Graßhoff widerspricht Pirmann

Zweibrücken · Der Leitende Oberstaatsanwalt reagiert verschnupft auf die Kritik des Stadt-Beigeordneten. Der Vorfall am Stadtfest, als Ordnungsamtskräfte bedroht wurden, sei nicht so dramatisch gewesen, wie behauptet. Daher die Verfahrenseinstellung.

Der für das städtische Ordnungsamt zuständige Beigeordnete Henno Pirmann (SPD) hatte vorigen Freitag im Merkur die Staatsanwaltschaft kritisiert, weil sie mit der Begründung "mangelndes öffentliches Interesse" das Verfahren gegen einen Fahrer eingestellt hatte, der bei einer Kontrolle auf Vollzugsbeamte losgefahren sei. Diese Kritik hat der Leitende Oberstaatsanwalt Martin Graßhoff gestern in einer ausführlichen Stellungnahme deutlich zurückgewiesen.

"Jeder Staatsanwalt ist sich bei der Bearbeitung von Verfahren, die Vorfälle zum Nachteil von Polizeibeamten, Ordnungsamtsbediensteten oder anderen Amtsträgern während der Dienstausübung betreffen, der besonderen Bedeutung einer konsequenten Ahndung dieser Straftaten bewusst", betont Graßhoff. Auch nach Wahrnehmung der Staatsanwaltschaft habe sich die Zahl solcher Ermittlungsverfahren in den letzten Jahren erhöht. "Allerdings muss die Staatsanwaltschaft jeden Einzelfall nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen bewerten." Zwar erhebe die Staatsanwaltschaft Zweibrücken "im Regelfall eine Anklage zu den Strafgerichten, aber selbstverständlich gibt es auch Einzelfälle, in denen nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine Einstellung des Verfahrens geboten ist".

Die Staatsanwaltschaft versuche, ihre zugrunde liegenden Überlegungen in den schriftlichen Entscheidungsgründen für die Betroffenen verständlich zu erläutern. "Ich bedauere, dass diese Erläuterung offensichtlich in dem vom Stadtbeigeordneten angesprochenen Fall nicht gelungen ist", schreibt Graßhoff. Die Staatsanwaltschaft finde es aber "schade", dass das Ordnungsamt seine Kritik vor der Mitteilung an die Zeitung nicht unmittelbar an die Staatsanwaltschaft herangetragen habe. "Wenn es beim Ordnungsamt an einzelnen Entscheidungen Unverständnis oder einen weiteren Erklärungsbedarf gibt, liegt mir der Versuch einer unmittelbaren Klärung sehr am Herzen", so der Leitende Oberstaatsanwalt. Die Staatsanwaltschaft habe deshalb Henno Pirmann und die Amts- und Abteilungsleitung des Ordnungsamtes "zu einer möglichst zeitnahen persönlichen Besprechung aller offenen Fragen eingeladen".

Ohne dem beabsichtigten Gespräch vorzugreifen, mache die Staatsanwaltschaft zu dem von dem Beigeordneten Pirmann angesprochenen Ermittlungsverfahren zu dem Vorfall auf dem Stadtfest 2016 die folgenden Ausführungen, schreibt Graßhoff: "Die Polizeiinspektion Zweibrücken hat in dem Verfahren alle gebotenen Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen. Es wurden insbesondere auch die beiden betroffenen Bediensteten des Ordnungsamtes durch die Polizei persönlich als Zeugen umfassend und vollständig vernommen. Eine nochmalige persönliche Vernehmung der Zeugen durch die Staatsanwaltschaft, deren Unterlassen vom Stadtbeigeordneten in dem Artikel kritisiert wurde, ist in nach einer umfassenden polizeilichen Vernehmung weder üblich noch wären dadurch weitere Erkenntnisse zu erwarten gewesen."

Die Staatsanwaltschaft habe auch den schriftlichen Einstellungsbescheid mit den hierfür maßgeblichen Gründen den beiden betroffenen Bediensteten des Ordnungsamtes übermittelt. Graßhoff räumt aber ein: "Da der Oberbürgermeister als Dienstvorgesetzter der Geschädigten Strafanzeige erstattet hatte, hätte jedoch die Stadtverwaltung vor der Entscheidung über die beabsichtigte Einstellung unterrichtet und angehört werden müssen. Dies ist im vorliegenden Fall bedauerlicherweise versehentlich unterblieben. Dieses Versäumnis hat bestimmt auch zu dem Erläuterungsbedarf des Ordnungsamtes beigetragen, vermutet der Leitende Oberstaatsanwalt. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft war laut Graßhoff, "dass nach den durchgeführten Ermittlungen durch das Wegfahren der Beschuldigten mit dem Auto im Hinblick auf die Geschwindigkeit und den Fahrtverlauf zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung der beiden Bediensteten vorlag, die das von der Rechtsprechung für den Versuch einer Körperverletzung oder einer Straßenverkehrsgefährdung geforderte Maß erreicht hat". Henno Pirmanns Einschätzung, dass sich die Ordnungsamtsbediensteten nur durch einen Sprung vor dem Auto hätten retten können, "haben die durchgeführten Ermittlungen nicht bestätigt", so Graßhoff. "Die Beschuldigten hatten auch keinen Vorsatz, die Ordnungsamtsbediensteten zu verletzen. Die vom Ordnungsamt in dem Artikel erwähnte versuchte Körperverletzung lag daher nach dem Ermittlungsergebnis bereits tatbestandlich nicht vor." Der in dem Ermittlungsverfahren geprüfte Sachverhalt habe zudem Besonderheiten aufgewiesen, "die insbesondere auf wechselseitige Missverständnisse zwischen den Beteiligten zurückzuführen sind". Diese lägen an sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten "zwischen den Ordnungsamtsbediensteten und den beiden aus dem EU-Ausland stammenden Beschuldigen".

Die Stadtmitarbeiter hätten von den Beschuldigten vor Ort die unverzügliche Bezahlung der Kosten für die Leerfahrt des Abschleppunternehmens verlangt. Dabei gingen sie wegen des ausländischen Kennzeichens des Autos davon aus, dass die Beschuldigten in Deutschland keinen Wohnsitz haben, so Graßhoff weiter. "Die Beschuldigten haben aber einen festen und ordnungsgemäß gemeldeten Wohnsitz in Zweibrücken, was den Mitarbeitern des Ordnungsamtes zum Vorfallzeitpunkt allerdings aufgrund der Verständigungsschwierigkeiten nicht bekannt war. Einen Tag nach dem Vorfall zahlten die Beschuldigten die Verwarnungsgebühr und die Abschleppkosten."

 . . . als Henno Pirmann, der im Merkur Kritik geübt hatte. Fotos: pma & Wille/pmz

. . . als Henno Pirmann, der im Merkur Kritik geübt hatte. Fotos: pma & Wille/pmz

Eine "Gesamtschau aller Umstände" habe in diesem Fall "ausnahmsweise zu der Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft geführt. Bei dieser Sachlage hält die Staatsanwaltschaft den vom Ordnungsamt erhobenen Vorwurf der mangelnden Verfolgung und Ahndung des Vorfalls für nicht gerechtfertigt."

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