleichzeitig beschreibt sie in dem Brief, wie Oberbürgermeister Pirmann ihr in besagter Dezembersitzung "grobes Misstrauen" vorgeworfen habe, als sie Boßlets Handeln dort hinterfragt hatte. Kontrolle empfinde sie nicht als "blindes Abnicken", schreibt Igel, betont dabei ihr Vertrauen in Boßlet, verweist aber auf ihre Kontrollfunktion.

Was das Ganze nun so brisant macht, ist, dass das Schreiben an die Presse lanciert wurde, obwohl es Rückschlüsse auf nicht-öffentliche Sitzungsinhalte ermöglicht. Das ist zwar gut für die Öffentlichkeit - doch wer das getan hat, muss sich den Vorwurf der Indiskretion gefallen lassen. Darauf angesprochen, dass ihr Brief dem Merkur vorliegt, reagierte Igel am Mittwochabend geschockt. Sie erklärte, ihn am Nachmittag des 9. Februar versandt zu haben: ausschließlich an den OB, die Aufsichtsbehörde ADD und ihre Verwaltungsratskollegen.

Igel befürchtet, dass ihre Kritiker nun versuchen könnten, ihr das Verwaltungsratsmandat zu entziehen - mit der Behauptung, sie selbst habe den Brief anonym der Presse zugespielt. Der ADD habe sie am Mittwochabend nach dem Merkur-Rechercheanruf eidesstaatlich versichert, das Schreiben nicht an die Presse gegeben zu haben.
Verstieß Boßlet gegen Regeln?

Es könnte jemand gewesen sein, der entweder Igels Anliegen in die Öffentlichkeit tragen wollte, dass der UBZ selbst seinem Kontrollgremium berechtigte Fragen nicht beantwortet. Oder jemand verfolgt, wie Igel glaubt, den Plan, dass sie als UBZ-Kritikerin aus dem Gremium fliegt. Oberbürgermeister Pirmann blieb den erbetenen Merkur-Rückruf in der Sache gestern schuldig. Die zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) ließ eine Reihe von Fragen unserer Zeitung zu dem Vorgang unbeantwortet. Etwa, ob Igel rechtliche Schritte wegen des Auftauchens des Schreibens drohen, bei wem die Beweispflicht liegt, ob die ADD nun selbst einschreitet und nicht zuletzt, ob man auf den UBZ Druck macht, dass die Vertragsfragen doch noch beantwortet werden. ADD-Sprecherin Eveline Dzindziol erklärte: "Am 10. Februar 2015 ist ein Schreiben in unserem Haus eingegangen. Dieses wird im Rahmen der anstehenden Aufgaben und Prioritäten vom Kommunalreferat geprüft. Zurzeit hat bei der Kommunalaufsicht die Prüfung der Haushaltspläne der kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte sowie der Landkreise höchste Priorität."

UBZ-Vorstandschef Werner Boßlet sagte gestern auf Anfrage, er wisse von der Existenz des Schreibens, es liege ihm aber selber nicht vor. Ob die aufgeworfenen Fragen bis Ende März beantwortet werden? Boßlet: "Die Themen wurden abschließend besprochen und zwar dort, wo sie hingehören: in der Verwaltungsratssitzung."

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