Dreistelliger Millionenbetrag erforderlich Kaserne ist ein gewaltiger Sanierungsfall

Zweibrücken · Angelika Glöckner und Joe Weingarten (beide SPD) haben die Bundeswehr-Kaserne besucht. Sie loben die Interimslösung für das Kantinen-Dauer-Problem. Aber feststeht: Die Kaserne ist ein gigantischer Sanierungsfall, es müssen enorme Geldsummen fließen.

 Die Niederauerbach-Kaserne in Zweibrücken. Von außen sieht man ihr nicht unbedingt an, in welch sanierungsbedürftigem Zustand sie sich befindet. SPD-Verteidigungsexperte Joe Weingarten geht davon aus, dass ein dreistelliger Millionenbetrag wird fließen müssen.

Die Niederauerbach-Kaserne in Zweibrücken. Von außen sieht man ihr nicht unbedingt an, in welch sanierungsbedürftigem Zustand sie sich befindet. SPD-Verteidigungsexperte Joe Weingarten geht davon aus, dass ein dreistelliger Millionenbetrag wird fließen müssen.

Foto: Eric Kolling

Hoffentlich sind die Taschen des deutschen Steuerzahlers tief genug. Denn es sind gewaltige Summen, die für die Bundeswehr aktuell bewilligt werden – 100 Milliarden Euro „Sondervermögen“, also neue Schulden zur technischen Aufrüstung. Und es werden auch in Zukunft enorme Beträge fließen müssen. „Die Bundeswehr ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kaputtgespart worden“, sagte Joe Weingarten am Donnerstagabend in Zweibrücken.

Die Bundestagsabgeordnete Angelika Glöckner (SPD) hatte mit Weingarten zuvor die Niederauerbach-Kaserne besucht. Das sei ihr ein Anliegen, der Zweibrücker Standort genieße hohe Reputation innerhalb der Truppe und habe einen wichtigen Stellenwert.

Da Glöckner vor allem in Sachen Sozialpolitik Expertin ist, hatte sie für den Besuch der Fallschirmjäger in Zweibrücken zur Verstärkung Weingarten mitgebracht. Der Genosse aus Bad Kreuznach, ebenfalls Mitglied des Bundestags, sei ein ausgewiesener Fachmann in Fragen der Verteidigung, sagte Glöckner; gemeinsam suchten sie nach der Kasernen-Visite im Sportheim des SVN den Austausch mit rund 20 Parteifreunden und weiteren interessierten Zuhörern.

Glöckner und Weingarten kamen mit einem lachenden und einem weinenden Auge von ihrer Inspektion zurück. Es sei gut, dass jetzt endlich eine Interimslösung für das Dauerproblem mit der Kantine (wir berichteten) geschaffen worden sei. Diese Zwischenlösung sei finanziell kein Klacks. Glöckner sagte, nach ihrem Kenntnisstand koste diese rund fünf Millionen Euro. Diese Interimsküche solle aber immerhin zehn Jahre halten, bis dahin soll dann eine neue Küche gebaut sein.

„Die Interimsküche ist in der Lage, täglich rund 300 der 600 Soldaten zu verköstigen“, sagte Glöckner. Bislang bezogen die Fallschirmjäger ihr Essen aus Lebach, es wurde in Schalen geliefert und dann in Zweibrücken erhitzt. Immerhin: Dieses Thema sei nun angegangen worden, lobten Glöckner und Weingarten.

Doch hatten sie auch ein weinendes Auge angesichts eines gewaltigen Sanierungsstaus in der Kaserne, machte Weingarten deutlich. „Sicher bis 2035 und darüber“ werde es dauern, bis die Kaserne modernisiert sei. Weingarten sagte, es sei noch gar nicht abzuschätzen, wie viel Geld hierfür fließen müsse – es werde aber sicher ein dreistelliger Millionenbetrag sein.

Natürlich nahm der Ukraine-Krieg breiten Raum in der Diskussion ein. Weingarten geißelte „den verbrecherischen Überfall von Putin auf die Ukraine“. Damit habe niemand gerechnet, räumte Weingarten ein, auch er selbst habe es bis zum Vorabend des 24. Februar, als die Russen in das Nachbarland einmarschierten, nicht glauben wollen.

Aus seiner Sicht hat Putin „den Selbstbehauptungswillen des ukrainischen Volkes dramatisch unterschätzt“, Putin habe geglaubt, er werde durch die Ukraine durchmarschieren können, er werde in der Bevölkerung weitgehend auf Sympathisanten stoßen, die einen Anschluss an das russische Reich bejubeln würden. Stattdessen gebe es erbitterten Widerstand. Weingarten sagte, „Putin hat auch den Zusammenhalt innerhalb der Nato unterschätzt“.

Der Verteidigungsexperte machte deutlich: „Politisch hat Putin den Krieg zwar schon verloren. Und wirtschaftlich wird Russland ebenfalls schweren Schaden nehmen. Auch, wenn die Kriegskasse jetzt gut gefüllt ist.“

Dennoch: Russland sei ein mächtiger Gegner, habe auch in der Ukraine schon erste strategische Erfolge erzielt, bei allem Widerstand der Ukraine. Man müsse, ob einem das passe oder nicht, mit kühlem Kopf die Lage analysieren.

„Es gibt keinen anderen Ausweg als einen Lösung durch Verhandlung“, betonte Weingarten. Er machte auch klar: „Wir wollen nicht, dass Deutschland in einen Krieg mit Russland hineingezogen wird.“

Bei diesen Worten klopfte SPD-Urgestein Fritz Presl, der unter den Zuhörern war, zustimmend energisch auf den Tisch.

Russland habe 5000 Atombomben, sei eine Großmacht. Das müsse man immer im Hinterkopf haben. „Und wer weiß, wer nach Putin kommt?“, machte Weingarten klar, dass es womöglich naiv sei, einfach darauf zu hoffen, dass Putin irgendwann weg und dann alles gut ist.

Aber natürlich dürfe die Nato, dürfe Deutschland nicht vor Russland zittern wie das Kaninchen vor der Schlange. Deutschland werde die Bundeswehr nun entschieden verstärken. „In den nächsten zehn Jahren fließen 700 bis 750 Millarden Euro in die Bundeswehr – geplant waren zuvor ,nur‘ 500 Milliarden“, nannte der Verteidigungsexperte die schwindelerregenden Zahlen. Derzeit sei man gerade dabei, 350 000 Schutzwesten für die Truppe anzuschaffen.

 Angelika Glöckner und Joe Weingarten (beide SPD; hinten im Bild) sprachen im Vereinsheim des SVN mit rund 20 Parteifreunden über den Ukraine-Krieg und die Nöte der Bundeswehr, speziell in Zweibrücken.

Angelika Glöckner und Joe Weingarten (beide SPD; hinten im Bild) sprachen im Vereinsheim des SVN mit rund 20 Parteifreunden über den Ukraine-Krieg und die Nöte der Bundeswehr, speziell in Zweibrücken.

Foto: Mathias Schneck

Sozialpolitikerin Glöckner war es ein Anliegen darauf hinzuweisen, dass es aber nicht sein könne, dass jetzt die Geldhähne nur noch für die Bundeswehr aufgedreht würden – die SPD werde darauf achten, dass die soziale Komponente nicht zu kurz komme. So sei es etwa ihr Bestreben, dass die geplante 300-Euro-Unterstützung des Bundes wegen der gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten auch den Rentnern gezahlt werde.

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